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       # taz.de -- Antisemitismus in Deutschland: Scham und Erschütterung
       
       > Deutsche Politiker*innen gedenken ein Jahr nach dem 7. Oktober der
       > Opfer des Hamas-Terrors. Auch hierzulande nimmt Antisemitismus zu.
       
   IMG Bild: Unbekannte haben am 05.04.2024 einen Brandsatz auf eine Tür der Oldenburger Synagoge geworfen
       
       Berlin taz | Ein Jahr nach dem Massaker der Hamas an israelischen
       Zivilist*innen haben deutsche Politiker*innen ihre Trauer um die
       Opfer zum Ausdruck gebracht und dem jüdischen Staat ihre Solidarität
       versichert. Der Präsident des Zentralrats der Juden, [1][Josef Schuster],
       stellte am Montag zudem ein Lagebild vor, das erneut zeigt, wie stark auch
       hierzulande [2][der Antisemitismus] wieder um sich greift.
       
       Schon am Sonntag hatten zahlreiche Mitglieder der Bundesregierung erklärt,
       zu Israel zu stehen und [3][sich beschämt über Antisemitismus auf deutschen
       Straßen gezeigt]. Ganz ähnlich klangen auch die Wortmeldungen vom Montag.
       So sagte etwa der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix
       Klein, zur Rheinischen Post: „Nach dem 7. Oktober sind die Schleusen
       gebrochen.“ Er beklagte auch eine sich ausbreitende Gleichgültigkeit. „Bei
       der Bevölkerung generell macht sich allerdings eine gewisse Abstumpfung
       beim Thema Antisemitismus bemerkbar. Auch die sichtbare, gezeigte
       Solidarität mit Israel lässt nach.“
       
       Bundesaußenministerin Annalena Barbock (Grüne) schrieb auf der Plattform X
       vom 7. Oktober 2023 auf hebräisch als „Zäsur für die Menschen in Israel“.
       Sie kündigte an: „Wir lassen nicht nach, bis alle Geiseln wieder frei und
       bei ihren Liebsten sind.“
       
       Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) sagte: „Wenn Jüdinnen und Juden
       bei uns auf offener Straße attackiert werden, dann ist das eine beschämende
       Erinnerung an Bilder aus der dunkelsten Geschichte dieses Landes.“ Das
       mache den „Kampf gegen Antisemitismus in allen Bereichen unserer
       Gesellschaft umso dringlicher, auch in Kunst und Kultur.“
       
       Wie massiv sich die Lage für Juden*Jüdinnen in Deutschland zuletzt
       verschlechtert hat, zeigt das Lagebild, das Zentralratspräsident Schuster
       vorstellte. Fast die Hälfte des befragten Führungspersonals jüdischer
       Gemeinden berichtete demnach [4][von antisemitischen Vorfällen im
       vergangenen Jahr]. Schuster sprach von „erschütternden“ Ergebnissen und
       einer „Explosion antisemitischer Straftaten“.
       
       ## Mehrheitsgesellschaft weniger solidarisch
       
       Über zwei Drittel der Befragten gaben an, dass sich ihr Leben seit dem 7.
       Oktober 2023 verändert habe. Sie berichteten vor allem von einem höheren
       Sicherheitsbedürfnis, mehr Sorgen, Ängsten und Misstrauen sowie der
       Tendenz, [5][die Öffentlichkeit zu meiden]. Während sich Gläubige teils aus
       dem Gemeindeleben zurückgezogen hätten, sei das Gemeinschaftsgefühl
       insgesamt aber gewachsen, so die Befragten. Sie zeigten sich zudem fast
       durchweg zufrieden mit der [6][Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden].
       
       Die deutsche Mehrheitsgesellschaft nehmen die Befragten indes als zunehmend
       unterkühlt wahr. Während bei einer ersten Befragung 2023 noch über die
       Hälfte der Befragten erklärte, ihre Gemeinde erfahre von der nichtjüdischen
       Gesellschaft Solidarität, sind es nun weniger als 40 Prozent. Schuster
       nannte dies den „bittersten Befund“.
       
       Schusters Vorgängerin im Amt, die jetzige Präsidentin der Israelitischen
       Kultusgemeinde München Charlotte Knobloch, versuchte auf X zu vermitteln,
       wie sich Juden*Jüdinnen seit dem vergangenen Jahr fühlen. Sie schrieb
       von einem Leben „ohne Sicherheit und ohne festen Rahmen“, in dem sich
       Juden*Jüdinnen seit dem 7. Oktober wiederfänden. „Das Grundvertrauen,
       auf dem sie einst standen, haben viele verloren.“ Gesellschaft bedeutete
       das Zusammenleben auch mit denen, die anderer Meinung seien: „Wie dieses
       Zusammenleben aber aussehen soll mit denen, die unser Leben fundamental
       ablehnen, darauf weiß ich keine Antwort.“
       
       Am Montagabend wollen Spitzenpolitiker*innen und religiöse
       Vertreter*innen bei einem interreligiösen Gottesdienst in Berlin der
       Opfer des 7. Oktober 2023 gedenken. Mit dabei ist neben Schuster auch
       Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD), Berlins regierender
       Bürgermeister Kai Wegner (CDU) und der israelische Botschafter in
       Deutschland, Ron Prosor. Auch an vielen anderen Orten in Deutschland sind
       für den Abend Gedenkveranstaltungen geplant. Bundeskanzler Olaf Scholz
       (SPD) will einer Trauerfeier in Hamburg beiwohnen.
       
       Gleichzeitig soll es aber auch propalästinensische Aktionen geben, bei
       denen es in der Vergangenheit immer wieder zu antisemitischen Verfällen
       gekommen war. In Berlin-Neukölln ist etwa eine Demo angekündigt, die sich
       gegen Israels Politik richtet. Das am Jahrestag des Hamas-Terrors besonders
       unappetitlichen Motto: „Glory to the resistance“.
       
       7 Oct 2024
       
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