URI: 
       # taz.de -- Strengeres Klimaschutzgesetz für Hamburg: Klimainitiative springt weit über die Hürde
       
       > 106.000 Unterschriften hat die Hamburger Volksinitiative für den
       > geforderten „Zukunftsentscheid“ gesammelt. Damit ist der Weg für eine
       > Abstimmung frei.
       
   IMG Bild: Übergabe beim Landeswahlleiter: 106.000 Unterschriften hat die Hamburger Volksinitiative „Zukunftsentscheid“ gesammelt
       
       Hamburg taz | Der Jubel vor dem Hamburger Rathaus war am Montagmorgen groß:
       „106.374 Unterschriften für ein besseres Klimaschutzgesetz“ prangte auf den
       Plakaten, die Dutzende Unterstützer*innen der Volksinitiative
       „Hamburger Zukunftsentscheid“ in die Höhe hielten. Unter gegenseitigem
       Applaus gaben sie anschließend Kartons [1][voller gesammelter
       Unterschriften] beim Landeswahlamt ab.
       
       Damit endet das Volksbegehren für ein strikteres Hamburger
       Klimaschutzgesetz nach dreiwöchiger Sammelphase erfolgreich: Die aus
       Fridays for Future und dem Naturschutzbund Nabu hervorgegangene Initiative
       kann nun davon ausgehen, dass es zu einem Volksentscheid über die von ihnen
       aufgestellten Forderungen kommt.
       
       „Die letzten Wochen haben wir viel gearbeitet und gebangt, ob wir es
       schaffen“, sagte Lou Töllner, Sprecherin des Hamburger Zukunftsentscheids,
       am Montag. Rund 600 Aktivist*innen waren zum Sammeln der Unterschriften
       in der Stadt unterwegs – und damit deutlich erfolgreicher als nötig: Rund
       66.000 braucht es für ein erfolgreiches Volksbegehren.
       
       Aber um zu zeigen, wie groß ihr Klima-Anliegen in der Gesellschaft ist,
       hatte sich die Volksinitiative 100.000 Unterschriften zum Ziel gesetzt.
       Töllner blickt mit Stolz auf das Ergebnis: „Mit 106.000 Unterschriften
       haben wir das Ziel komplett gesprengt.“ Damit sei es das erfolgreichste
       Volksbegehren der vergangenen zehn Jahre und würde zeigen, wie stark die
       Zustimmung für besseren Klimaschutz sei. Unterstützung erfährt der
       Zukunftsentscheid inzwischen auch von insgesamt 60 Organisationen –
       darunter Vereine wie der FC St. Pauli oder aus dem Kulturbereich wie dem
       Deutschem Schauspielhaus.
       
       ## Weg frei für Volksentscheid
       
       Das nun erfolgte Bürgerbegehren ist der zweite Schritt im Rahmen der
       Hamburger Volksgesetzgebung auf dem Weg zu einem Volksentscheid. Schon den
       ersten Schritt hatte die Initiative erfolgreich geschafft: In der ersten
       Sammelphase waren 23.100 Unterschriften und deutlich mehr als die nötigen
       10.000 gesammelt worden. Wenn der Hamburger Senat nach Prüfung der nun
       abgegeben Listen bestätigt, dass das Quorum erfüllt wurde, steht der Weg zu
       einem Volksentscheid frei.
       
       Dort können die Hamburger Wahlberechtigten dann über die von der Initiative
       vorgelegten Forderungen abstimmen. Im Kern geht es darum, Hamburgs
       bestehendes Klimaschutzgesetz zu verschärfen. Dieses sieht vor, den
       CO2-Ausstoß bis 2030 um 70 Prozent im Vergleich zu 1990 zu reduzieren. Bis
       2045 soll Hamburg klimaneutral sein.
       
       Die Initiative hält dies für unzureichend und fordert, dass die Hansestadt
       bereits bis 2040 klimaneutral wird. „Die großen transformativen Fragen
       dürfen wir nicht in die Zukunft schieben“, betont Töllner. Hamburg liegt im
       Vergleich zu anderen Bundesländern mit der angestrebten Klimaneutralität
       noch zurück: Sieben andere Bundesländer haben sich die geforderte
       Klimaneutralität bis 2040 bereits zum Ziel erklärt.
       
       Noch zentraler ist der Initiative, dass Klimaschutz in Hamburg endlich
       verbindlich werden müsse – durch festgelegte Zwischenziele und ein
       CO2-Budget sollen konkrete Maßnahmen garantiert und notfalls einklagbar
       werden. „Selbst wenn das Gesetz später abgeschwächt wird, hätten wir die
       Möglichkeit, dagegen vorzugehen“, erklärt Töllner.
       
       ## Grüne dafür, SPD dagegen
       
       Für ihre Forderungen hätten die Aktivist*innen beim
       Unterschriftensammeln viel positives Feedback erhalten. Töllner sieht dies
       in den klaren Zielen begründet: „Der Volksentscheid bringt konkrete
       Verbesserungen, hat realistische Ziele und spielt die soziale und
       [2][Klimafrage] nicht gegeneinander aus. Das trifft auf viel Zustimmung.“
       Angetreten seien sie dennoch auch für die Leute, von denen sie keine
       Unterstützung erfahren, um in das Gespräch über Klima zu kommen.
       
       Die Linkspartei bezeichnet das Volksbegehren als großen Erfolg. „Die
       Initiative greift Punkte auf, die auch die Linksfraktion in der Diskussion
       um das Klimaschutzgesetz bemängelt hat: Insbesondere die fehlende
       regelmäßige Überprüfung der Klimaschutzziele verhindert eine notwendige
       zeitnahe Reaktion bei Zielverfehlungen“, sagt Stephan Jersch,
       umweltpolitischer Sprecher der Hamburger Linksfraktion.
       
       Bei der regierenden rot-grünen Bürgerschaftsmehrheit gibt es hingegen
       widersprüchliche Reaktionen: „Dass es im nächsten Jahr in Hamburg sehr
       wahrscheinlich zu einem Volksentscheid über Klimaschutz kommt, ist eine
       spannende Entwicklung und nicht zuletzt auch ein gutes Signal in Zeiten
       häufiger Extremwetterereignisse und neuer Rekordtemperaturen“, sagte
       einerseits die grüne Ko-Fraktionsvorsitzende Jenny Jasberg.
       SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf hingegen sprach sich am Montag erneut
       gegen die Volksinitiative aus: „Es reicht nicht, Sozialverträglichkeit als
       grundsätzliches Ziel zu formulieren, ohne das dann auch mit einem
       entsprechenden Maßnahmenkatalog zu hinterlegen.“
       
       Sollten SPD und Grüne mit den Klimaaktivist*innen nicht noch einen
       Kompromiss aushandeln, kommt es wohl parallel zur Bundestagswahl im Herbst
       2025 zum Zukunftsentscheid. Darauf blickten die Initiator*innen am
       Montag schon zuversichtlich: „Dass wir so viel mehr Unterschriften als
       notwendig sammeln konnten, macht Mut“, sagte Töllner und ergänzte: „Wir
       wären ja auch nicht angetreten, wenn wir nicht denken würden, dass wir das
       gewinnen können.“
       
       21 Oct 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Unterschriftensammeln-fuers-Klima/!6035761
   DIR [2] /Volksinitiative-von-Fridays-for-Future/!5989544
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Franka Ferlemann
       
       ## TAGS
       
   DIR Hamburg
   DIR Schwerpunkt Fridays For Future
   DIR Klimaneutralität
   DIR Volksinitiative
   DIR Rot-Grün Hamburg
   DIR Klima
   DIR Hamburg
   DIR Hamburg
   DIR Hamburg
   DIR Volksentscheid
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Schwerpunkt Klimaproteste
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Streit um Gebäudesanierung: Der goldene Weg zum Klimaschutz
       
       Mieter und Vermieter streiten darüber, ob der Klimaschutz in Hamburg
       beschleunigt werden kann. Derweil empfehlen Experten, die Strategie zu
       wechseln.
       
   DIR Klimaforscher über Zukunftsentscheid: „Es geht um unsere Zivilisation, nicht um den Planeten“
       
       Im Oktober stimmt Hamburg über einen neuen Zeitplan zur Klimaneutralität
       ab. Allerhöchste Zeit, sagt Forscher und Klimabeirat-Mitglied Hans
       Schäfers.
       
   DIR Verschiebung der Bundestagswahl: Das Ampel-Aus macht Volksinitiativen das Leben schwer
       
       Die vorgezogene Bundestagswahl bringt zwei Hamburger Volksinitiativen in
       eine vertrackte Situation. Nun wird es mit einem Erfolg ziemlich schwierig.
       
   DIR Kritik an Hamburger Klimainitiative: Gegner des Klimaentscheids wachen auf
       
       Im kommenden Jahr werden Hamburger*innen wohl über ein schärferes
       Klimagesetz abstimmen. Nun warnt die Wohnungswirtschaft vor steigenden
       Mieten.
       
   DIR Unterschriftensammeln fürs Klima: Im rauen Wind der Straße
       
       Wer vor dem Bahnhof in Hamburg-Altona Unterschriften für den Klimaschutz
       sammelt, lernt Demut. Ein Erfahrungsbericht.
       
   DIR Hamburger Anwältin über Klimaklagen: „Klimaschutz ist einklagbar“
       
       Die Anwältin Roda Verheyen zieht für Klimaschutz vor das
       Bundesverfassungsgericht. Ihrer neusten Klage haben sich fast 50.000
       Menschen angeschlossen.
       
   DIR Volksinitiative von Fridays for Future: Ultraschnell Stimmen gesammelt
       
       Fridays for Future finden Hamburgs Klimaschutzgesetz unzureichend.
       Aktivist:innen sammeln 23.000 Unterschriften für „Hamburger
       Zukunftsentscheid“.