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       # taz.de -- Bremer Eiscafé nur für Frauen: Antwort auf die Teestubenkultur
       
       > Women only heißt es in einem Eiscafé in Bremen, das nur für Frauen da
       > ist. Männer können sich ein Eis to go kaufen. Die Inhaberin ist 18 Jahre
       > alt.
       
   IMG Bild: Seit ein paar Wochen gibt es das erste Frauen-Eiscafé in Bremen-Gröpelingen
       
       Bremen taz | Schafshüterin – oder auf Albanisch: Baresha – heißt das
       Eiscafé von Sumeja Zumberi. Es ist ein besonderer Ort: „[1][Baresha –
       Frauen-Eiscafé“], steht in leicht schnörkeliger Schrift an der mintgrünen
       Fassade in Bremen-Gröpelingen. Dieser Ort in einem dicht besiedelten, sehr
       interkulturellen Stadtteil ist nur für Frauen.
       
       Das Logo, von Zumberi selbst gestaltet, ist eine solche Schafshüterin. Eine
       filigran gezeichnete Frau mit seitlich geflochtenem Zopf, Tuch im Haar und
       Tonkrug auf der Schulter. In so einem Krug wurde früher Wasser oder Milch
       transportiert, erklärt Sumeja Zumberi. Eine Schafshüterin trägt
       Verantwortung. „Der Name repräsentiert meine Kultur und uns Frauen.“
       
       Die 18-jährige Schülerin ist Inhaberin des Cafés. Vor etwa fünf Wochen hat
       sie es eröffnet, um einen Rückzugsort für Frauen zu schaffen. „Viele Frauen
       wurden in Cafés belästigt“, sagt Zumberi, „hier in der Umgebung, aber auch
       allgemein.“ Einige trauten sich dadurch nicht mehr, in ein Café zu gehen.
       
       „Das hier ist eine Alternative. Hier können sie sich wohler fühlen“, sagt
       Zumberi. Und offener: „Wir können laut sein, lachen, reden, worüber wir
       wollen – ohne die Sorge, dass das, was wir sagen, irgendwo falsch ankommt.“
       
       ## Zwischen elegant und kitschig
       
       Drinnen gibt es Kunstblumen an der Decke und in Miniaturform in Kiesel
       gebettet auf den Tischen, weiche rosa Stühle, modernes Dunkelgrau. Knapp
       ein Drittel der Tische ist an diesem verregneten Mittwochnachmittag belegt.
       Drei junge Frauen stehen hinter dem Tresen, alle tragen dunkle Kleidung und
       Kopftuch. Es gibt Eis und Kuchen, ausgestellt in einer hohen Vitrine,
       inklusive Baklava. Die Slush-Eis-Maschine übertönt ab und an Musik und
       Gespräche. Auch Waffeln, Crêpes, Milchshakes und Smoothies gibt es.
       
       Laut Zumberi sind die Cafés in Bremen-Gröpelingen von Männern überfüllt.
       „Ich kenne das gar nicht anders.“ Der Hintergrund ist die sogenannte
       Teestubenkultur: „Wir sind hier interkulturell, hier sind alle
       Nationalitäten zusammen. Egal ob Polen, Serbien, Kosovo, Türkei: In den
       Heimatländern ist diese Kultur ausgeprägt.“ Und das zeige sich eben auch in
       Gröpelingen. Und wenn Männer die Cafés fluten, würden sich Frauen
       zurückziehen, sagt Zumberi, weil es vielen unangenehm sei. „Unser Café ist
       eine Antwort auf die Teestubenkultur.“
       
       Das Baresha ist eine Gehminute von der Straßenbahnhaltestelle entfernt, an
       der Ecke eine Sparkassen-Filiale, gegenüber ein Späti. Die Haltestelle ist
       die letzte vor der Endstation Gröpelingen im Westen Bremens. Auf dem Weg
       hierhin leert sich die Bahn, als die Dichte der Wohnhäuser höher wird und
       die der Läden sinkt. Wenn Menschen in der nachmittäglichen
       Feierabendschwere überhaupt miteinander reden, ist Deutsch eher selten.
       
       Noch einen anderen Grund hat die Eröffnung des Cafés: „Uns geht es zum
       Glück richtig gut. Aber wir wollen ins Berufsleben, um alleine im Leben
       stehen zu können“, sagt Zumberi. Zu ihrer Familie gehören die Eltern, vier
       Schwestern und ein Bruder. Zumberi ist die Älteste. Ohne ihre Eltern würde
       das Café nicht laufen: Gemeinsam mit ihrem Vater macht sie die
       Bestellungen, ihre Mutter steht vormittags im Laden. Zwei Mitarbeiterinnen
       hat Zumberi, außerdem hilft die Zweitälteste mit.
       
       ## Die Idee stammt aus dem Kosovo
       
       Die Idee entstand im Sommer 2023. Zumberi war mit ihrer Familie in der
       Heimat, im Kosovo, und hat genau so ein Frauencafé gesehen. „Wortwörtlich
       übersetzt hieß es ‚Bei den Tanten‘. Wir fanden das so cool.“ Bei der
       Planung war trotzdem nicht von Beginn an klar, dass es wirklich ein
       Frauen-Eiscafé wird. „Dann dachten wir uns aber: Diese Idee hört sich viel
       cooler an. Sollen wir das riskieren?“
       
       Die Resonanz in den Medien ist groß, sogar das kosovarische Fernsehen war
       schon da. Und die Resonanz vor Ort? „Die Frauen finden es mega“, sagt
       Zumberi, einige kämen sogar aus weit entfernten Stadtteilen. Auch Männer
       kommen durchaus und nehmen sich was mit, denn to go ist für sie erlaubt.
       Wirklich rausschmeißen musste man noch niemanden.
       
       Zwei Frauen sitzen an diesem Nachmittag an einem der vier Fenstertische.
       Sie arbeiten gegenüber. „Es ist tatsächlich so, dass die Cafés in der
       direkten Umgebung einfach immer sehr voll sind, und auch voll mit Männern“,
       sagt eine der beiden. „Hier bekommen wir auf jeden Fall einen Platz.“ Die
       lockere Atmosphäre falle ihr positiv auf. Weil keine Männer da sind? „Das
       kann ich jetzt nicht festmachen, aber ja, vielleicht.“
       
       Zumberi geht noch zur Schule, macht im Frühjahr Abi und derzeit ihren
       Führerschein. Aufgrund des Cafés muss sie gerade ihren Religionskurs
       pausieren, ebenso ihre Aktivitäten mit Kindern in einem Bildungszentrum.
       „Das Schwierigste ist der Laden, Schule hat aber Priorität. Ich will in
       Bremen Grundschullehramt studieren und den Laden weitermachen.“ Wenn sie
       von ihren Zielen erzählt, lächelt sie viel, wirkt klar, selbstbewusst.
       
       Auch draußen ist Platz für eine Handvoll Tische, gerahmt von einer noch
       längst nicht ausgeblichenen Holzmauer, auf der gelbe, weiße und rote Blumen
       stehen. Wer aus dem Café tritt, steht auf dem kleinen Platz an der viel
       befahrenen Straße – und begegnet vielen jungen Männern. Oder ist es nur der
       Kontrast zum Baresha? Woran es auch liegt: Die Stimmung ist eine andere.
       
       28 Sep 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.instagram.com/bareshafraueneiscafe/reel/C_DwsVkt6yj/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Alina Götz
       
       ## TAGS
       
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