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       # taz.de -- Unterstützung für Parteiverbot: Wer hasst die AfD?
       
       > Ganz Berlin? Nein, nur ein Teil der Abgeordneten befürwortet ein
       > Verbotsverfahren. Mehr Gegenwind kriegen die Rechtsextremen von der
       > Straße.
       
   IMG Bild: Janz weit draußen: Protest gegen den Landesparteitag der Berliner AfD im brandenburgischen Jüterbog
       
       Berlin taz | Es war ein deutliches Signal: Für die AfD ist in Berlin kein
       Platz. Der Berliner AfD-Landesverband musste seinen Parteitag am Wochenende
       in Jüterbog im Süden Brandenburgs abhalten, weil in Berlin niemand der
       rechtsextremen Partei seine Räume überlassen wollte – wohl auch aus Furcht
       vor [1][Protesten].
       
       Bereits in den vergangenen Jahren waren Parteitage der Berliner AfD wegen
       Demonstrationen immer wieder verschoben und [2][2021 auch schon einmal nach
       Brandenburg verlegt worden]. Doch selbst in Jüterbog konnten die Berliner
       AfD-Mitglieder am Samstag nicht ungestört tagen. Auch hier gab es Proteste,
       zu denen ein Bündnis gegen Rechts aufgerufen hatte. Bis zu 600 Menschen
       hätten sich der Demo vor der städtischen Wiesenhalle angeschlossen, hieß es
       später, darunter viele Antifaschist*innen aus Berlin.
       
       So viel Gegenwind wie von der Straße weht der AfD aus der Berliner Politik
       bislang noch nicht entgegen. Die Unterstützung für ein AfD-Verbotsverfahren
       wächst – wenn überhaupt – nur schleppend unter den Berliner
       Bundestagsabgeordneten, wie eine aktuelle taz-Umfrage zeigt. Ob es am Ende
       für eine Mehrheit im Plenum reicht, ist weiterhin ungewiss.
       
       Die Debatte über ein AfD-Verbotsverfahren beim Bundesverfassungsgericht
       hatte nach den Wahlerfolgen der Partei in Thüringen, Sachsen und
       Brandenburg wieder an Fahrt aufgenommen. Womöglich noch im Oktober,
       spätestens aber im November will eine Gruppe von Bundestagsabgeordneten von
       CDU, SPD, Grünen und Linken [3][einen gemeinsamen Antrag für ein
       Parteiverbotsverfahren in das Parlament einbringen]. Die dafür nötigen 37
       Stimmen gelten als sicher. Bereits in dieser Woche ist der Antrag Thema in
       den Fraktionen.
       
       ## Haltungen gehen weit auseinander
       
       Doch ob das Verbotsverfahren dann auch wirklich kommt, ist ungewiss. Um den
       Antrag zu beschließen und dem Bundesverfassungsgericht zu übergeben, ist
       eine einfache Mehrheit im Bundestag nötig. Und die ist bislang eher nicht
       in Sicht, auch wenn der Zuspruch für das Verbotsverfahren seit Anfang des
       Jahres wohl insgesamt allmählich wächst. Gänzlich abgelehnt wird der Antrag
       bei BSW, CSU – beide ohne Berliner Abgeordnete – und natürlich der AfD.
       
       Die Haltungen der 22 weiteren Berliner Bundestagsabgeordneten gehen
       deutlich auseinander. So ist von der FDP ebenfalls keine Zustimmung zu
       erwarten. Die Berliner Abgeordnete Daniela Kluckert etwa erklärte gegenüber
       der taz, die AfD sei zwar eine „reaktionäre Partei, in der Rechtsextreme
       den demokratie- und menschenfeindlichen Ton angeben“, jedoch sei ein
       AfD-Verbot „nicht nur rechtlich problematisch, sondern auch keine Lösung
       für die Probleme dahinter.“
       
       Auch aus der Berliner CDU kommt kein Rückenwind für den Verbotsantrag –
       dabei ist die treibende Kraft dahinter ein Parteifreund, [4][der sächsische
       Abgeordnete Marco Wanderwitz, der sechs weitere CDU-Kolleg*innen um sich
       scharen konnte]. Der Berliner CDU-Rechtspolitiker Jan-Marco Luczak sagte
       der taz, er halte ein Verbotsverfahren für falsch: „Die
       verfassungsrechtlichen Hürden für ein Verbot sind hoch, es ersetzt aber vor
       allem nicht die politische Auseinandersetzung. Ein jahrelang schwebendes
       Verfahren wäre ein Konjunkturprogramm für die AfD.“
       
       Ähnlich äußerten sich Ottilie Klein, Generalsekretärin der Berliner CDU und
       Mitglied des Bundestages sowie Monika Grütters, die ehemalige
       Kulturstaatsministerin. Dem Vernehmen nach sind auch die beiden weiteren
       Berliner CDU-Abgeordneten Mario Czaja und Thomas Heilmann gegen den Antrag.
       
       ## Unterstützung wächst zögerlich
       
       Mehr Zuspruch erhält CDU-Mann Wanderwitz hingegen von SPD, Linken und
       Grünen. Bereits im Januar [5][hatten sechs Berliner Abgeordnete dieser
       Parteien in der taz ihre Unterstützung für einen Verbotsantrag öffentlich
       gemacht]. Davon übrig sind noch vier: Canan Bayram (Grüne), Gesine Lötzsch
       (Linke), Hakan Demir und Annika Klose (beide SPD). Klose und Bayram
       bekräftigten am Montag erneut ihre Unterstützung für den Antrag: „Klar ist,
       dass die AfD verboten gehört“, sagte Bayram.
       
       Zwei Unterstützer*innen waren im Februar infolge der Teilwiederholung
       der Bundestagswahl aus dem Parlament ausgeschieden. Dafür haben sich aber
       offenbar einzelne Abgeordnete in der Zwischenzeit von den Argumenten der
       Befürworter*innen überzeugen lassen.
       
       Der Berliner Grünen-Bundestagsabgeordnete Stefan Gelbhaar erklärte am
       Montag, er werde einen Antrag unterstützen. Zugleich stellte er klar, „dass
       das Verbot einer Partei allein nicht ausreicht, um extremistische und
       verfassungsfeindliche Umtriebe auszuschließen.“ Auch die Grünen-Politikerin
       Renate Künast zeigte sich grundsätzlich als Befürworterin eines
       Verbotsverfahrens, räumte aber ein, sie habe „juristische Fragen“ zum
       Antrag der Wanderwitz-Gruppe.
       
       Mehrere Linken-Abgeordnete sind unterdessen noch unentschlossen. Gregor
       Gysi etwa schreibt auf der Plattform Abgeordnetenwatch, er werde den
       fraktionsübergreifenden Antrag zwar nicht unterzeichnen, falls er aber zur
       Abstimmung komme, werde er dafür stimmen. Petra Pau, auch
       Bundestagsvizepräsidentin, will sich noch nicht positionieren.
       
       ## Senatsinnenverwaltung sieht keinen Handlungsbedarf
       
       Es bleibt also unklar, ob der Bundestag schon bald ein
       Parteiverbotsverfahren beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe
       beantragen wird. Deshalb kursieren auch andere Vorschläge, wie man die Zeit
       nutzen könnte, bis es womöglich eine parlamentarische Mehrheit gibt.
       
       Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge etwa forderte vergangene Woche von
       den Innen- und Justizminister*innen der Länder, „endlich“ eine
       Beweissammlung zu erstellen, auf deren Grundlage der Bundestag eine
       „fundierte Entscheidung“ über einen Verbotsantrag treffen könne.
       
       Die Berliner Senatsinnenverwaltung sieht vorerst allerdings keinen
       Handlungsbedarf. Innenstaatssekretär Christian Hochgrebe (SPD) erklärte am
       Montagvormittag im Innenausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses, es
       bedürfe „keiner gesonderten Aufforderung“, denn es sei eine
       „Selbstverständlichkeit, dass die Sicherheitsbehörden laufend prüfen, ob
       die Voraussetzungen für Partei- oder Vereinsverbote vorliegen.“
       
       14 Oct 2024
       
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