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       # taz.de -- Streik im Luxushotel in Marseille: „Mit gebrochenem Rücken“
       
       > Eine Gruppe von Zimmerfrauen des Marseiller Hotels „Radisson Blu“ hat 69
       > Tage gestreikt. Haben sich ihre Arbeitsbedingungen verbessert?
       
   IMG Bild: Zimmerfrau Ansmina Houmadi möchte respektiert werden
       
       Ansmina Houmadi und ihre Kolleginnen putzen jetzt wieder. Sie putzen Bäder
       und ziehen die Betten wohlhabender Touristen in Marseille ab. Sie hasten
       von einem Zimmer ins andere, um alle in der vorgegebenen Zeit zu reinigen.
       Sie arbeiten im Luxushotel „Radisson Blu“ im Alten Hafen von Marseille.
       
       Ansmina Houmadi ist im [1][französischen] Überseegebiet Mayotte geboren und
       Sprecherin einer Gruppe von Zimmerfrauen, die im Frühsommer 69 Tage lang
       für bessere Arbeitsbedingungen [2][gestreikt] hatte.
       
       Ihre Forderungen: mehr Lohn, weniger Überstunden und die Begrenzung des
       Arbeitsorts auf nur ein Hotel. Denn ihr Arbeitgeber, eine Reinigungsfirma,
       hatte die Frauen häufig in mehreren Hotels eingesetzt, und das auch noch
       oftmals spontan. Ende Juli kam es dann endlich zu einer Einigung, der
       Streik der Frauen schien erfolgreich. Doch nun meldet sich Houmadi erneut
       zu Wort.
       
       „Unsere Arbeitsbedingungen haben sich nicht geändert“, sagt Houmadi der
       taz. Es gäbe zwar 11 Cent mehr Lohn, 12,33 Euro pro Stunde, doch die Chefs
       der Reinigungsfirma versuchten weiterhin, Druck auf die Frauen auszuüben.
       So sollen sie auch weiterhin spontan in mehr als einem Hotel Zimmer putzen.
       Houmadi fürchtet, dass die Firma die Frauen für den Streik bestrafen will.
       
       ## Verschlissene Wischmops
       
       Ihren Arbeitsalltag beschreibt sie so: Natürlich müssen die Zimmer geputzt
       werden, doch sie und ihre Kolleginnen sind auch für das Auffüllen der
       Getränke wie Kaffee und Wasser in den Zimmern zuständig. Putzzeug und
       Getränkeschieben sie auf einem schweren Wagen durch die Flure. „Man kommt
       mit einem gebrochenen Rücken heraus, mit Kopfschmerzen, Hüftschmerzen und
       Armschmerzen“ sagt Houmadi über den Knochenjob.
       
       Die Frauen fordern von ihrem Arbeitgeber wenigstens eine bessere
       Ausstattung mit tatsächlich auch funktionstüchtigem Arbeitsmaterial. Gerade
       die Wischmops würden schnell verschleißen, und sie hätten auch nicht
       genügend davon. Auch neue, größere Wagen würden den Frauen die Arbeit
       erleichtern, sagen sie. Auch die Überstunden werden ihnen laut Houmadi
       weiterhin nicht bezahlt. Darunter leide das Privatleben, viele der Frauen,
       sagt Houmadi, haben Kinder zu Hause.
       
       Die meisten der Reinigungskräfte kommen aus Nicht-EU-Ländern und sprechen
       nicht fließend Französisch. Das nutze der Arbeitgeber aus, sagt Ansmina
       Houmadi. Ihre Reinigungsfirma fordere ständige Bereitschaft, Widerspruch
       sei nicht erwünscht: „Du darfst nichts sagen. Du kommst zur Arbeit, du
       machst die Arbeit, du hältst die Klappe und gehst nach Hause.“
       
       ## Kot auf dem Boden
       
       Auch die Hotelgäste machten den Arbeitsalltag der Frauen häufig nicht
       gerade leichter. [3][In einem Interview mit dem SPIEGEL beschreibt Houmadi
       die Begegnungen mit den Gästen.] Diese würden oft noch nicht einmal grüßen.
       Houmadi beschreibt auch den Zustand, in dem viele Gäste die Zimmer
       hinterlassen würden, so: Vollgekrümelte Betten, benutzte Kondome und Kot
       auf dem Boden. Viele glaubten, sie könnten sich alles erlauben, sagt
       Houmadi, schließlich hätten sie viel Geld für das Zimmer bezahlt.
       
       Doch die mit Widerstandskraft ausgestattete Reinigungskraft will in keiner
       Opferrolle sein. Sie liebe ihren Job, sie wolle arbeiten, sagt sie. Das
       Problem sei nur, dass der Arbeitgeber sie nicht respektiere, und auch keine
       fairen Löhne bezahle. Streiken möchte sie in nächster Zeittrotzdem nicht
       nochmal. Über mehrere Stunden direkt am Meer im Wind zu stehen, das sei ihr
       auf Dauer zu anstrengend.
       
       Am 18. September will sich der Chef der Reinigungsfirma mit Ansmina Houmadi
       treffen, um Bilanz zu ziehen. Egal, wie die Chef-Bilanz ausfällt: Ansmina
       Houmadi ist bereit, weiter für sich und ihre Kolleginnen zu kämpfen.
       
       13 Sep 2024
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
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