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       # taz.de -- Krieg im Nahen Osten: Die Hisbollah entwaffnen
       
       > Im Libanon stellt eine aus Teheran finanzierte Terrororganisation die
       > stärkste militärische Macht. Ohne die Hisbollah wäre ein Frieden längst
       > möglich.
       
   IMG Bild: Trümmerfeld: Rauch steigt vom Ort eines israelischen Luftangriffs in Beirut auf, am 3.10.2024
       
       Es sind düstere Tage für den Nahen Osten. Viele ZivilistInnen wurden schon
       getötet, und es werden vermutlich noch viele mehr. Niemand hat die seit
       Monaten befürchtete Ausweitung des Kriegs verhindert. Der anklagende
       Zeigefinger richtet sich jetzt auf Israel. Benjamin Netanjahu, so der
       Vorwurf, der in Israel und weltweit laut wird, heize die Gewalt an. Nur
       solange die Kriege im Gazastreifen und im Libanon andauerten, das sei
       [1][Netanjahus Kalkül], sei auch seine Macht gesichert. Das mag stimmen. Es
       ist aber nur der eine Teil der Wahrheit.
       
       Der furchtbare [2][Krieg im Gazastreifen], der auf das [3][Massaker], der
       palästinensischen Terrororganisation Hamas am 7. Oktober vergangenen Jahres
       in Israel folgte, ist für die libanesisch-schiitische Terrororganisation
       Hisbollah erklärtermaßen Grund für den seither andauernden Beschuss auf
       Israels Norden. Aus Solidarität mit den PalästinenserInnen sollen die
       Angriffe aus dem Libanon fortgesetzt werden, solange der Krieg im
       Gazastreifen andauert. Dahinter steckt jedoch ein nicht weniger kaltes
       Kalkül aufseiten der Hisbollah.
       
       Die Kooperation der beiden Terrororganisationen, deren Kampf gegen Israel
       unterschiedlich beurteilt werden sollte, stützt sich keinesfalls auf
       gegenseitige Liebe – Sunniten und Schiiten betrachten einander als
       Ungläubige. Beide Terrororganisationen verfolgen das Ziel, die jüdischen
       Menschen aus Israel zu vertreiben. Unterschiedlich ist ihre Motivation. Die
       Hamas kämpft für die Befreiung des aus ihrer Sicht palästinensischen Landes
       „from the river to the sea“, Israel inbegriffen.
       
       Sie ist eine antizionistische Terrorgruppe, keine antisemitische. Juden und
       Jüdinnen, die nicht in Israel oder in den palästinensischen Gebieten leben,
       sind für sie keine Gegner. Nicht so die Hisbollah, die global agiert – und
       zwar nicht nur, um Spenden zu sammeln oder Waffen einzukaufen, wie es die
       Hamas auch tut. Sie geht weltweit mit [4][Terror gegen jüdische Menschen]
       vor.
       
       ## Verlogene Solidaritätsbekundungen
       
       Anders als in Gaza und dem [5][Westjordanland] sind die Menschen im Libanon
       keinerlei Menschenrechtsverletzungen durch israelische
       BesatzungssoldatInnen oder SiedlerInnen ausgesetzt. Seit Israel die
       Truppen im Sommer 2000 aus dem Südlibanon abgezogen hat, gibt es keinen
       relevanten Gebietsstreit zwischen den beiden Nachbarstaaten. Die Besatzung
       ist lange vorbei.
       
       Die Solidarität mit den PalästinenserInnen, die sich die Hisbollah auf die
       Fahnen schreibt, entlarvt sich spätestens mit Blick auf die
       Flüchtlingslager im Libanon als heuchlerisch. Seit mehr als 70 Jahren leben
       dort PalästinenserInnen, inzwischen schon in der dritten und vierten
       Generation, ohne staatsbürgerliche Rechte. Sie dürfen nicht an Wahlen
       teilnehmen, zahlreiche Berufe bleiben ihnen verwehrt. PalästinenserInnen,
       ob im Gazastreifen, im Westjordanland oder eben auch im Libanon, sind der
       Hisbollah völlig egal. Die Zerstörung Israels ist ihre Raison d’Être.
       
       Israel führt keinen Krieg gegen den Libanon, sondern gegen eine
       Terrororganisation, die von den Ajatollahs gut 3.000 Kilometer weit weg in
       einen Kampf geschickt werden, der nicht sein muss. Ajatollahs, die daheim
       [6][Frauen in die Gefängnisse stecken], vergewaltigen und foltern lassen,
       weil sie kein Kopftuch tragen; die Hamas-Terroristen mitfinanzieren und
       Geld in den Jemen schicken, damit auch die Huthis von Zeit zu Zeit eine
       Rakete nach Tel Aviv schicken können.
       
       Die Hisbollah und der Iran sind ein und derselbe Gegner für Israel. Aus dem
       Iran kommen Waffen, Geld, militärisches Know-how und entsprechend
       Handlungsanweisungen. Dass Teheran die Raketenangriffe gegen Israel als
       einen „[7][Akt der Selbstverteidigung]“ bezeichnet, spricht für sich. Wer
       die furchtbare Eskalation im Nahen Osten in diesen Tagen deshalb allein auf
       das politische Kalkül Netanjahus zurückführt, geht dem inszenierten
       Solidaritätsnarrativ der Hisbollah auf den Leim.
       
       ## Die libanesische Armee stärken
       
       Dass es zu einer Eskalation kam, kommen musste, ist aber auch zugleich ein
       Versagen der internationalen Gemeinschaft, der Unifil (United Nations
       Interim Force) und auch der deutschen Marine, die seit 2006 vor der
       libanesischen Küste stationiert ist. Mit dem damaligen
       Waffenstillstandsabkommen lautete ihr Auftrag, [8][eine Aufrüstung der
       Hisbollah zu unterbinden] und zeitgleich die libanesische Regierung und
       Armee zu unterstützen. An dieser Mission sind alle gescheitert.
       
       Stattdessen hat man zugesehen, wie die Terroristen ihre Raketenlager
       auffüllen. Die internationale Gemeinschaft steht in der Pflicht, die
       Terroristen im Libanon, die sich feige in Wohngebieten, unter Schulen und
       Krankenhäusern verstecken, zu entwaffnen. Um Frieden zwischen den beiden
       Nachbarstaaten möglich zu machen, darf es im Libanon nur noch eine
       bewaffnete Macht geben: die libanesische Armee.
       
       4 Oct 2024
       
       ## LINKS
       
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   DIR [8] https://documents.un.org/doc/undoc/gen/n06/465/03/pdf/n0646503.pdf
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Susanne Knaul
       
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