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       # taz.de -- Landtagswahl in Österreich: Vorarlberg wählt viel mehr Blau
       
       > Die rechtsradikale FPÖ marschiert in Österreich weiter durch. Sogar im
       > liberalen Vorarlberg hat sie Chancen auf eine Regierungsbeteiligung.
       
   IMG Bild: Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) am Sonntag bei der Vorarlberger Landtagswahl: Koaliert er mit der FPÖ?
       
       Wien taz | Während Österreich [1][vor schwierigen Regierungsverhandlungen
       auf Bundesebene] steht, setzt die rechtsradikale FPÖ ihre Erfolgswelle auf
       Landesebene fort: Nach der EU-Wahl und der Parlamentswahl, wo sie auf Platz
       eins landete, hat sie auch bei der Landtagswahl in Vorarlberg deutlich
       dazugewonnen. Sie verdoppelte sich in Österreichs zweitkleinstem Bundesland
       – rund 410.000 Menschen leben dort – von knapp 14 Prozent auf 27,8 Prozent.
       
       Die konservative ÖVP hingegen konnte mit etwa 38,6 Prozent – 2019 erreichte
       sie noch 43,5 Prozent – ihren ersten Platz deutlicher als erwartet
       verteidigen. Weit abgeschlagen liegen die in Vorarlberg traditionell
       schwache SPÖ (rund 9 Prozent) sowie die Grünen (etwa 12,5 Prozent). Sie
       waren vor fünf Jahren mit knapp 19 Prozent noch auf Platz zwei gelandet und
       regierten die letzten zehn Jahre als Juniorpartner der ÖVP. Die liberalen
       Neos blieben in etwa gleich stark bei neun Prozent. Alle anderen Listen,
       unter anderem die KPÖ, landeten deutlich unter der Vierprozenthürde für den
       Einzug in den Landtag.
       
       Der seit 13 Jahren amtierende Landeshauptmann Markus Wallner wird also
       weiter Chef im Bregenzer Landhaus bleiben. Doch statt einer Verlängerung
       der schwarz-grünen Koalition steht nun auch eine Regierung zusammen mit der
       FPÖ zur Diskussion. Landeshauptmann Wallner ließ sich im Wahlkampf alle
       Optionen offen und äußerte keine Präferenz.
       
       Das gute Abschneiden der FPÖ ist bemerkenswert, weil Vorarlberg trotz
       gelegentlicher Erfolge nicht als FPÖ-Hochburg gilt. Seit 1945 war
       durchgehend die konservative ÖVP die bestimmende Kraft. Bis 2014 regierte
       sie fast durchgehend mit absoluter Mehrheit, bevor es zu zwei
       Legislaturperioden zusammen mit den Grünen kam.
       
       ## Rückenwind für Verhandlungen im Bund?
       
       Der Wahlkampf verlief – wie auch auf Bundesebene – weitgehend ruhig. Zu den
       wichtigsten Themen zählten die Wohnungsnot und die immensen
       Immobilienpreise. Österreichweit sind diese in Vorarlberg mit am höchsten.
       Wichtige Themen waren zudem der Bau der umstrittenen Bodensee-Schnellstraße
       (S18), den Wallner vehement einforderte. Die Grünen lehnen diesen auch auf
       Bundesebene ab. Der Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs war
       wiederum Kernforderung der Grünen.
       
       Klar ist: Die Stoßrichtung nach rechtsaußen hat nun auch jenes Bundesland
       erreicht, das unter anderem wegen vieler Pendler nach Deutschland und in
       die Schweiz als liberal und weltoffen gilt. Die FPÖ konnte dazugewinnen,
       obwohl die wirtschaftliche Lage in Vorarlberg vergleichsweise gut ist. Die
       exportorientierte Industrie ist erfolgreich, die Durchschnittseinkommen
       sind hoch, die Arbeitslosigkeit vergleichsweise niedrig.
       
       Der FPÖ könnte das Ergebnis [2][Rückenwind in den Koalitionsverhandlungen
       auf Bundesebene] verleihen. Zwar haben fast alle Parteien, insbesondere die
       SPÖ, eine Koalition mit der FPÖ ausgeschlossen. Die ÖVP war aber weniger
       kategorisch. Nur eine Zusammenarbeit mit FPÖ-Chef Herbert Kickl schloss die
       Partei aus. Der aber will an der Spitze bleiben. Abzuwarten bleibt also, ob
       alle bei ihrem Wort bleiben.
       
       Weitere Erfolge dürfte die FPÖ in den kommenden Landtagswahlen in der
       Steiermark und dem Burgenland feiern. Von überregionaler Bedeutung und
       durchaus möglich wäre ein FPÖ-Sieg in der Steiermark, die bisher
       abwechselnd von SPÖ und ÖVP regiert wurde. Die Steiermark wäre nach Kärnten
       dann das zweite Bundesland unter einer FPÖ-Führung.
       
       In Oberösterreich, Niederösterreich und Salzburg sitzt die rechtsradikale
       Partei bereits als Juniorpartner in den Landesregierungen. Durchaus
       wahrscheinlich ist dies nun auch in Vorarlberg. [3][Es besteht kein
       Zweifel: Österreich färbt sich zunehmend blau.]
       
       13 Oct 2024
       
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