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       # taz.de -- Vorfälle auf Palästina-Demos: Sozialarbeiter kritisieren Polizeigewalt gegen Jugendliche
       
       > Beschäftigte aus Neuköllner Jugendeinrichtungen haben Erfahrungsberichte
       > zu Polizeigewalt gesammelt. Am Donnerstag diskutiert der
       > Jugendhilfeausschuss.
       
   IMG Bild: Festnahme am Rande einer propalästinensischen Demonstration in Berlin am 6. Oktober 2024
       
       Berlin taz | Ein Satz ist dem Sozialarbeiter Osman Tekin besonders in
       Erinnerung geblieben: „Warum hasst die Polizei uns so sehr?“, habe ihn ein
       Jugendlicher gefragt, der regelmäßig auf propalästinensische
       Demonstrationen geht.
       
       Osman Tekin leitet die Jugendfreizeiteinrichtung „Manege“ auf dem Campus
       Rütli in Neukölln und ist Sprecher der AG 78, der bezirklichen Vertretung
       der freien Träger und öffentlichen Einrichtungen der Jugendhilfe. Viele der
       Kinder und Jugendlichen, die er und seine Kolleg*innen betreuen, hätten
       einen palästinensischen Hintergrund, berichtet Tekin. Einige hätten in den
       vergangenen Monaten Familienangehörige verloren, in [1][Gaza] und im
       Westjordanland – und beteiligten sich an den Protesten in Berlin.
       
       „Die Jugendlichen gehen auf die Straße, damit der Krieg aufhört, sie sagen
       mir, sie wollen nicht, dass noch mehr Menschen sterben – auf beiden
       Seiten“, erzählt der Sozialarbeiter. Doch die [2][Polizei gehe immer wieder
       hart gegen die Demonstrierenden vor]: „Viele Jugendliche haben schon
       Polizeigewalt erlebt.“
       
       Gemeinsam mit anderen Neuköllner Jugendsozialarbeiter*innen hat
       Tekin deshalb in den vergangenen Monaten die [3][Erfahrungen von Kindern
       und Jugendlichen auf Palästina-Demos] dokumentiert. Die Tonaufnahmen und
       Videos, die dabei entstanden sind, werden am Donnerstagabend dem Neuköllner
       Jugendhilfeausschuss vorgelegt. Außerdem bringt die AG 78 ein
       Positionspapier zum Thema Polizeigewalt gegen Kinder und Jugendliche in den
       Ausschuss ein.
       
       ## „Ein starkes Zeichen nach außen“
       
       „Das ist kein alltäglicher Vorgang“, sagt die Vorsitzende des
       Jugendhilfeausschusses, Beate Bruker, mit Blick auf die Dokumentation und
       das Papier der AG 78. „Unser Ziel ist, dass wir uns in nächster Zeit
       gemeinsam positionieren. Das wäre ein starkes Zeichen nach außen, das eine
       öffentliche Diskussion anregen kann“, so die Grünen-Bezirkspolitikerin zur
       taz.
       
       Seit dem Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 und dem seitdem
       andauernden Krieg in Gaza finden in Berlin regelmäßig Demonstrationen zur
       Situation im Nahen Osten statt. Mehr als 900 Versammlungen wurden in den
       vergangenen zwölf Monaten bei der zuständigen Polizeibehörde angemeldet.
       
       Davon hat die Polizei rund 500 als „propalästinensisch“ eingestuft und mehr
       als 20 verboten. Bei den Demonstrationen [4][kommt es regelmäßig zu
       Ausschreitungen], strafbare Parolen werden skandiert, immer wieder gibt es
       verletzte Teilnehmer*innen und Polizist*innen sowie zahlreiche
       Festnahmen.
       
       „Uns und den Jugendlichen ist völlig klar: Auch das Verhalten einzelner
       Teilnehmer gegenüber der Polizei ist manchmal problematisch“, sagt Osman
       Tekin. Das zeigten auch Videos, die er mit den Jugendlichen ausgewertet
       habe. Doch das Anliegen der allermeisten Teilnehmenden sei, [5][friedlich
       und aus Betroffenheit auf die Straße] zu gehen.
       
       ## Ruf nach Schutzkonzept
       
       Bereits im Juni hatten Tekin und seine Kolleg*innen eine Stellungnahme
       zu dem Thema verfasst. In dem Dokument, das der taz vorliegt, heißt es:
       „Kinder und Jugendliche haben Angst vor der Polizei und Angst vor Gewalt.“
       Die Betroffenen würden erleben, dass Polizist*innen, die Gewalt ausüben,
       keine Konsequenzen zu fürchten haben.
       
       „Wir sind verpflichtet, auf diese Missstände hinzuweisen und gegen
       Polizeigewalt vorzugehen“, schreiben die Verfasser*innen. Sie fordern unter
       anderem ein Schutzkonzept der Polizei zum Umgang mit Minderjährigen, „damit
       keine weiteren Kinder und Jugendlichen durch die Polizei Berlin zu Schaden
       kommen“.
       
       16 Oct 2024
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Hanno Fleckenstein
       
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