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       # taz.de -- Landtagswahlen in Brandenburg: In Brandenburg ist alles offen
       
       > Zieht die SPD von Dietmar Woidke am 22. September an der AfD vorbei? Und
       > wer wird Brandenburg regieren? Sogar eine große Koalition scheint
       > möglich.
       
   IMG Bild: Macht die Glatze den Unterschied zwischen SPD und AfD?
       
       Berlin taz | Schafft es die Brandenburger SPD auf den letzten Drücker und
       zieht wie zuletzt 2019 dann doch noch an der AfD vorbei? Oder wird
       Ministerpräsident Dietmar Woidke sein Wahlziel verfehlen und bei der
       Landtagswahl am 22. September hinter der AfD auf Platz zwei landen? Dann
       müsste er seine Androhung wahrmachen und das Feld räumen.
       
       [1][Zwei neue Umfragen geben auf diese Fragen unterschiedliche Antworten.]
       Im Brandenburg-Monitor im Auftrag der ARD ermittelte Infratest dimap ein
       Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen der AfD und der SPD. Demnach liegt die AfD mit
       27 Prozent nur noch einen Prozentpunkt vor Woidkes SPD, die auf 26 Prozent
       käme. Innerhalb einer Woche hätte die SPD damit drei Punkte aufgeholt,
       während die AfD stagniert.
       
       Ein anderes Bild zeichnet dagegen die am Freitag veröffentlichte Umfrage
       der Forschungsgruppe Wahlen im Auftrag des ZDF. Dort kommt die SPD zwar
       ebenso auf 26 Prozent. Die AfD kratzt mit 29 Prozent allerdings an der
       30-Prozent-Marke und liegt damit drei Prozentpunkte vor der SPD.
       
       Spannend bleibt der Schlussspurt der Landtagswahlen auch für die seit 2019
       in einer Kenia-Koalition mit der SPD und CDU regierenden Grünen. Bei
       Infratest dimap liegen sie bei 4,5 Prozent und würden nicht wieder in den
       Potsdamer Landtag einziehen. Die Forschungsgruppe Wahlen misst die Partei,
       die noch 2019 mit 10,8 Prozent zweistellig war, mit 5 Prozent.
       
       Noch bitterer sieht es für die Linke und deren Spitzenkandidat Sebastian
       Walter aus. Sie wäre mit 4 beziehungsweise 3 Prozent ziemlich sicher nicht
       mehr im Landtag vertreten. Die CDU kommt in beiden Umfragen auf 16
       respektive 15, die Wagenknecht-Partei BSW auf 13 beziehungsweise 14
       Prozent.
       
       ## Gibt es eine große Koalition?
       
       So offen wie der Ausgang des Wettrennens zwischen SPD und AfD ist auch die
       Frage, wer Brandenburg nach dem 22. September regieren wird. Verfehlen
       Grüne und Linke den Einzug in den Landtag, wäre womöglich sogar eine große
       Koalition möglich. [2][Bei der Umfrage von Infatest dimap kämen SPD und CDU
       zusammen auf 45 der 88 Sitze im Landtag und hätten somit eine sehr knappe
       Mehrheit].
       
       Sobald aber mehr als vier Parteien im Landtag vertreten sind, braucht es
       hierfür ein Dreierbündnis. Je nach Ausgang der Wahl wäre damit eine
       Fortsetzung der Kenia-Koalition oder ein Bündnis aus SPD, CDU und BSW
       möglich.
       
       Wie viele Parteien künftig im Landtag sitzen, steht aber vorerst in den
       Sternen. Aufgrund der Direktmandatsklausel könnten neben den Grünen
       theoretisch auch die Freien Wähler oder die Linken den Einzug schaffen.
       Anders als in Sachsen reicht in Brandenburg bereits ein gewonnener
       Wahlkreis aus, um einer Partei den Einzug ins Parlament zu ermöglichen.
       
       Vor allem die Freien Wähler rechnen deshalb noch mit einem Erfolg, obwohl
       sie in den Umfragen bei 4,5 beziehungsweise 3 Prozent liegen. Ihr
       Spitzenkandidat Péter Vida hat schon 2019 seinen Wahlkreis in und um Bernau
       bei Berlin direkt gewonnen. Die Linke wiederum hofft auf ein Direktmandat
       in Strausberg.
       
       Auch die Grünen haben Chancen auf ein Direktmandat. 2019 gewann Marie
       Schäffer einen Wahlkreis in Potsdam gegen die SPD-Kandidatin Klara Geywitz.
       Diesmal tritt für die SPD Wissenschaftsministerin Manja Schüle an. Pikant
       dabei: Verlöre Schüle gegen Schäffer, wäre das ein Malus beim möglichen
       parteiinternen Machtkampf um die Nachfolge von Dietmar Woidke.
       
       Dieser hatte zuletzt seine Ansage wiederholt, im Falle einer Niederlage
       gegen die AfD nicht mehr als Ministerpräsident zur Verfügung zu stehen.
       Neben Schüle gelten in der Brandenburger SPD Finanzministerin Katrin Lange
       und Fraktionschef Daniel Keller als mögliche Nachfolger.
       
       ## Grüne greifen SPD an
       
       Zuletzt haben die Grünen die Flucht nach vorn angetreten und vor allem die
       SPD von Dietmar Woidke angegriffen. Der Grüne Spitzenkandidat Benjamin
       Rasche sagte der taz, Woidke nehme sich zu wichtig: „In einer Demokratie
       muss man trennen können zwischen dem Amt und der Person. Ich würde als
       Wählerin oder Wähler erwarten, dass nicht das Ego, sondern das Wohl des
       Landes und eine stabile Regierung im Mittelpunkt steht.“
       
       In den sozialen Medien verbreiten die Grünen auch Warnungen, dass die AfD
       eine Sperrminorität bekommen könnte, falls Grüne und Linke den Einzug in
       den Landtag verpassen. Die Rede ist von einem „Grusel-Landtag“ und einer
       „Nazi-Blockade“.
       
       Tatsächlich könnte es der AfD gelingen, wie in Thüringen eine
       Sperrminorität zu bekommen – und das auch bei einem Wahlergebnis von unter
       30 Prozent. Möglich macht dies eine Besonderheit im Brandenburger
       Wahlrecht. Denn der normalerweise 88 Abgeordnete zählende Landtag darf im
       Fall hinzukommender Ausgleichsmandate die Zahl von 110 Abgeordneten nicht
       überschreiten. [3][Das – allerdings mit Vorsicht zu genießende – Portal
       wahlkreisprognose.de sieht die AfD derzeit in 37 der 44 Wahlkreisen vorn].
       
       Würde die rechtsextreme Partei wie in der Umfrage von Infratest dimap 27
       Prozent der Zweitstimmen holen, bekäme sie mit 29 Sitzen zwar einen weniger
       als die 30 Sitze, die für eine Sperrminorität nötig wären. Bei 37
       Direktmandaten aber könnte die AfD den Landtag überall dort, wo wie bei der
       Wahl von Verfassungsrichtern mit einer Zweidrittelmehrheit abgestimmt
       werden müsste, blockieren. Bei 110 Abgeordneten liegt die Sperrminorität
       bei ebendiesen 37 Abgeordneten.
       
       Dass die Brandenburger SPD gegenüber der AfD aufgeholt und den Abstand zur
       CDU deutlich vergrößert hat, liegt auch an der Beliebtheit des
       Ministerpräsidenten. Wenn der Regierungschef direkt gewählt werden könnte,
       würde sich jeder Zweite für Dietmar Woidke entscheiden. Jeweils 9 Prozent
       sprechen sich für AfD-Spitzenkandidat Hans-Christoph Berndt oder
       CDU-Spitzenkandidat Jan Redmann aus.
       
       Selbst Sachsens CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer wünscht dem
       SPD-Mann Woidke inzwischen den Wahlsieg. Am Ende könnte es sich also
       auszahlen, dass der 1,96-Meter-Mann alles auf eine Karte gesetzt hat.
       Zuletzt hatte die märkische SPD kein Hehl daraus gemacht, dass sie auch für
       ein Bündnis mit dem BSW offen ist. [4][Zumindest dessen Spitzenkandidat
       Robert Crumbach – ein Ex-SPDler – scheint den Genossen keine Furcht
       einzujagen].
       
       13 Sep 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.wahlrecht.de/umfragen/landtage/brandenburg.htm
   DIR [2] https://dawum.de/Brandenburg/Infratest_dimap/
   DIR [3] https://www.wahlkreisprognose.de/trends-in-brandenburg/
   DIR [4] /BSW-Wahlkampf-in-Brandenburg/!6032928
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Uwe Rada
       
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