# taz.de -- Prominenter Drehort soll verschwinden: Soul-Kitchen-Halle droht Abriss
> Der Drehort des gleichnamigen Films in Hamburg hat keine Zukunft mehr.
> Initiative kritisiert, dass der Senat die Offkultur ausbremst.
IMG Bild: Schon weit über zehn Jahren gesperrt: Die marode Soulkitchen-Halle in Hamburg-Wilhelmsburg
Hamburg taz | Die Halle, in der [1][Fatih Akins Komödie Soul Kitchen
gedreht] wurde, soll abgerissen werden. Wie aus einer Mitteilung des
rot-grünen Senats an die Hamburgische Bürgerschaft hervorgeht, ist die seit
Anfang 2013 geschlossene Halle einsturzgefährdet. Dass der Senat nicht nur
die Halle, sondern das komplette Grundstück einer kulturellen Nutzung
verweigere und ansässige Betriebe vertreiben wolle, sei im Viertel mit
Fassungslosigkeit und Wut zur Kenntnis genommen worden, schreibt die
Initiative Kulturkanal aus dem Stadtteil Wilhelmsburg.
Das Areal, auf dem die Halle steht, grenzt an einen Offkultur-Schwerpunkt.
Nördlich davon liegt das traditionsreiche Stadtteilkulturzentrum
Honigfabrik, auf der gegenüberliegenden Seite des angrenzenden Veringkanals
das erst gut zehn Jahre alte Kreativzentrum Zinnwerke. Dazu kommen kleine
Gastronomiebetriebe und Ateliers.
Der Senat will den zum Teil schon recht malerischen Kanal mit einer
Grünverbindung am Ufer, Schilfzonen und schwimmenden Inseln aufwerten. Er
„begrüßt“ die Entwicklung der Zinnwerke zu einem Kreativquartier, lässt
aber offen, wie die ehemalige Fabrik saniert werden soll. Weitere
Grundstücke am Kanal will die städtische Immobilienfirma Sprinkenhof jedoch
räumen, einschließlich des Soul-Kitchen-Grundstücks.
Die Initiative Kulturkanal kritisiert, dass die Soul-Kitchen-Halle noch
hätte gerettet werden können, als sie „[2][2013 mitten in einem
funktionierenden Kulturbetrieb geschlossen] wurde“. Doch der Senat habe
sich für „eine andere Variante entschieden: so lange absperren, verfallen
lassen und Initiativen ignorieren, bis man sagen kann: muss abgerissen
werden“.
## Umgang „sensibel gehandhabt“
Norbert Hackbusch, Bürgerschaftsabgeordneter der Linken, ätzt: „Und wieder
fügt der Senat dem Buch 'Abrissstadt Hamburg’ ein Kapitel hinzu.“ Gegenüber
vielen Kulturaktivisten sei das ein Affront und für die Kulturpolitik ein
Armutszeugnis.
Der Senat konzediert der Halle zwar einen „symbolischen Stellenwert“ durch
den Film, weshalb der Umgang damit „sensibel gehandhabt“ worden sei. Einem
Gutachten vom Juli 2022 zufolge sei jedoch das Dach zum Teil eingestürzt –
was auch zu sehen ist – das Eisenfachwerk sei zum Teil komplett
durchgerostet und das Tragwerk nur noch zu 25 bis 30 Prozent belastbar. Für
die planmäßig vorgesehene Nutzung des Grundstücks als Industriefläche sei
sie ein Hindernis.
Im Rahmen des „sensiblen Umgangs“ hatte der Senat sogar einst erwogen, die
Halle zu versetzen, was aber 1,6 Millionen Euro gekostet hätte. Die Idee,
einen Teil des Fachwerks aus- und in einen Neubau einzubauen, sei mangels
eines geeigneten Projekts nicht weiterverfolgt worden. Zudem sei die
Uferbefestigung des Kanals stark beschädigt, im Untergrund lägen
möglicherweise Weltkriegsbomben und die Erde sei mit Schwermetallen und
Polyzyklischen Aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) vergiftet.
## Stadt plant „plangerechte Vermarktung“
Die Initiative Kulturkanal begrüßt, dass der Senat die [3][Zinnwerke als
kulturellen Ort benennt]. „Aber den vielfältigen kulturellen Beat, der hier
in Wilhelmsburg pocht, aus der Ferne in diesen einen Raum zu denken, wird
nicht funktionieren“, warnt die Initiative. Bis zur Einzäunung 2022 habe
der Kulturkanal die Fläche regelmäßig [4][inoffiziell – aber geduldet – für
Veranstaltungen genutzt. So etwas weiter zu erlauben], sei allein eine
Frage des politischen Willens.
Der Senat will die Fläche „einer plangerechten Vermarktung als
Industriegrundstück“ zuführen, wobei er selbst auf die erwartbar teure
Sanierung des Grundstücks hinweist. Die Initiative Kulturkanal fordert, den
Zaun zu öffnen und notfalls einzelne Gefahrstellen abzusperren. Um der
Forderung nach mehr Raum für Kultur, Kreativität und Leben im dicht
besiedelten Quartier Nachdruck zu verleihen, soll es am Freitag eine
Kundgebung geben.
14 Oct 2024
## LINKS
DIR [1] /Direktorin-ueber-Hamburger-Filmgeschichte/!5823047
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DIR [3] https://zinnwerke.de/
DIR [4] /Kulturort-in-Hamburg-Wilhelmsburg/!5590067
## AUTOREN
DIR Gernot Knödler
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