# taz.de -- KI-Chatbots: Chatten gegen Verschwörungsmythen
> Verschwörungserzählungen sind weit verbreitet. Eine neue Studie zeigt,
> dass KI-Systeme wie ChatGPT helfen können, Menschen mit Fakten zu
> überzeugen.
IMG Bild: Bräuchten vielleicht auch KI-Hilfe: Pro-Trump-Protestler bei der Amtseinführung von Präsident Biden, 2021 in Washington D.C
[1][Die Erde ist eine Scheibe, der Klimawandel ist frei erfunden und
Hillary Clinton ist ein Reptiloid] – Verschwörungsmythen kommen in sehr
unterschiedlichen und problematischen Farben und Formen daher. Wenn
Menschen und ihr Umfeld daran glauben, ist es schwer, sie mit rationalen
Argumenten zurückzuholen. Dabei ist eine gemeinsame Faktenbasis für jeden
gesellschaftlichen Diskurs unabdingbar. Wie kommt man also gegen
Verschwörungserzählungen an?
## Die Studie
Forscher:innen haben 2.190 Amerikaner:innen, die nach eigenen Angaben an
[2][unterschiedliche Verschwörungen] glaubten, zum Gespräch mit einer KI
gebeten. Zum Einsatz kam das Large Language Model GPT-4 Turbo der Firma
OpenAI. Die Proband:innen haben dem Sprachmodell dabei in drei Runden
einen Verschwörungsmythos mit vermeintlichen Beweisen präsentiert, die sie
für wahr halten. Die KI war damit beauftragt, auf die präsentierte Evidenz
zu antworten und dabei den Glauben der Proband:innen an den
Verschwörungsmythos zu reduzieren.
Etwa achteinhalb Minuten dauerte der Austausch zwischen
[3][Verschwörungsgläubigen] und KI im Mittel. Durchschnittlich konnte der
Glaube an die jeweiligen Verschwörungserzählungen dabei um 20 Prozent
reduziert werden. Dieser Effekt war nicht nur kurzfristig, sondern hielt
über mindestens zwei Monate an. Selbst verhältnismäßig tief im Weltbild
verwurzelte Verschwörungen wie der Glaube an Betrug bei der
US-Präsidentschaftswahl 2020 konnten mithilfe der Argumente der KI etwas
entschärft werden.
Die Forscher:innen untersuchten außerdem die Auswirkungen verschiedener
Faktoren wie Alter, politische Einstellung und Bildung auf die Ergebnisse.
Hier stellten sie keinen Einfluss fest. Aber die Variablen „Vertrauen in
generative KI“ und „Vertrauen in Institutionen“ waren ausschlaggebend. Wenn
diese Variablen besonders ausgeprägt waren, konnte die KI den Glauben an
Verschwörungserzählungen stärker reduzieren als bei anderen Proband:innen.
Fraglich ist, ob sich die Erkenntnisse auf den Alltag anwenden lassen. Die
Proband:innen meldeten sich freiwillig für das Experiment und zeigten
sich damit offen für eine sachliche Diskussion, was nicht bei allen
Verschwörungsgläubigen so ist.
## Was bringt’s?
Vielleicht ein bisschen Hoffnung. Nur weil Menschen an
Verschwörungserzählungen glauben, sind sie nicht komplett unempfänglich für
sachliche und faktenbasierte Argumente. Der Teil der Gesellschaft, der an
wissenschaftliche Fakten glaubt, hat also – selbst bei Menschen mit
gefestigtem Glauben an Verschwörungserzählungen – noch die Chance, diese
mit Fakten zu überzeugen. Vielleicht nicht unbedingt im persönlichen
Gespräch, aber unter Zuhilfenahme von [4][Chatbots].
14 Oct 2024
## LINKS
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DIR [4] /Chaos-bei-OpenAI/!5972516
## AUTOREN
DIR Yannik Achternbosch
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