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       # taz.de -- Feuchtigkeitscreme und andere Kosmetika: Witzige Körperpflege
       
       > Früher habe ich mir erfolglos tausend abstruse Produkte in die Haare
       > geschmiert. Heute habe ich Spaß mit den Versprechen auf den Verpackungen.
       
   IMG Bild: Bringt nix, ist aber trotzdem lustig: Cremes für dies und das
       
       Neulich habe ich in der Apotheke eine Neurodermitis-Creme für meine Tochter
       gekauft, weil vorne draufstand, dass sie 48 Stunden Feuchtigkeit spendet.
       Keine Ahnung, weshalb es immer heißt, Feuchtigkeit werde der Haut
       gespendet, als sei es ein barmherziger Akt. Und ich habe auch keine Ahnung,
       weshalb ich etwas geglaubt habe, was auf der Packung eines Pflegeproduktes
       steht. Seit Jahren lese ich die Beschriftungen eigentlich nur, weil sie so
       lustig sind.
       
       Aber als ich 16 war, da habe ich das alles geglaubt, und um bloß keinen
       Spliss zu bekommen, habe ich mir tausend abstruse Produkte in die Haare
       geschmiert. Eines davon war „Pferdemark-Kur“. Heute lache ich mich allein
       über das Wort Spliss kaputt. Aber in der Pubertät schien mir das unheimlich
       relevant.
       
       Auch für Falten oder Cellulitis habe ich mich im Prinzip nur in dem Alter
       interessiert, in dem es mich überhaupt nicht betraf. Das viele Geld hätte
       ich mir damals echt sparen können – nicht nur, weil der Kram ohnehin nichts
       bewirkt, sondern weil ich ziemlich früh ziemlich altersweitsichtig geworden
       bin und weder Falten noch Cellulitis sehe. Außer ich setzte eine starke
       Lesebrille auf und beäuge es gezielt, was ich natürlich nicht tue.
       Gespaltene Haare könnte ich wahrscheinlich selbst dann nicht erkennen.
       
       Auch Schrift auf Verpackungen kann ich nur mit Brille und Mühe entziffern.
       Trotzdem ist mir aufgefallen, dass in [1][Drogerieartikeln] heute anderes
       Gedöns drin ist als früher. Und mit Worten wie nachhaltig, bio, sozial oder
       plastikneutral – was auch immer das genau bedeuten soll – waren die
       Verpackungen vor 30 Jahren nicht gepflastert. Vegan war sowieso noch nix.
       
       Apropos vegan. Dank Google weiß ich jetzt, dass dieses Pferdemark in meiner
       Haarkur von damals echt aus den Rückenwirbeln von Pferden gewonnen wird.
       Laut Kosmetikhersteller werden dafür allerdings keine Pferde getötet: „Das
       Mark wird ausschließlich aus schon verstorbenen Tieren gewonnen.“ Klingt
       nicht lecker und verkauft sich deswegen heute bestimmt nicht mehr gut.
       
       Ich frage mich, ob wohl auch „Apple Crumble“ in so einer Bodylotion drin
       ist, wenn’s draufsteht. „Franzbrötchen“ würde ich dann kaufen, gibt’s aber
       nicht. In der „Cremedusche“, die ich neulich geschenkt bekommen habe, ist
       neben Bio-Minze angeblich „Baby-Apfel“ drin. Das sind arme, niedliche
       Äpfelchen, die der bösen Lebensmittelindustrie zu klein waren und die vom
       lieben Duschgelhersteller völlig selbstlos gerettet wurden (und die er
       jetzt in seinen Produkten entsorgt).
       
       Herauszufinden, ob wirklich Apfel drin ist, war mir aufgrund mangelnder
       Lateinkenntnisse nur mit Hilfe von Wikipedia möglich. Dort erfuhr ich, dass
       „Malus domestica“ „Kulturapfel“ bedeutet: „Der Kulturapfel ist eine weithin
       bekannte Art aus der Gattung der Äpfel in der Familie der Rosengewächse. Er
       ist eine wirtschaftlich sehr bedeutende Obstart. Die Frucht des Apfelbaumes
       wird [2][Apfel] genannt.“ Schön, dass ich das auch mal klären konnte.
       
       Als Jugendliche dachte ich übrigens ernsthaft, dass ich mich nicht ohne
       Duschgel hätte waschen können. Wie mein Vater ein Stück Seife zu benutzen,
       schien mir in etwa so anachronistisch wie die Benutzung eines Grammophons.
       
       Erst als ich mir Dreadlocks machen lassen wollte und dafür möglichst
       stumpfes Haar brauchte, habe ich angefangen, die Unmengen teurer Kuren,
       Spülungen oder Fünf-in-eins-Shampoos für Glanz, Kämmbarkeit oder
       Haarstrukturblabla wegzulassen und sie mit Seife zu waschen. Dabei kam
       heraus: Es ist völlig egal, womit ich meine [3][Haare] wasche, sie sind
       immer gleich. Praktisch – ich brauch [4][nur noch ein Stück Seife] für
       alles und bin dabei sogar noch woke. Aber vor beknackten Beschriftungen
       schützt das nicht. Auf der Pappschachtel meiner Seife steht gleich fünf
       Mal, dass es ganz normale Seife ist.
       
       Ach ja, und hinten auf der 48-Stunden-Feuchtigkeitscreme steht, dass man
       sie alle 12 bis 24 Stunden auftragen soll. So viel dazu.
       
       26 Oct 2024
       
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