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       # taz.de -- Liberales Judentum: Neue Rabbinerin in Hamburg
       
       > Erste ihrer Art: Seit 1. Oktober ist Alina Treiger Hamburgs liberale
       > Landesrabbinerin. Mit solchen Premieren kennt die gebürtige Ukrainerin
       > sich aus.
       
   IMG Bild: Neue Aufgabe in Hamburg: Alina Treiger, hier bei der Einweihung der Synagoge „Mishkan Shalom“, Mai 2024 in Kiel
       
       Hamburg taz | Superlative säumen ihren Weg: Nichts Geringeres als „die
       erste Landesrabbinerin in der Geschichte Hamburgs und der Bundesrepublik“
       werde am heutigen Tag ernannt. So teilte es spät in der vergangenen Woche
       der Israelitische Tempelverband in Hamburg mit, die dortige Liberale
       Jüdische Gemeinde also. Deren Kantorin sowie Gemeinde- und, eben,
       Landesrabbinerin ist seit dem 1. Oktober Alina Treiger.
       
       Und die 45-Jährige kennt sich aus mit solchen ersten Malen: 2011 war sie
       [1][die erste Frau seit 1935], die in Deutschland zur Rabbinerin ordiniert
       wurde – und damit die zweite überhaupt in Deutschland. Ihre historische
       Vorgängerin, [2][Regina Jonas], 1935 die weltweit erste Rabbinerin, war
       1944 in Auschwitz ermordet worden.
       
       Treiger ist in Poltawa, Ukraine, geboren, noch zu Sowjetzeiten, und
       aufgewachsen „in einem jüdischen Umfeld“, so der [3][Hamburger
       Tempelverband]. Seit 2002 lebt sie in Deutschland, die Qualifikation fürs
       nun in Hamburg bekleidete Amt erwarb sie am Abraham-Geiger-Kolleg in
       Potsdam, wo sie auch ihren späteren Ehemann traf. Zuvor hatte sie in der
       Ukraine Musik studiert und war am Moskauer „Institut des progressiven
       Judentums“ zwei Jahre lang für die Gemeindearbeit ausgebildet worden.
       
       Treiger hat eine sehr konkrete Vorstellung davon, wie es ist, seine
       Religion nicht praktizieren zu dürfen: Das ist die Erfahrung aus der
       Sowjetzeit. „Ich habe meine jüdische Identität seit der Kindheit getragen
       und zu ihr gestanden“, [4][hat sie 2011 dem Online-Medium „Oldenburger
       Lokalteil“ erzählt]. „Als es dann nach dem Ende der Sowjetunion möglich
       wurde, die Religion auszuüben, war es klar, dass wir als Familie in die
       Gemeinde gehen.“
       
       Andererseits hat sie danach – „im Grunde ein Zufall“, sagte sie darüber mal
       – das liberale vor dem orthodoxen Judentum kennengelernt. Am erwähnten
       Moskauer Institut, [5][so Treiger 2011 zur taz], „war es
       selbstverständlich, dass eine Frau vorbeten und aus der Thora lesen kann.
       Dass es etwas sehr Ungewöhnliches ist, habe ich erst wahrgenommen, als ich
       nach Deutschland kam.“
       
       Seit ihrer Ordination hat Treiber die Jüdischen Gemeinden Oldenburg und
       Delmenhorst betreut, zusammen an die 500 Gläubigen, etwas mehr als künftig
       an der Elbe: Rund 340 Mitglieder hat nach eigenen Angaben der
       Tempelverband, mithin die deutlich kleinere dortige jüdische Gemeinde; rund
       2.300 Mitglieder gibt die größere, orthodox geprägte Jüdische Gemeinde an.
       
       Beide Gemeinden liegen in mal mehr, mal weniger offenem Clinch: darum, wer
       mit welchem Recht die jüdischen Menschen in der Stadt repräsentiere; auch
       darum, [6][welche Gemeinde die Stadt Hamburg, in theologischen Fragen
       eigentlich nicht zur Parteinahme angehalten, als Gesprächspartnerin
       ansieht].
       
       Als Rabbinerin folgt Treiger auf den Niederländer Edward van Voolen, 76,
       der das Amt seit Anfang 2023 und davor schon mal von 2006 bis 2011
       bekleidet hatte. Ihr Vertrag beginnt heute, Treiger wird „die Gottesdienste
       für kommende Hohe Feiertage übernehmen“, so der Tempelverband am 30.
       September. Ihre feierliche Einführung – beziehungsweise die Verabschiedung
       von Voolens – sind für Anfang Dezember geplant.
       
       5 Oct 2024
       
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