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       # taz.de -- Jürgen Klopp wechselt zu Red Bull: The Stinknormal One
       
       > Klopp wird Teil des Red-Bull-Projekts. Ausgerechnet er – könnte man
       > meinen. Aber mit dem Deal bleibt er sich treu im durchkommerzialisierten
       > Fußballgeschäft.
       
   IMG Bild: Klopp hat sein ewiges Strahlen schon an einige Firmen vertickt
       
       Jürgen Klopp hat es selbst gesagt. „Ich bin der Normale.“ Das waren seine
       Worte, [1][als er 2015 beim FC Liverpool als Trainer] vorgestellt worden
       ist. Jetzt sollte es die Fußballwelt endlich verstanden haben. Er ist
       wirklich nichts Besonderes. Er ist ein stinknormaler Marktteilnehmer im
       großen Fußballbusiness. Jetzt wird er, der Borussia Dortmund 2011 und 2012
       zum Titel in der Bundesliga geführt und damit eine ganze Region zu
       Freudentränen gerührt hat, „Head of Global Soccer“ [2][bei Red Bull.]
       
       Head of Global Soccer, ein Titel so verkommen wie der moderne Fußball, der
       von arabischen Öllmilliarden, von Investorendollars aus den USA und eben
       aus dem Marketing-Etat eines Getränkeherstellers in immer absurdere Höhen
       gepusht wird.
       
       Wer zahlt, gewinnt Titel – oder die Unterschrift eines der besten Trainer
       der Welt. Teil des Deals sind dann solche blutleeren Statements: „Nach fast
       25 Jahren an der Seitenlinie könnte ich nicht aufgeregter sein, mich an
       einem Projekt wie diesem zu beteiligen.“ Die Masche von Red Bull ist es zu
       behaupten, dem Fußball durch das Engagement des Konzerns zu dienen. Und so
       betreibt er Profiklubs am Firmensitz in Österreich, in den USA und mit RB
       Leipzig in Deutschland einen Bundesligisten, der zum Stammgast in der
       Champions League gepäppelt wurde.
       
       Wenn Leipzig zum Heimspiel lädt, wedeln Zuschauer mit Fahnen, auf denen wie
       auf dem Firmenlogo zwei Bullen zu sehen sind. Und wenn der Klub den Sieg im
       DFB-Pokal feiert, wird statt des traditionellen Biers schon mal eine Dose
       Koffeinlimo aus dem Cup geschlürft. Das ist so folgerichtig wie der Besuch
       von Pep Guardiola nach dem Champions-League-Sieg von Manchester City in Abu
       Dhabi. Er hat den Geldgebern des Klubs den Henkelpott ins Emirat gebracht.
       „Football’s Coming Home“, witzelte das Netz. Es hatte recht.
       
       ## Der brave Klopp und seine „Jungs“
       
       Nun wird also Jürgen Klopp zum Teil des Red-Bull-Projekts. Ausgerechnet er!
       In den sozialen Medien herrschte am Mittwochmorgen beinahe so etwas wie
       Entsetzen über den Deal. Wie keinem anderen war es Klopp in der
       Vergangenheit gelungen, sich ein bodenständiges Image aufzubauen. Seine
       hemdsärmelige Art hat dazu geführt, dass man glatt glauben konnte, er habe
       einst auf den Ascheplätzen Dortmunds wackere Arbeiterkinder aufgesammelt,
       sie zu einer Mannschaft zusammengeschweißt, die sich dann mit ehrlichem
       Kampfspiel zu zwei Meistertiteln malocht hat.
       
       [3][Beim FC Liverpool,] mit dem er die Champions League und die englische
       Meisterschaft gewonnen hat, hat er auch von diesem Image gelebt. Dass
       Borussia Dortmund eine börsennortierte Aktiengesellschaft ist, deren
       Fußball spielende Angestellte gewiss mehr verdienen als den Mindestlohn,
       war man bereit zu verdrängen beim Anblick des Trainers mit dem
       „Pöhler“-Base-Cap auf dem Kopf.
       
       Der brave Jürgen Klopp und seine „Jungs“ (Klopp über seine Spieler) haben
       den Glauben an den richtigen Fußball im falschen am Leben erhalten. Und
       dass es nicht der Working-Class-Mythos Anfield Road war, sondern das Geld
       eines sportversessenen US-Investors, das die Erfolge in Liverpool
       ermöglicht hat, das hat man nur allzu gerne nicht mitbedacht, wenn Klopp
       beim Einmarsch ins Stadion das Liverpooler Klubwappen gestreichelt hat.
       
       Jürgen Klopp braucht niemanden, der ihm Flügel verleiht. Er kann jederzeit
       abheben mit einem Privatjet und zu den Terminen fliegen, die er für die
       zahlreichen Firmen wahrzunehmen hat, denen er sein ewiges Strahlen zu
       Werbezwecken vertickt hat. In den Spots für die Deutsche Vermögensberatung
       oder – ganz frisch für Media Markt – wird er so hemdsärmelig inszeniert,
       wie ihn die Menschen als Trainer an der Linie in Erinnerung haben. Aber es
       ist eben nichts als eine Inszenierung. Ob die mit dem Engagement beim
       Limokonzern Red Bull, dessen Leipziger Franchise bei den deutschen
       Kurvenfans besonders verhasst ist, noch funktionieren wird, bleibt
       abzuwarten. Abseits der Inszenierung ist sich Klopp mit dem Deal treu
       geblieben als Big Player im durchkommerzialisierten Fußballgeschäft. Ganz
       normal eben.
       
       9 Oct 2024
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Rüttenauer
       
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