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       # taz.de -- Prämie für vermittelte Arbeitslose: Vergiftete Debatte
       
       > An sich ist die Prämie eine gute Idee. Doch das eigentliche Problem ist
       > der geringe Lohnabstand – ein höherer Mindestlohn könnte kurzfristig
       > helfen.
       
   IMG Bild: Die naheliegende Lösung: den Lohnabstand erhöhen, und zwar nach oben
       
       Wenn es noch ein Beispiel gebraucht hätte, dass die Ampelkoalition zur
       Zusammenarbeit nicht mehr in der Lage ist, hier ist das
       siebenunddreißigste: Erst vergangene Woche hatte sich das Kabinett
       geeinigt, BürgergeldempfängerInnen [1][eine Prämie von 1.000 Euro zahlen zu
       wollen], wenn diese eine Arbeit aufnehmen und ein Jahr in Beschäftigung
       sind. Wohlgemerkt als eine von 120 Maßnahmen, von denen die meisten besser
       mit dem Schlagwort Fordern als mit Fördern beschrieben sind.
       
       Doch es genügt der kleinste Gegenwind, [2][geföhnt aus der Bild-Zeitung],
       damit die Koalitionspartner mit dem Finger aufeinander zeigen. So sagt die
       SPD, dass die Prämie eine Idee der Grünen gewesen sei. Die FDP ist eh immer
       dafür zu haben, Koalitionspartner zu sabotieren.
       
       Die Idee stammt wohl aus dem Wirtschaftsministerium, aber das spielt keine
       Rolle, denn sie adressiert ein tatsächliches Problem: Beim Wechsel in
       Arbeit können Leistungen wie die Übernahme der Miete wegfallen. Studien aus
       der Arbeitsmarktforschung zeigen, dass eine Prämie Arbeitslose motivieren
       kann, trotzdem in eine Arbeit zu wechseln. Und mit jedem vermittelten
       Arbeitslosen spart die Allgemeinheit deutlich mehr als 1.000 Euro.
       
       Man kann trotzdem gegen die Prämie sein. Denn das tieferliegende Problem
       ist der teils geringe Lohnabstand. Wer für einen niedrigen Lohn arbeitet
       und in einer Stadt mit hoher Miete lebt, hat unter Umständen nicht viel
       mehr Geld zur Verfügung als mit dem Bürgergeld. Die naheliegende Lösung:
       den Lohnabstand erhöhen, und zwar nach oben. Kurzfristig ein höherer
       Mindestlohn, mittelfristig günstigerer Wohnraum. Beides ist mit dieser
       Koalition nicht zu machen.
       
       Die Debatte um die Prämie zeigt, dass nicht nur die Zusammenarbeit in der
       Ampel, sondern der Diskurs über Armut und Reichtum vergiftet ist. Statt für
       höhere Löhne und Umverteilung wird darüber gestritten, ob es den Ärmsten zu
       gut geht. Das sind in einer Phase der Rezession und vor einer
       Bundestagswahl keine guten Aussichten.
       
       7 Oct 2024
       
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   DIR [1] /1000-Euro-fuer-Jobaufnahme/!6040886
   DIR [2] https://www.bild.de/politik/inland/buergergeld-ploetzlich-wackelt-die-arsch-hoch-praemie-67026bb6f1446f30f9dd9ad3
       
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