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       # taz.de -- Rechte Regierung in den Niederlanden: „Strengste Asylpolitik“ nimmt Form an
       
       > Das Programm der neuen Regierung setzt auf Zuwanderungsbeschränkung. Mit
       > Notstands-Maßnahmen verspricht man einen schnellen Effekt – am Parlament
       > vorbei.
       
   IMG Bild: Marjolein Faber, niederländische Ministerin für Asyl und Migration
       
       Berlin taz | Die im Juli vereidigte [1][Rechts-Koalition der Niederlande]
       hat am Freitag ihr Regierungsprogramm vorgestellt. Kurz vor der Eröffnung
       des parlamentarischen Jahrs präsentierten die rechtspopulistische Partij
       voor de Vrijheid (PVV), die liberal-rechte Volkspartij voor Vrijheid en
       Democratie (VVD), der konservative Nieuw Sociaal Contract (NSC) sowie die
       agrar-orientierte BoerBurgerBeweging (BBB) das mit Spannung erwartetet
       Dokument.
       
       Der [2][parteilose Premierminister Dick Schoof] will damit „Vertrauen
       zurückgewinnen“. Auf X kommentierte er am Nachmittag, man werde „dafür
       sorgen, dass die Menschen sich gehört fühlen und ihre Probleme tatkräftig
       angegangen werden“.
       
       Seit den monatelangen Koalitionsgesprächen ist unbestritten, dass die
       Themen Zuwanderung und Asyl im Mittelpunkt der Regierungs-Agenda stehen,
       die stark vom Programm der PVV und ihrem Parteichef Geert Wilders geprägt
       ist. Sie waren zudem der Haupt-Grund für den unerwartet deutlichen Wahlsieg
       der Rechtspopulist*innen im November 2023.
       
       In einem Grundlagen-Papier, das die Koalition im Mai präsentierte, kündigte
       man die „strengste Asylpolitik Europas“ an. Ihr Kern ist die Ausrufung
       einer sogenannten „Asylkrise“, um die Zahl eingereichter Asylanträge stark
       zu senken.
       
       ## Fokus auf Rückkehr ins Heimatland
       
       In den nun präsentierten Plänen steht die starke Beschränkung des
       Familiennachzugs zentral- ein Thema, über das im Sommer 2023 schon die
       Vorgänger-Regierung gefallen war. Anspruch darauf hat nur noch eine
       möglichst eng definierte [3][„Kernfamilie“], zu der etwa volljährige Kinder
       nicht mehr gehören.
       
       Zudem ist ein Nachzug an die Kriterien einer festen Wohnung, ausreichenden
       Einkommens und einer seit mindestens zwei Jahren geltenden
       Aufenthaltsgenehmigung gekoppelt. Letztere soll künftig nach fünf Jahren
       nicht länger in ein permanentes Bleiberecht übergehen. Der Fokus liegt
       damit auf einer Rückkehr ins Herkunftsland, sobald dieses als sicher
       erachtet wird.
       
       Die Maßnahme schließt sich an die bereits Anfang September angekündigte
       Streichung von Minimum-Leistungen für abgelehnten Asylbewerber*innen
       an. Marjolein Faber, die PVV-Ministerin für Asyl und Migration, sorgte
       damit international für Schlagzeilen. Zumal im aufgebrachten
       [4][Post-Solingen-Diskurs Deutschlands] stieß sie damit auf wohlwollendes
       Interesse.
       
       Diese Tatsache wiederum kommt der Ministerin für ein anderes Vorhaben
       entgegen: sie will sich in Europa mit gleichgesinnten Regierungen
       zusammentun um auch in Brüssel für eine weitere Verschärfung der
       Migrationspolitik einzutreten.
       
       ## Starke Kritik aus dem Parlament
       
       Druck auf die EU will die niederländische Regierung von zwei Seiten
       ausüben. Zugleich nämlich wird Faber schnellstmöglich bei der EU-Kommission
       eine „opt-out“ genannte Ausnahmeregelung beantragen, um aus der gemeinsamen
       Asylpolitik auszuscheren. Das ist freilich keinesfalls so leicht zu
       bewerkstelligen, wie es die PVV ihren Wähler*innen in Aussicht stellt.
       Zumal im aktuellen Diskurs zahlreicher Mitgliedsstaaten kann es freilich
       eine Dynamik in Richtung weiterer Verschärfung in Gang setzen.
       
       Ministerin Faber kommentierte die Pläne bereits im Vorfeld so: „Die
       Wähler*innen haben einen deutlichen Auftrag erteilt. Das Ruder muss
       umgelegt werden und der Zustrom direkt gesenkt. Wir ergreifen Maßnahmen, um
       die Niederlande für Asylbewerber*innen so unattraktiv zu machen wie
       möglich.“
       
       Vorläufig findet dieser Prozess ohne die Abgeordneten von Parlament und
       Senat statt: indem die Regierung die [5][„Asylkrise“] ausruft, will sie
       einen Teil des bisherigen Ausländer*innengesetz außer Kraft setzen.
       Die angestrebten Maßnahmen brauchen dann zunächst keine Zustimmung der
       Volksverter*innen. Aus dem Parlament gab es zuletzt starke Kritik an diesem
       Vorhaben.
       
       13 Sep 2024
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Tobias Müller
       
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