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       # taz.de -- Bildungsgrad und politische Einstellung: Fehlt Durchmischung, wachsen Gräben
       
       > Akademikerfamilien wählen progressiv, so das Ergebnis einer neuen Studie.
       > Sie hat die Rolle des Bildungsgrads von Freunden und Familie untersucht.
       
   IMG Bild: Je homogener unser Umfeld ist, desto tiefer werden die Gräben, Wohnhäuser bei Amsterdam
       
       Wählen wir, was unsere Bekannten wählen? Gerade angesichts des [1][massiven
       Rechtsrucks in Europa] stellt sich die Frage, welchen Einfluss unser Umfeld
       auf die eigenen politischen Einstellungen hat, besonders dringend. In der
       Regel stehen dabei explizit die politischen Präferenzen unserer Bekannten
       im Zentrum.
       
       Zwei niederländische Wissenschaftler konzentrieren sich in einer [2][neuen
       Studie] auf einen anderen Aspekt: den Bildungsgrad unseres Umfelds. Sie
       zeigen, wie wenig durchmischt die Bildungsschichten in der Gesellschaft
       sind und wie das zu noch [3][tieferen politischen Gräben] führen kann.
       
       ## Die Studie
       
       Die Wissenschaftler beschäftigten sich mit drei Fragen: Umgeben sich
       Menschen allgemein eher mit Menschen mit dem gleichen Abschluss? Wie
       beeinflusst der (formelle) Bildungsgrad dieses Umfelds die eigene
       politische Haltung? Und: Verändert sich die Einstellung zu einem Thema,
       wenn sich der Bildungsgrad jenes Umfelds verändert?
       
       Als enges Umfeld werden dabei diejenigen fünf Personen verstanden, mit
       denen die Befragten in letzter Zeit „wichtige Dinge“ besprochen haben. Für
       ihre Studie nutzten die Forscher Daten aus einer Langzeitbefragung in den
       Niederlanden sowie aus zwölf weiteren europäischen Ländern.
       
       Die Resultate der Untersuchung sind eindeutig. Über drei Viertel der
       Befragten gaben an, dass ihr enges Umfeld überwiegend aus Menschen mit
       demselben Bildungsgrad besteht. Knapp die Hälfte hat keinerlei enge
       Verbindung mit anders Gebildeten. Nur knapp ein Viertel bewegt sich in
       einem Umfeld mit vielen Menschen anderen Bildungsgrads.
       
       Die Studie zeigt auch den klaren Einfluss, den der Bildungsgrad des engen
       Netzwerks auf die politische Haltung hat: Je höher ihr enges Umfeld
       gebildet ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Befragten
       progressive politische Haltungen vertreten. Dazu zählen zum Beispiel
       Einstellungen zur EU und zum Thema Migration. Umgekehrt gilt dasselbe.
       
       Verstärkt wird dieser Effekt, wenn das enge Umfeld völlig homogen ist, also
       nur aus Menschen mit demselben Bildungsgrad besteht. Erst wer drei oder
       mehr enge Verbindungen zu anders Gebildeten hat, ist immun gegen diese
       Beeinflussung. Schaut man auf die Veränderungen des Bildungsgrads, sind die
       Ergebnisse differenzierter. Steigt das Bildungslevel ihres engen Umfelds,
       werden die Ansichten der Befragten beispielsweise zu Migration generell
       progressiver – und umgekehrt. Für andere politische Einstellungen, etwa zur
       EU, gilt das hingegen nicht.
       
       ## Was bringt’s?
       
       Die Studie zeigt wieder einmal, dass eine Gesellschaft nicht zufällig
       politisch auseinanderdriftet. Je homogener unser Umfeld ist, desto tiefer
       werden die Gräben. Sich immer nur mit Gleichgesinnten – und gleich
       Gebildeten – einzuigeln ist also keine gute Idee.
       
       7 Oct 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Politologe-ueber-den-Rechtsruck/!6021440
   DIR [2] https://journals.sagepub.com/doi/10.1177/00104140241271104
   DIR [3] /Polarisierung-der-Gesellschaft/!5990121
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Nico Preikschat
       
       ## TAGS
       
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