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       # taz.de -- Die Wahrheit: Mille Grazie, Moto Guzzi
       
       > Der älteste Motorradhersteller der Welt produziert einen der letzten
       > übriggebliebenen italienischen Klassiker der zweirädrigen Fortbewegung.
       
       Die Italiener haben nicht nur den Faschismus erfunden, sondern auch die
       Schönheit. Die Rede sei hier nicht von Raffael oder Tizian, Barilla oder
       Lavazza, sondern von Motorrädern.
       
       Mag sein, dass Gucci, Armani, Prada oder Versace die Welt und Ferrari oder
       Lamborghini die Herzen arabischer Scheichs erobert haben. Fast vergessen
       hingegen sind Motorradmarken, deren Namen schon einen Klang haben wie die
       silbernen Glocken der Sacra Corona Unita in Lecce, Apulien. Die Rede sei
       von Aermacchi, Bianchi, Bimota, Cagiva, Garelli, Gilera, Laverda, Mondial,
       Moto Morini, Malaguti oder Benelli, die seinerzeit das erste
       Sechszylindermotorrad bauten – mit dem sprechenden Modellnamen „Sei“.
       
       Übrig von dieser Glorie sind nur noch Ducati, MV Agusta und Moto Guzzi.
       Wobei MV Agusta inzwischen mehrheitlich Österreichern gehört und Ducati zu
       100 Prozent Volkswagen. Bleibt nur Moto Guzzi, der älteste
       Motorradhersteller der Welt. Wer einwendet, Harley-Davidson sei älter,
       gehört zu den Hells Angels oder Bandidos und zu 100 Prozent in den Knast.
       
       Guzzi, wie Freunde der Marke sagen, war in der Vergangenheit ebenfalls im
       Besitz windiger Geschäftsleute, kolumbianischer Kokainhändler und
       kalifornischer Pornodarsteller, ist inzwischen aber ein Teil von Piaggio –
       wie Aprilia, die gibt es schließlich auch noch. Mit jedem Kauf einer Vespa
       unterstützen Sie also Moto Guzzi!
       
       Gegründet wurde die italienischste aller italienischen Marken 1921 von den
       Gebrüdern Carlo und Carlito Guzzi, zwei Luftwaffenpiloten, und dem Dichter
       Gabriele d’Annunzio. Frühe Modelle trugen so bezaubernde Namen wie
       „Wiedehopf“, „Zaunkönig“ oder „Grasmücke“ – nur eben auf Italienisch, was
       gleich viel besser klingt.
       
       Wenige wissen, dass Benito Mussolini 1922 bei seinem „Marsch auf Rom“
       streckenweise ein frühes Moto-Guzzi-Modell namens „Küken“ gefahren ist. Im
       Zweiten Weltkrieg baute Moto Guzzi den kettengetriebenen Motorradpanzer
       „Wachtel“. Noch drängt jede Moto Guzzi, wenn man im Leerlauf am Gasgriff
       dreht, nach rechts. Angeblich „bauartbedingt“, wie man im Werk am Comer See
       behauptet.
       
       Nach dem Krieg verlegte Guzzi sich auf zivile Modelle wie „California“,
       „Lüneburger Heide“ oder „Walachei“. In „La Strada“ von Federico Fellini
       spielt eine Moto Guzzi die Hauptrolle, überzeugend vor allem in Schräglage.
       Von seinem Honorar für „Der Name der Rose“ soll sich Umberto Eco eine Moto
       Guzzi gekauft haben. Das Verlagshaus Feltrinelli unterhielt sogar eine
       ganze Flotte der einzigen Motorradmarke, die es in einen Song von Udo
       Lindenberg geschafft hat: „Das einzig Starke an dir ist deine Moto Guzzi. /
       Aber sonst bist du ja so ein Fuzzy.“
       
       Neben dem Eingang zur Frankfurter Buchmesse steht diese Woche eine Moto
       Guzzi, offizielles Gastmotorrad 2024, und die gehört mir. Bitte nicht über
       die Ölflecken wundern. Eine Moto Guzzi sifft nicht. Sie markiert nur ihr
       Revier.
       
       16 Oct 2024
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Arno Frank
       
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