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       # taz.de -- DFB-Elf siegt gegen Niederlande: Es ist die Gier!
       
       > Eine junge DFB-Nationalmannschaft schlug beim Nations-League-Spiel am
       > Montag die Niederlande. Nicht nur Trainer Julian Nagelsmann ist
       > begeistert.
       
   IMG Bild: Sie feiert wieder Siege: die DFB-Nationalmannschaft der Männer am Montag nach ihrem Sieg gegen die Niederlande
       
       München taz | Was ist da nur geschehen mit der deutschen
       Fußballnationalmannschaft der Männer? Vor gut einem Jahr hat Julian
       Nagelsmann sein Amt als Bundestrainer angetreten. Es war eine finstere Zeit
       im deutschen Auswahlfußball. Im DFB machte man sich nach zwei
       hundsmiserablen WM-Auftritten 2018 und 2022, nach einer nicht viel besseren
       EM 2021 Gedanken darüber, wie man überhaupt noch Menschen für das Team
       interessieren kann.
       
       [1][Zwölf Monate und eine Heim-EM später stellt sich diese Frage nicht
       mehr.] Schon dreieinhalb Stunden vor dem Nations-League-Spiel der
       DFB-Auswahl gegen die Niederlande am Montagabend in München postierten sich
       Fans an den U-Bahn-Ausgängen Richtung Arena und hielten kleine Pappschilder
       in die Höhe. „Suche Tickets“, stand darauf. Sie zieht wieder, die
       Nationalmannschaft. Verrückt!
       
       Und es stimmt ja auch, es ist wirklich sehenswert, was die Mannschaft von
       Nagelsmann da bisweilen auf den Platz bringt. Nach dem 1:0 gegen die
       Niederlande war der Trainer selbst ganz begeistert, vor allem von der
       ersten Halbzeit der seinen. Das sei das Beste gewesen, was die deutsche Elf
       gespielt habe, seit er an der Linie steht. Das Gegenpressing war intensiv
       und erfolgreich, es gab viele frühe Balleroberungen, die Niederländer, die
       sich einer giftigen Mann-gegen-Mann-Verteidigung gegenübersahen, hatten
       nicht den Hauch einer Torchance, während sich die Deutschen ein ums andere
       Mal bis vor das Tor von Bart Verbruggen durcharbeiten konnten.
       
       Warum das Spiel so gut funktioniert hat, obwohl da eine Mannschaft gewirkt
       hat, die zuvor noch nie gemeinsam aufgetreten ist und die wahrscheinlich so
       auch nie mehr zusammenspielen wird, war eine der großen Fragen des Abends.
       Jamie Leweling hat in seinem ersten Länderspiel gleich zwei Tore
       geschossen, von denen das eine merkwürdigerweise wegen einer von den
       Videoschiedsrichtern gesehenen Abseitsstellung nicht in die Wertung
       eingeflossen ist. Auch sonst hat sich der Stuttgarter als ballsichere
       Anspielstation hervorgetan. Torhüter Oliver Baumann, auch er ein Debütant,
       durfte kurz vor Ende der Partie eine veritable Glanzparade zeigen und war
       zuvor im Spielaufbau fehlerfrei geblieben. Und die jungen Kerle Angelo
       Stiller (23) und Aleksandar Pavlovic (20) gaben die Doppelsechs der
       Zukunft.
       
       ## Perfekter hätte es nicht sein können
       
       Da hat viel funktioniert. In der ersten Hälfte sowieso, aber auch in der
       zweiten, in der die Niederländer nach einer Systemumstellung nicht mehr so
       leicht anzulaufen waren. Nach dem Führungstreffer in der 64. Minute zogen
       sich die Deutschen gar zurück und verlegten sich aufs Verteidigen und
       Kontern. Und siehe da! Auch das hat gut geklappt. „Perfekter hätte der Tag
       nicht sein können“, meinte Nagelsmann dazu nur. Etliche Fans müssen das
       genauso gesehen haben. „Die Nummer eins der Welt sind wir“, sangen sie, als
       hätten die Deutschen mit einem Gruppenspielsieg in einem Wettbewerb namens
       Nations League, der auch in seiner vierten Auflage die Herzen des
       Kontinents gewiss noch nicht erreicht hat, die Fußballwelt erobert.
       
       Julian Nagelsmann hatte da so eine Idee, warum die DFB-Elf plötzlich so
       zündet. „Gier“ hatte er bei den Spielern festgestellt, wie er nach dem
       Spiel auf der Pressekonferenz sagte. Gier? War das nicht das Wort, das
       Jürgen Klopp, [2][bis vergangenen Mittwoch Deutschlands liebster
       Fußballmensch], immer benutzt hat, um die Erfolge seiner Dortmunder
       Meisterschaften zu erklären?
       
       Die Dortmunder sind für ihre Gier geliebt worden. „Ich hatte nie den
       Eindruck, dass wir ein Nationalmannschaftsspiel sehen und die Jungs haben
       keine Lust zu gewinnen“, so Nagelsmann. Und auch Kapitän Joshua Kimmich
       stellte heraus, dass alle „ihr Herz auf dem Platz gelassen“ hätten.
       
       Aber woher kommt die Gier in einer Truppe, die einen Haufen ihrer Besten
       gerade verloren hat? Vor dem Spiel wurden [3][Thomas Müller, Ilkay
       Gündogan, Manuel Neuer und Toni Kroos (in Abwesenheit) feierlich aus der
       Nationalmannschaft verabschiedet.] Der Kampf um ihre Nachfolge, um feste
       Plätze im Team läuft auf Hochtouren.
       
       Ein Leweling, der gar nicht nominiert worden wäre, wenn Jamal Musiala für
       das Länderspielfenster nicht verletzungsbedingt abgesagt hätte, der nie und
       nimmer in der Startelf gestanden hätte, wenn Deniz Undav fit gewesen wäre,
       muss schon einiges liefern, um überhaupt noch einmal berufen zu werden. Hat
       er.
       
       Stiller und Pavlovic haben alles dafür getan, dass heute die Frage im Raum
       steht, ob sie vielleicht sogar besser sind als die erfahrene Doppelsechs
       mit Robert Andrich und Pascal Groß. Fast alle im Team haben Konkurrenz.
       Vielleicht ist es das.
       
       15 Oct 2024
       
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