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       # taz.de -- Konflikt um UN-Truppen im Libanon: Macron provoziert Netanjahu
       
       > Im Streit um die Rolle der UN-Truppen im Libanon will Emmanuel Macron an
       > Einfluss gewinnen. Damit befeuert er den Konflikt mit Benjamin Netanjahu.
       
   IMG Bild: Präsident Macron und Ministerpräsident Netanjahu bei einer Pressekonferenz
       
       Paris taz | „Frankreich zählte zu den ersten Ländern, die mit dem Staat
       Israel diplomatische Beziehungen aufgenommen hatten.“ Der französische
       Außenminister Jean-Noël Barrot bemüht mit diesem Hinweis die Geschichte der
       bilateralen Beziehungen zwischen Israel und seinem Land, in der Hoffnung,
       so die Wellen des in den Medien ausgetragenen Streits zwischen Emmanuel
       Macron und Benjamin Netanjahu glätten zu können. Zum zweiten Mal innerhalb
       weniger Tage hatte der israelische Regierungschef sehr empört auf Macrons
       Äußerungen reagiert und sich jede Einmischung oder Belehrung verbeten.
       
       Der französische Staatspräsident befürchtet eine Eskalation des Kriegs im
       Libanon und vor allem, dass die [1][Blauhelme der UN-Friedensmission] – in
       der Frankreich ein beachtliches Kontingent stellt – erneut von israelischen
       Militärs angegriffen werden. Er wünscht ein Ende der israelischen
       Operationen im Libanon und einen Waffenstillstand in Gaza.
       
       Weil Netanjahu nicht im Geringsten auf ihn und andere befreundete
       Staatschefs zu hören gedenkt, möchte er dem israelischen Premier eine
       Geschichtslektion erteilen: „Monsieur Netanjahu sollte nicht vergessen,
       dass sein Land durch eine UNO-Resolution geschaffen wurde.“
       
       Er bezog sich damit auf die Resolution der UNO-Vollversammlung von 1947,
       die Palästinas Zweiteilung und die Bildung Israels vorsah. „Folglich ist es
       nicht der Zeitpunkt, um sich über die UNO-Beschlüsse hinwegzusetzen“,
       führte Macron seine Überlegungen aus.
       
       ## Streit auch mit der jüdischen Gemeinde in Frankreich
       
       Die Worte sprach er zwar „off the record“ im vertraulichen Kreis des
       Ministerrats am letzten Dienstag, doch gerichtet waren sie eindeutig an die
       israelische Staatsführung. Und diese reagierte pikiert: „Nicht dank einer
       UNO-Resolution ist der Staat Israel entstanden, sondern vielmehr dank des
       Unabhängigkeitskriegs und mit dem Blut heroischer Kämpfer, von denen viele
       Überlebende des Holocausts und des Vichy-Regimes in Frankreich waren.“
       
       Wie schon oft schaltete sich auch der Vorsitzende des Repräsentativen Rats
       der Jüdischen Institutionen (CRIF), Yonathan Arfi, zur unverbrüchlichen
       Unterstützung des israelischen Regierungschefs ein. Er bezeichnete Macrons
       Verweis auf die Entstehungsgeschichte als „historischen und politischen
       Fehler“ und als „Unkenntnis der hundertjährigen Geschichte des Zionismus“.
       
       Die Polemik wurde besonders scharf, weil sich Macron [2][schon zu Beginn
       des Monats öffentlich über Israels Kriegspolitik geärgert] und erklärt
       hatte, die westlichen Partner, die Netanjahu vergeblich zu einer
       Zurückhaltung aufgefordert oder eine Feuerpause verlangt hatten, sollten
       „konsequent sein und die Lieferung von Waffen für die Operationen in Gaza
       einstellen“. Er solle sich „schämen“, gab Netanjahu dem französischen
       Präsidenten umgehend zurück.
       
       Auch wenn Macron den Tonfall seiner Kritik mäßigt, ist nicht zu erwarten,
       dass er im Wesentlichen nachgibt. Dass das Wort Frankreichs im Nahen Osten
       nicht mehr viel wiegt, dürfte er indes auch wissen. Im Unterschied zu den
       USA ist Frankreich heute kein unverzichtbarer Partner für Israel.
       
       Dennoch nimmt Macron mit seinen verbalen Vorstößen in Kauf, sich im eigenen
       Land mit einem Großteil der jüdischen Gemeinschaft (die größte in Europa)
       zu verkrachen, die mit Netanjahu solidarisch ist und sich seit dem 7.
       Oktober 2023 [3][im Kampf gegen Antisemitismus alleine gelassen] fühlt.
       Macron wiederum hat den Eindruck, dass seine Versuche, Netanjahu zur Räson
       und an den Verhandlungstisch zu bringen, von den EU-Partnern weder
       verstanden noch gebührend unterstützt werden.
       
       18 Oct 2024
       
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