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       # taz.de -- Galaktischer Besucher: Du bist nicht allein
       
       > Für ein paar Tage bekommen wir sozusagen einen zweiten Mond. Über ein
       > Phänomen, das uns zum Träumen anregt.
       
   IMG Bild: Der Minimond ist mit dem bloßen Auge nicht erkennbar. Sein großer Bruder schon
       
       Diesen Sonntag bekommt die Erde einen Besucher. Sein Name ist „2024 PT5“ –
       benannt nach dem Zeitpunkt im August, als Forscher:innen ihn in
       Südafrika am Himmel entdeckten. Denn der Gast ist ein galaktischer, ein
       [1][Asteroid]. Bis Ende November wird er unseren Planeten in einer
       hufeisenförmigen Bahn umkreisen, bevor er sich weiter auf den Weg Richtung
       Sonne macht.
       
       So ein Felsbrocken wie 2024 PT5 ist ein seltenes Phänomen. Die meisten
       Asteroiden fliegen an der Erde vorbei. Oder sie kommen mit ihr in
       Berührung. Dann hinterlassen sie entweder Krater auf der Oberfläche oder
       helle Kratzer am Himmel. Umfliegt ein Weltraumbrocken unsere Planeten Erde
       jedoch, wird er zu einem Minimond, der wie sein großer Bruder jede Nacht
       erneut über unsere Träume wacht – und uns zum Träumen anregt. Denn wer hat
       unserem schummrigen Gefährten namens [2][Mond] nicht schon alles ein Lied
       gewidmet: Sting, Feist, Janis Joplin, Radiohead.
       
       Vermutlich handelt es sich beim kleinen Bruder des großen Mondes um einen
       ausgebüxten Arjuna-Asteroiden, die in einer ähnlichen Bahn wie die Erde die
       Sonne umlaufen. Diese Asteroiden fliegen so langsam, dass die Schwerkraft
       der Erde sie kurzzeitig einfangen kann. Manche Forscher:innen glauben
       aber auch, dass 2024 PT5 ein abgebrochenes Stück unseres großen Mondes sein
       könnte. Also quasi ein abenteuerlustiger Sohn im Teenageralter, der nur
       kurz zum Essen und Schlafen nach Hause kommt.
       
       Etwa zehn Meter Durchmesser hat 2024 PT5, mit bloßem Auge oder
       Amateurferngläsern werden wir ihn von der Erde aus nicht erkennen können.
       Seit seiner Entdeckung richten sich aber auch viele große Teleskope auf den
       kleinen Trabanten. Und nicht unbedingt nur die von Forscher:innen und
       [3][Weltraumfans], die das Ereignis bestaunen und mehr über unsere Galaxie
       verstehen möchten – auch die Industrie hat den Minimond ins Visier
       genommen. Denn während 2024 PT5 unbedarft um uns kreist, schmieden die
       Mitglieder der Space-Mining-Industrie am Erdboden schon Pläne, wie sie ihn
       ausplündern und zu Geld machen können.
       
       ## Was sieht der Asteroid beim nächsten Besuch?
       
       „Jedes Mal, wenn von Asteroidenbergbau die Rede ist, geht es um Minimonde“,
       erklärte die Astrophysikerin Federica Spoto der New York Times. Private
       Tech-Start-ups wie AstroForge, Karman+ und TransAstra erhoffen sich, bald
       Seltene Erden, Gold und sogar Titan auf Minimonden und Asteroiden abbauen
       zu können. Spaceshuttles sollen die Himmelskörper anfliegen und die
       wertvollen Rohstoffe schürfen. Das kosmische Metall soll dann für unsere
       Smartphones und Plasmafernseher verwendet werden. Die Firmen präsentieren
       ihr Vorhaben als „Lösung“ für die Rohstoffknappheit auf der Erde. Statt die
       vorhandenen Ressourcen zu schonen und umzudenken, werden die
       Ausbeutungsfantasien nun außerirdisch.
       
       Forschende haben berechnet, dass 2024 PT5 uns im Jahr 2055 erneut umfliegen
       könnte. Was sieht der Asterorid beim nächsten Mal, wenn er uns besuchen
       kommt? Einen blauen Planeten? Oder einen überschwemmten, überhitzten,
       verwüsteten Himmelskörper, den die Menschen mit ihrem ungebremsten
       Rohstoffhunger weiter zerfurcht haben?
       
       Oder sieht er Raketen aufsteigen, die sich auf ihn zubewegen? Fliegende
       Weltraumraupen und -bagger, die die Oberfläche des Asteroiden abschaben und
       ihn so industriell nutzbar machen. Nimm dich in Acht, kleiner Mond!
       
       29 Sep 2024
       
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