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       # taz.de -- Marathon-Weltrekord: Ein Quantensprung von zwei Minuten
       
       > Die Kenianerin Ruth Chepngetich hat in Chicago den Marathonweltrekord
       > gebrochen. Sie unterbot den vorigen Rekord von Tigist Assefa um zwei
       > Minuten.
       
   IMG Bild: Neuer Weltrekord: Die Kenianerin Ruth Chepngetich ist die schnellste Frau der Welt
       
       Um das schier Unbegreifliche begreifbar zu machen, verließen die Vergleiche
       schnell den irdischen Bereich. „Es ist fast so, als würde man jemanden auf
       dem Mond landen sehen“, staunte die ehemalige Langstreckenläuferin und
       NBC-Kommentatorin Carrie Tollefson über den Weltrekordlauf von Ruth
       Chepngetich beim Chicago-Marathon. Die 30-jährige Kenianerin überquerte am
       Sonntag nach 2:09:56 Stunden die Ziellinie und unterbot die bis dahin
       bestehende Bestzeit der Äthiopierin Tigist Assefa gleich um knapp zwei
       Minuten. Ein Quantensprung in der [1][Geschichte des Marathons].
       
       Unglaublich war dieser vor allem, weil bereits Assefa [2][vor einem Jahr
       beim Berlin Marathon] attestiert wurde, einen Quantensprung vollbracht zu
       haben. Sie war damals etwas mehr als zwei Minuten schneller als die
       vorherige Weltrekordlerin. Eine derartige Steigerung hatte es zuvor 40
       Jahre lang bei den Frauen nicht gegeben. Nun ist der Weltrekord binnen
       eines guten Jahres um mehr als vier Minuten heruntergeschraubt worden.
       
       Angegangen war Chepngetich den Lauf in einem höllischen Tempo. Die Hälfte
       der Distanz bewältigte sie in 64:14 Minuten. Hätte sie zu dem Zeitpunkt
       aufgehört, wäre sie bereits die fünftschnellste Zeit gelaufen, die jemals
       bei einem Halbmarathon der Frauen notiert gewesen wäre. Und die 48
       Kilogramm leichte und 1,65 Meter große Läuferin ließ auf der zweiten Hälfte
       nur wenig nach.
       
       Wie ist das nur möglich? „Das war mein Traum, und der ist wahr geworden“,
       sagte Chepngetich. Die äußeren Wetterbedingungen, der Stadtkurs in Chicago
       und die formidablen Tempomacher begünstigten erst einen Lauf im
       Weltrekordbereich. Und auf der Suche nach Ursachen für diese
       Leistungsexplosion wurde auch wieder die rasante Entwicklung in der
       Schuhtechnologie angeführt. Die mittlerweile verbauten Carbonplatten lassen
       die Läuferinnen und Läufer, heißt es, wie von einer Sprungfeder getrieben
       nach vorne schnellen. Aber diesen Vorteil hatte Ruth Chepngetich nicht
       exklusiv.
       
       ## Läuferin der Extreme
       
       Persönlich angetrieben war sie indes davon, der kenianischen Läuferlegende
       Kelvin Kiptum ihre Ehrerbietung zu erweisen. Vergangenes Jahr lief er noch
       Weltrekord in Chicago und kam im Februar bei einem Autounfall ums Leben.
       Chepngetich widmete ihren Wunderlauf Kiptum.
       
       Doch eine Frage blieb Chepngetich nicht erspart. Was sie denn Skeptikern
       entgegnen würde, die sich eine solche Leistung nur mit Doping erklären
       könnten, wollte ein Journalist wissen. Die Kenianerin antwortete zögerlich:
       „Sie wissen, dass die Leute reden müssen, … also ich weiß es nicht.“
       
       Dieses Redebedürfnis hat in diesem Fall jedoch einige konkrete
       Bezugspunkte. In den vergangenen drei Jahren wurden 78 [3][kenianische
       Athleten wegen Dopings] gesperrt. Und Federico Rosa, der Manager von
       Chepngetich, betreute auch die kenianischen Marathonläuferinnen Rita Jeptoo
       Sitienei und Jemima Jelagat Sumgong, die beide des Dopings mit Epo
       überführt wurden.
       
       Chepngetich selbst aber wurde nie Manipulation nachgewiesen. Ihren bis
       Sonntag größten Erfolg hat Chepngetich kurioserweise mit der langsamsten
       Siegeszeit der WM-Geschichte erzielt. Bei der Weltmeisterschaft 2019 in
       Katar musste der Marathon wegen der großen Hitze um Mitternacht gestartet
       werden. Nur 40 der 68 Teilnehmerinnen kamen damals bei extremer
       Luftfeuchtigkeit ins Ziel. Weltmeisterin in dem grotesken Rennen wurde nach
       2:32:43 Stunden Ruth Chepngetich. Sie ist ohne jeden Zweifel eine Läuferin
       der Extreme.
       
       14 Oct 2024
       
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