URI: 
       # taz.de -- Kinoempfehlungen für Berlin: Im Schwarzen Loch
       
       > In den Filmperlen der Woche geht es um die Existenz der Menscheit
       > jenseits der Erde, Hexen im Schwarz-Weiß-Kontrast und ein seltsames
       > Nimmerbiest.
       
   IMG Bild: Zwischen Erde und Weltall: „Interstellar“ (2014)
       
       Zur aktuellen Wiederaufführung gelangt mit Christopher Nolans
       Science-Fiction-Film „Interstellar“ (2014) eine recht nonchalante Mischung
       aus irdischem Endzeitdrama und pseudophilosophischem Weltraumabenteuer.
       Anfangs spielt die Geschichte noch auf der Erde, und die Menschen haben
       nachvollziehbar ernste Probleme: Immer häufiger brechen gewaltige
       Sandstürme über die Bewohner herein, viele Agrarprodukte können nicht mehr
       angebaut werden, der Planet wird absehbar unbewohnbar. In aller Kürze
       entwirft Nolan in einer Reihe von exzellenten Miniaturen eine Welt zwischen
       tatkräftigem Pragmatismus und einer bereits leicht ins Totalitäre lappenden
       Hoffnungslosigkeit offizieller Stellen.
       
       Dann saust die Rakete ins Weltall, mit dem Farmer und Ex-NASA-Piloten
       Cooper (Matthew McConaughey) am Steuer, und schon geht es ums Ganze: große
       ethische Fragen (Evakuierung der gesamten Menschheit vs. Koloniegründung),
       aufgehängt an Überlegungen zur Relativitätstheorie. Wie war das noch mal
       gleich mit der Raum-Zeit-Krümmung in einem Wurmloch? Das alles kann schon
       auch mal unfreiwillig komisch werden – rein ins Schwarze Loch und wieder
       raus hinterm Bücherregal der Tochter –, doch die gut geschriebenen Figuren
       bleiben mit ihren unterschiedlichen menschlichen Problemen immer
       interessant (3.10., 11 Uhr, 22 Uhr, 4.10.-5.10., 22 Uhr, 6.10., 11 Uhr,
       [1][Kant Kino], sowie in diversen Multiplex-Kinos zu verschiedenen Terminen
       und Uhrzeiten).
       
       Filmliebhabern gilt der italienische Regisseur Mario Bava (1914-1980)
       längst nicht mehr nur als Geheimtipp. Denn die Trivialfilme, die der
       ehemalige Kameramann in den 1960er Jahren drehte, weisen im Gegensatz zu
       den Werken zeitgenössischer Kollegen ein großes Maß an visueller
       Gestaltungskraft auf. Die Handlung der Filme ist meist völlig absurd – gern
       erinnere ich mich an „Vampire gegen Herakles“, in dem der antike Muskelheld
       in der Unterwelt einem von Christopher Lee gespieltem Vampir begegnet –
       aber das bekümmerte Bava wenig. Ihm war die mit rotem Licht übergossene
       Pappmaché-Unterwelt wichtiger. Nicht zu Unrecht.
       
       Kaum weniger gut ist Bavas Regiedebüt „Die Stunde, wenn Dracula kommt“ (der
       kommt allerdings nie, der Originaltitel lautet „La maschera del demonio“),
       ein Gruselklassiker in stimmungsvollem Schwarzweiß um eine
       wiederauferstandene Hexe und ihre Nachfahrin (beide verkörpert von Barbara
       Steele). Das [2][Kino Arsenal] zeigt den Film in seiner Reihe „High
       Contrast“ als ein herausragendes Beispiel für das Spiel mit dem
       Hell-Dunkel-Effekt (4.10., 17 Uhr, 6.10., 18 Uhr, Kino Arsenal).
       
       Der Filmtitel ist ein harmloser Etikettenschwindel: Nicht die dem
       Peter-Pan-Universum entstammende Fee Tinkerbell ist die Hauptfigur des
       Animationsabenteuers „Tinkerbell und die Legende vom Nimmerbiest“ (2015),
       sondern ihre Kollegin Emily. Zum Aufgabenbereich der Tierfee gehört es, für
       jedes Lebewesen der Fauna eine Menge Sympathie aufzubringen, was etwas
       heikel wird, als sie dem seltsamen Nimmerbiest begegnet, dessen Absichten
       lange im Unklaren bleiben.
       
       Das zu erwartende Publikum der Disney-Filmreihe mit den vielen fliegenden
       Barbiepuppen ist zweifellos etwas eingeschränkt, doch auch 5- bis
       10-jährige Mädchen müssen im Kino schließlich mal zu ihrem Recht kommen.
       Und im Rahmen dieser Vorgabe lässt sich der Film als ein ansprechend
       dramatisches Fantasyabenteuer sehen, bei dem sich die Zielgruppe garantiert
       gut amüsiert (3.10., 5.10.-6.10., 11.30 Uhr, [3][CinemaxX Potsdamer
       Platz]).
       
       3 Oct 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.yorck.de/kinos/kant-kino
   DIR [2] https://www.arsenal-berlin.de/kino/filmreihe/magical-history-tour-high-contrast-variationen-des-chiaroscuro-im-schwarz-weiss-film-2/
   DIR [3] https://www.cinemaxx.de/kinoprogramm/berlin
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Lars Penning
       
       ## TAGS
       
   DIR taz Plan
   DIR Kolumne Frisch gesichtet
   DIR Kino Berlin
   DIR Science-Fiction
   DIR taz Plan
   DIR taz Plan
   DIR taz Plan
   DIR Spielfilm
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Kinoempfehlungen für Berlin: Jenseits goldener Jahre
       
       Krieg und Repression bestimmen die Programme vieler aktueller Filmreihen.
       Auch beim Kurdischen Filmfest liegen einstige Schönheiten oft in Trümmern.
       
   DIR Kinotipp der Woche: Neue Einstellung
       
       Das Arsenal widmet sich mit den 60er Jahren einer experimentierfreudigen
       Phase des japanischen Kinos, in der auch das Samurai-Genre neu erzählt
       wurde.
       
   DIR Filmempfehlungen für Berlin: Für alles bereit
       
       Stunt-Star Jackie Chan darf bei der Martial Arts-Reihe im Babylon natürlich
       nicht fehlen. Das Arsenal Kino zelebriert Licht und Schatten im Film noir.
       
   DIR Französischer Film „Gagarin“ im Kino: Die letzten Tage der Cité Gagarine
       
       Zerstörte Hoffnungen, verlorene Heimat: Der Spielfilm „Gagarin – Einmal
       schwerelos und zurück“ erzählt vom Abriss einer Neubausiedlung bei Paris.