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       # taz.de -- Austausch von Kriegsgefangenen: Russland priorisiert Grenzschützer
       
       > Gleich zweimal fand ein Austausch von Kriegsgefangenen zwischen der
       > Ukraine und Russland statt. Der Menschenrechtler Maxim Butkewitsch war
       > nicht dabei.
       
   IMG Bild: Wieder in Freiheit reagieren die ehemaligen Gefangenen emotional auf ihre Rückkehr
       
       Berlin taz | Bereits zum zweiten Mal in nur zwei Tagen haben Russland und
       die Ukraine Gefangene ausgetauscht. Am Samstag wurden 103 ukrainische
       Kriegsgefangene gegen 103 russische Kriegsgefangene ausgetauscht. Weitere
       103 Soldaten sind aus russischer Gefangenschaft in die Ukraine
       zurückgekehrt. 82 Gefreite und Unteroffiziere, 21 Offiziere.
       
       Die Verteidiger der Regionen Kyjiw, Donezk, Mariupol und Asowstal, Luhansk,
       Saporischschja und Charkiw. Soldaten der Streitkräfte der Ukraine, der
       ukrainischen Nationalgarde, des Grenzschutzes und der Polizei. „Ich bin
       unserem Team, das für den Austausch verantwortlich ist, dankbar für diese
       guten Nachrichten für die Ukraine“, gab Präsident Wolodymyr Selenskyj am
       frühen Samstagnachmittag auf seiner [1][Facebook-Seite] bekannt.
       
       „Heute sind 103 unserer Jungs nach einem Austausch in ihr Heimatland
       zurückgekehrt“, schreibt nahezu gleichzeitig die russische
       Menschenrechtsbeauftragte Tatjana Moskalkowa auf ihrem Telegram-Kanal.
       Gleichzeitig gratulierte sie den Angehörigen der Freigelassen „zu diesem
       wichtigen freudigen Ereignis“.
       
       Bereits am Freitag hatten Russland und die Ukraine Gefangene ausgetauscht.
       49 ukrainische Frauen und Männer konnten ukrainischen Boden betreten. Im
       Gegenzug waren 44 Russen freigelassen worden. Unter den 23 Frauen, die am
       Freitag in die Ukraine zurückkehren konnten, befand sich auch die auf der
       Krim geborene Lenia Umerova, die 2022 verhaftet wurde, als sie von Georgien
       aus nach Russland einreisen wollte, um ihren krebskranken Vater zu
       besuchen.
       
       ## Bisher 3.600 Menschen zurückgeholt
       
       Die russischen Behörden beschuldigten die damals 25-jährige der Spionage.
       Bei einer Verurteilung hätte ihr eine Haftstrafe von bis zu 20 Jahren
       gedroht. Seit Mai 2023 saß Umerowa im berühmt-[2][berüchtigten
       Lefortowo-Gefängnis] in Moskau.
       
       Insgesamt – so der ukrainische Menschenrechtsbeauftragte Dmitry Lubinets –
       konnten seit Beginn der russischen Invasion über 3.600 Menschen in die
       Ukraine zurückgeholt werden. Zuletzt hatten im August jeweils 115 Russen
       und Ukrainer im Rahmen eines Austausches in ihre Heimat zurückkehren
       können. Beide Austauschaktionen waren von den Vereinigten Arabischen
       Emiraten einfädelt worden. Innerhalb von zwei Tagen wurde ein Video über
       den Gefangenenaustausch auf Youtube über 250.000 Mal aufgerufen.
       
       Das Video zeigt die russischen Männer, die am Freitag in einem Bus Richtung
       Grenze fahren und die ukrainischen Frauen und Männer, die die Grenze
       überschreiten und dann in einem Bus weiterfahren. Die am Freitag und
       Samstag freigelassenen russischen Männer sind in der Mehrzahl Grenzschützer
       aus dem Gebiet Kursk, die bei der ukrainischen Besetzung dieses Gebietes in
       Gefangenschaft geraten waren.
       
       Demgegenüber sind die meisten der am Freitag und Samstag freigelassenen
       Ukrainer [3][seit Kriegsbeginn in Gefangenschaft], zitiert das Portal
       Kyiv24.news den ukrainischen Menschenrechtsbeauftragten Dmitro Ljubinetz.
       Drei Tage sei sie in einem Bus unterwegs gewesen, berichtet eine
       ukrainische Ex-Gefangene in dem Video, ohne zu wissen, wohin die Reise
       gehen werde. Und die Frage, ob sie auch Besuch vom Roten Kreuz erhalten
       hätten, beantworten sie und ihre Nachbarin mit einem Nein.
       
       ## Warum wurden Grenzschützer und Soldaten freigelassen?
       
       Alle Ex-Gefangenen erhielten beim Aussteigen aus dem Bus von einem Soldaten
       eine ukrainische Fahne, die sie sich über die Schultern legten.
       Anschließend stellten sie sich auf, sangen gemeinsam die ukrainische
       Nationalhymne. „Wir werden weiter kämpfen, bis der letzte Gefangene zu
       Hause und der letzte Quadratmeter zurückgeholt ist“, ruft der Soldat bei
       seiner Ansprache an die ehemaligen Gefangenen aus, die er mit dem Kampfruf
       „Ruhm der Ukraine“ endet.
       
       Ihm hallt ein „Den Helden Ruhm“ entgegen. Herzergreifend sind die
       unzähligen Kommentare der meist anonymen Posts unter dem Youtube-Video. In
       fast jedem zweiten Kommentar ist von Tränen die Rede. „Mein Herz zerreißt,
       wenn ich Männer weinen sehe“, schreibt ein Nutzer. „Ich bin 50 Jahre alt,
       ein Mann. Und ich habe geweint, als ich unsere Mädchen und Jungs gesehen
       habe“, schreibt Nutzer RubaKor. Und wieder ein anderer fragt sich auf dem
       X-Account der Organisation „Ich will leben“, die ebenfalls an dem
       Gefangenenaustausch mitgewirkt hatte, warum auf russischer Seite nur
       Grenzschützer und Soldaten freigelassen worden seien, die erst kürzlich in
       Gefangenschaft geraten seien.
       
       In der Ukraine seien Russen seit über zwei Jahren in Kriegsgefangenschaft.
       Aber offensichtlich, so dieser anonyme User, seien dem Kreml die in der
       Ukraine in Kriegsgefangenschaft geratenen Menschen weniger wichtig. Doch
       auch bei diesen beiden Gefangenenaustauschaktionen fehlte der bekannte
       Journalist und Menschenrechtler Maxim Butkewitsch.
       
       14 Sep 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.facebook.com/zelenskyy.official/posts/3674395909477425
   DIR [2] /Russische-Repressionen-auf-der-Krim/!5976031
   DIR [3] /Unabhaengigkeitstag-in-der-Ukraine/!6032075
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernhard Clasen
       
       ## TAGS
       
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