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       # taz.de -- NS-Raubkunst: Endlich mehr Rechte für die Opfer
       
       > Künftig dürfen Kunstwerke auch ohne Zustimmung der Museen überprüft
       > werden. Ein wichtiger Schritt für die Restitution von NS-Raubkunst.
       
   IMG Bild: Papierrestauratorin mit Akten bei der Provinienzforschung zur NS Raubkunst im Brandenburgischen Landesarchiv
       
       Stellen Sie sich vor, ein Dieb hätte ihr Fahrrad gestohlen und
       glücklicherweise schnappt ihn die Polizei. Aber nun behauptet der Kerl, das
       Rad gehöre ihm und verweigert die Herausgabe. Die Polizei erklärt sich für
       machtlos. Die Gerichte unternehmen nichts. Unmöglich, sage Sie, wir sind
       doch nicht bei Franz Kafka? Tatsächlich ist diese Vorgehensweise legale
       Praxis.
       
       Nur geht es dabei nicht um Fahrräder, sondern um Kunst, die von den Nazis
       gestohlen wurde und mit der sich heute deutsche Museen schmücken. Bisher
       kann sich der heutige Besitzer einer Überprüfung der Eigentumsverhältnisse
       verweigern – und die Kunst bleibt in seinem Besitz. So geschehen zum
       Beispiel bei „Madame Soler“ von Picasso. Die bayerischen
       Staatsgemäldesammlungen verweigern eine Überprüfung.
       
       Doch damit soll Schluss sein. Bund, Länder und Kommunen haben beschlossen,
       dass sich künftig ein unabhängiges Schiedsgericht mit der Frage befasst, ob
       ein mutmaßlich von den Nazis geraubtes Kunstwerk tatsächlich den jüdischen
       Besitzern gestohlen wurde. Anders als bisher überprüft dieses
       Schiedsgericht die Angelegenheit auch dann, wenn sich das Museum dem
       Verfahren verweigern will.
       
       Das ist ein gewaltiger Fortschritt bei der Restitution von durch das
       NS-Regime gestohlenes Eigentum. Hunderttausende Kunstwerke wurden zwischen
       1933 und 1945 entschädigungslos geklaut. Jetzt endlich, fast 80 Jahre nach
       dem Ende dieses Terrorregimes, haben die Nachfahren deutlich verbesserte
       Möglichkeiten, ihr Recht durchzusetzen. Kulturstaatsministerin Claudia Roth
       hat einen Fortschritt erzielen können, auf den die Opfer lange haben warten
       müssen.
       
       ## Privateigentum darf nicht ausgeschlossen werden
       
       Allerdings gilt die neue Regelung nur bei Werken im Besitz der öffentlichen
       Hand. Privateigentum bleibt unangetastet. Die gestohlene Kunst gilt in
       aller Regel als ehrlich erworben – selbst wenn das Werk auf krummen Wegen
       den Besitzer wechselte. Auch in diesem Fall muss die Ampel-Koalition eine
       Rechtsgrundlage schaffen, die den Nachfahren der Opfer Gerechtigkeit
       widerfahren lässt. Doch von einem Raubkunstgesetz will sie nichts wissen.
       
       10 Oct 2024
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Klaus Hillenbrand
       
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