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       # taz.de -- Red Bull erkauft sich Jürgen Klopp: Im Brauseschritt
       
       > Mit Jürgen Klopp schreitet die Redbullisierung des Sports auch im
       > widerständigen Fußball voran. Wie der Limohersteller die Szene bestimmt.
       
   IMG Bild: Kosmos des Kommerzsports: Ein Fallschirmspringer kickt bei RB Leipzig mit
       
       „Fußball ist Kommerz, das wissen wir alle. Aber in Liverpool wird es auf
       eine Art und Weise gelebt, dass es echt keiner mitkriegt.“ Diesen Satz hat
       Jürgen Klopp vor wenigen Monaten über seinen alten Klub gesagt. Mit der
       Geheimniskrämerei ist nun endlich Schluss. Ab Januar, wenn Klopp seine
       Arbeit als Global Head of Soccer bei Red Bull aufnimmt, wird er zu einem
       der großen Gesichter eines globalen Unternehmens, das sich den Sport für
       seine Zwecke untertan gemacht hat. Und jeder soll das unbedingt auch
       mitbekommen. Der Sport ist für den Brausehersteller aus Österreich ein
       Instrument, um sein Geschäft am Laufen zu halten. Von der Redbullisierung
       des Sports wird schon länger gesprochen.
       
       Wie gut das funktioniert, kann man an den immensen Marketingausgaben von
       Red Bull erkennen, die wiederum zu großen Teilen in den Sport fließen.
       Bereits im Jahr 2011 wurden die Ausgaben des Unternehmens für das
       Sportmarketing auf 1,4 Milliarden Euro geschätzt. Angesichts des
       Expansionskurses der letzten Jahre dürfte noch einiges dazugekommen sein.
       Auf der jüngsten Shoppingtour hat sich Red Bull die Mehrheit am deutschen
       Radsport-Team Bora-hansgrohe gesichert und sich beim englischen
       Traditionsklub Leeds United eingekauft, der gerade nur zweitklassig Fußball
       spielt.
       
       Lange Zeit hat man aber bei Red Bull lieber die Finger vor den
       Unwägbarkeiten des Fußballs gelassen, die nicht selten Außenseiter
       triumphieren lassen. Kurz nach der Gründung des Unternehmens durch
       [1][Dietrich Mateschitz] 1987 wurde noch klassisch das lokale Eishockeyteam
       in Salzburg unterstützt. Doch rasch entwickelten Mateschitz und seine
       Marketingexperten ein Faible für waghalsige Bergsteiger, Motorradfahrer
       oder andere Extremsportler, die sich etwa mit dem Firmenlogo von steilen
       Klippen ins Wasser stürzten und wirkmächtige Bilder produzierten. Coole
       Individualisten, die unversehens zu Dienstleistern einer Getränkemarke
       wurden. Der Einstieg in die Formel 1 im Jahr 1995 war auch der besonderen
       Vorliebe von Mateschitz für den Motorsport geschuldet.
       
       Red Bull nimmt zudem gern Ausnahmeathleten, die ihren Sport dominieren,
       unter Vertrag. Aktuell etwa den Skifahrer Marco Odermatt oder
       [2][Stabhochsprung-Weltrekordler Armand Duplantis]. Seit der Übernahme von
       Austria Salzburg 2005 mischt Red Bull auch immer mehr im Fußball mit. „Wenn
       wir Eishockey oder Fußball spielen und dabei gewinnen, wenn wir Formel 1
       fahren und Weltmeister werden, dann ist der Effekt viel größer. Die Medien
       berichten im redaktionellen Teil darüber, wir sind es selber, die den
       Erfolg feiern“, erklärte Mateschitz einst der Neuen Zürcher Zeitung. Für
       den Fall, dass dies nicht im ausreichenden Maße passiert, hat das
       Unternehmen mit der Red Bull Media GmbH, zu der auch der Fernsehsender
       Servus TV gehört, immer noch die Möglichkeit, ausführlicher über die
       Erfolge der Red-Bull-Sportler zu berichten.
       
       ## Neue Verflechtungen und Abhängigkeiten
       
       Der österreichische Getränkehersteller kreiert nicht nur eigene
       Sportevents, sondern baut wie gerade in München mit der 150 Millionen Euro
       teuren Mehrzweckhalle für 11.500 Zuschauer auch selbst repräsentative
       Sportstätten. Dort spielen seit Ende September der firmeneigene
       Eishockeyklub und deutsche Meister 2023 sowie die Basketballer des FC
       Bayern München. So schafft Red Bull obendrein neue Verflechtungen und
       Abhängigkeiten.
       
       Die Redbullisierung des Sports schreitet mächtig voran. Der Widerstand
       dagegen dürfte im deutschen Fußball am größten sein. RB Leipzig [3][ist
       insbesondere in der Fanszene so verhasst] wie kein anderer Klub, weil der
       Konzernverein so offen wie keiner sonst seine Geschäftsinteressen über
       alles andere stellt.
       
       Gerade in Dortmund, wo fortschreitende Kommerzialisierung mit Slogans wie
       „Echter Liebe“ verdeckt wurde, ist die Abneigung gegen RB Leipzig ähnlich
       intensiv wie einst die Verehrung für ihren einstigen Erfolgstrainer Jürgen
       Klopp.
       
       Mit dessen Verpflichtung ist Red Bull ein Clou gelungen. Einen Helden ihrer
       größten Gegner zum Chef ihrer globalen Soccer-Abteilung zu machen, ist für
       das Unternehmen ein großer Erfolg auf dem Weg, ihre Strategie der offenen
       Kommerzialisierung zu normalisieren.
       
       9 Oct 2024
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Johannes Kopp
       
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