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       # taz.de -- Entwaldungsverordnung der EU: Waldschutz soll warten
       
       > Neue Regeln sollen verbieten, dass Wälder für Warenproduktion gerodet
       > werden. Doch Minister Özdemir will die Verordnung verschieben.
       
   IMG Bild: Für die Produktion etwa von Papier, Rindfleisch, Kakao oder Möbeln sollen keine Wälder gerodet oder geschädigt werden
       
       Berlin taz | Waldminister Cem Özdemir verschärft den Ton, um die Verordnung
       für Entwaldungsfreie Produkte (EUDR) zu verschieben. „Dass die
       EU-Kommission an dem Anwendungsstart der EUDR zum Jahresende festhalten
       möchte, obwohl relevante Fragen noch nicht geklärt sind, ist
       besorgniserregend“, teilte der Grünen-Politiker mit. Für deutsche wie
       europäische Unternehmen und Betriebe sei das ein Problem.
       
       Deshalb habe sich die Bundesregierung für eine Verschiebung eingesetzt, so
       der Minister. „Die Kommission hatte über ein Jahr Zeit, die Voraussetzungen
       für eine ordentliche und praxistaugliche Umsetzung der Verordnung zu
       schaffen. Das ist nicht gelungen.“ Deshalb dürfe die Verordnung nicht wie
       geplant am 1. Januar, sondern erst ein halbes Jahr später in Kraft treten.
       
       Die EU-Verordnung soll sicherstellen, dass für die Produktion etwa von
       Papier, Rindfleisch, Kakao oder Möbeln [1][keine Wälder gerodet oder
       geschädigt] werden. In Kraft getreten ist sie 29. Juni 2023, nach einer
       Übergangszeit von 18 Monaten soll sie ab Anfang nächsten Jahres gelten.
       Zwar seien wirklich noch technische Fragen offen, sagt Lars Hoffmann,
       Sprecher des FSC Deutschland, der Standards für nachhaltige Forstwirtschaft
       entwickelt.
       
       So sollen Unternehmen die ganze, [2][mitunter komplexe Lieferkette] sowie
       den genauen Ort der Herkunft im Wald rückverfolgen können und das auch mit
       einer Datenbank der EU kommunizieren. „Das Programm dafür ist bis heute
       nicht vorgestellt worden“, sagt Hoffmann. Zwar habe die Kommission
       versprochen, die technische Lösung solle mit gängigen
       Warenwirtschaftssystemen kompatibel sein, aber die Unternehmen könnten die
       Systeme noch nicht testen und seien deswegen verunsichert. „Damit ab dem 1.
       Januar alle Warenbewegungen eingegeben werden können, brauchen die
       Unternehmen Vorlauf“, so Hoffmann.
       
       ## FSC hält nichts von der Verschiebung
       
       Ein anderes Beispiel: Die Risikobewertungen der Länder liegen noch nicht
       vor. [3][Welches Herkunftsgebiet von gefährdeten Produkten ist ein Hoch-,
       Medium- oder Niedrigrisikoland?] „Das ist nicht definiert“, sagt Hoffmann,
       „die Unternehmen behelfen sich mit irgendwelchen Datensätzen, um Risiken
       herzuleiten, aber sie wissen nicht, ob das dann konform mit der
       EU-Einschätzung ist.“
       
       Trotzdem hält der FSC nichts von einer Verschiebung. Angesichts der Klima-
       und Biodiversitätskrise sei sie ein „fatales Signal“, so Hoffmann. Es sei
       dringend nötig, gegen die weltweite Entwaldung vorzugehen, und dafür
       brauche man die EUDR. Hoffmann schlägt vor, sie wie geplant umzusetzen und
       für eine begrenzte Zeit mit wenigen Regelungen anhand der aktuellen
       Situation zu gestalten.
       
       Ein breites Bündnis von Umwelt- und Entwicklungsorganisationen fordert die
       fristgerechte Umsetzung der Verordnung: „Jetzt einen Rückzieher zu machen,
       ist verantwortungslos“, sagt Julian Smaluhn, Vorstandssprecher von Robin
       Wood. Die Bundesregierung müsse stattdessen auf den letzten Metern hin zur
       Anwendung der Verordnung gegen globale Entwaldung alle Kräfte bündeln, in
       Brüssel auf zeitige Bereitstellung von Informationen drängen und
       gleichzeitig in Deutschland Rahmenbedingungen schaffen, die die Land- und
       Forstwirtschaft bei der Umsetzung unterstützen.
       
       26 Sep 2024
       
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