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       # taz.de -- Klimabewegung konserviert: Museumsreife Leistung
       
       > Eine Bretterbude aus dem Hambacher Forst kommt ins Bonner Haus der
       > Geschichte. Das ist auch eine Warnung.
       
   IMG Bild: Einsatzkräfte der Polizei neben einem Bretterhaus aus dem Hambacher Forst, 7. Oktober 2018
       
       Die Klimabewegung kommt ins Museum. Nein, natürlich nicht die ganze
       Klimabewegung! Lediglich ein kleines, aber sehr symbolträchtiges
       Häuschen. Eine bunte Bretterbude aus dem Hambacher Forst in
       Nordrhein-Westfalen wird Teil einer neuen Dauerausstellung im Bonner Haus
       der Geschichte. „Das Solihaus steht für den Einsatz von Bürgerinitiativen
       und Aktionsbündnissen gegen den weiteren Kohleabbau“, lautet die offizielle
       Begründung des Museums.
       
       Tatsächlich gibt es wohl wenige Waldgebiete in Deutschland, die so umkämpft
       sind wie der „Hambi“. 2012 wurden dort erstmals Bäume besetzt und
       Baumhäuser gebaut. Immer wieder gab es Räumungen, immer wieder wurde neu
       besetzt. 2018 gerieten Polizei und Aktivist*innen besonders heftig
       aneinander. Mittendrin: das Soli-Haus.
       
       Dabei kommt die bunte Bretterbude ursprünglich gar nicht aus dem Hambi,
       sondern aus [1][dem sächsischen Pödelwitz]. Auch das Bauerndorf Pödelwitz
       hat, ähnlich wie der Hambi, eine 13-jährige Widerstandsgeschichte gegen
       einen Braunkohletagebau hinter sich. Dass man sich in so einem jahrelangen
       Kampf gegenseitig unterstützt, ist natürlich Ehrensache.
       
       2018 brachten die Pödelwitzer*innen das Soli-Häuschen für eine Demo
       rüber zum Hambacher Forst, wo es als Werkzeuglager im Camp diente.
       Allerdings stand es nicht lange dort. Bei der [2][teils gewaltsamen Räumung
       durch die Polizei] noch im selben Jahr nahm das Bauwerk Schaden und wurde
       einkassiert.
       
       Klimakämpfe tun weh 
       
       Hier wie dort ging der Kampf auf. Wie im Hambi haben auch
       Klimaschützer*innen und entschlossene Anwohner*innen in Sachsen es
       geschafft, ein kleines Fleckchen Erde vor der Gier eines großen Konzerns zu
       retten. Pödelwitz bleibt erhalten, [3][ebenso wie der Hambacher Forst].
       
       Das Bonner Haus der Geschichte gibt die Bretterbude nun in gewissem Sinne
       der Öffentlichkeit zurück. Es ist gut, dass die Kämpfe und Schauplätze der
       Klimabewegung gewürdigt werden. Allerdings hinterlassen solche
       Auseinandersetzungen schmerzhafte Spuren. Der Hambi wurde zwar nach der
       Räumung wiederbesetzt und ist es bis heute, die Aktivist*innen zimmerten
       neue Baumhäuser und Bretterbuden. Erst Ende vergangener Woche gaben sie
       bekannt, einen weiteren Teil des Waldes besetzt zu haben.
       
       Doch bei der Räumung 2018 starb ein Mensch, der Dokumentarfilmer Steffen
       Meyn. Und die RWE hört nicht auf: Das Unternehmen baggert um den Wald
       herum, gräbt ihm das Wasser ab, bringt ihn zum Austrocknen.
       
       Auch Pödelwitz kämpft gegen den Verfall. Das Dorf am Rand des Tagebaus
       gleicht einer Geistersiedlung, nur 30 Menschen leben noch dort. Die
       leerstehenden Häuser gehören zum großen Teil der Mibrag, die wie die RWE an
       die Braunkohle möchte. Sie lässt das Dorf verkommen.
       
       Man kann einzelne Kämpfe gewinnen und danach vor Erschöpfung kaputtgehen.
       Die Verluste und Rückschläge, die Klimaschützer*innen immer wieder
       einstecken müssen, sind gewaltig, die Repression ist zermürbend.
       
       Die Bretterbude im Haus der Geschichte steht daher für zwei beachtliche
       Erfolge der Klimabewegung. Aber sie ist auch eine Warnung: Wenn wir die
       Dörfer und Wälder den Konzernen überlassen, wenn wir sie abbaggern und
       austrocknen lassen, anstatt sie mit Leben zu füllen und uns gegenseitig
       darin zu unterstützen, dann ist verloren, was zuvor gewonnen wurde.
       
       3 Oct 2024
       
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