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       # taz.de -- Geplante Justizreform in Italien: Das Revanchefoul
       
       > Italiens rechte Regierung erklärt per Dekret 19 Staaten zu sicheren
       > Herkunftsländern und schießt gegen die Justiz. Dahinter steckt ein
       > langfristiger Plan.
       
   IMG Bild: Stört sich an der Unabhängigkeit der dritten Gewalt: Italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni
       
       Im Sport würde man das wohl als Revanchefoul bezeichnen. Kaum hatte ein
       Gericht am Freitag der italienischen Rechtsregierung auferlegt, die ersten
       zwölf ins neue Lager auf albanischem Boden geschafften Flüchtlinge
       [1][zurück nach Italien zu bringen], da konterte Ministerpräsidentin
       Giorgia Meloni am Montag [2][mit einem Gesetzesdekret]. Es soll mit der
       endgültigen Festlegung der „sicheren Herkunftsländer“ weitere
       Richtersprüche unmöglich machen, die wie jener am Freitag mit der
       fraglichen Sicherheit in Ländern wie Ägypten oder Bangladesch
       argumentieren.
       
       Natürlich geht es der postfaschistischen Regierungschefin in erster Linie
       darum, ihre „albanische Lösung“ zu retten und eine peinliche Pleite, gar
       die Schließung der gerade erst errichteten Lager auf der anderen Seite der
       Adria zu vermeiden.
       
       Doch zugleich zieht sie, zieht ihre Rechtskoalition in eine zweite, in eine
       grundsätzliche Auseinandersetzung mit der Justiz. Schon seit Silvio
       Berlusconis Zeiten stört sich Italiens Rechte immer wieder an der
       Unabhängigkeit der dritten Gewalt, ruft sie immer wieder nach Reformen, die
       den Spielraum der Staatsanwaltschaften ebenso wie der Gerichte einschränken
       sollen.
       
       Jetzt ist es wieder so weit. Rund um das gerade verabschiedete Dekret
       klangen die Töne aus der Rechtskoalition über Richter*innen, die angeblich
       ihre Befugnisse überschreiten, über die „politisierte“, „linke“, ja
       „kommunistische“ Justiz so schrill wie lange nicht mehr. Garniert wurden
       die Ausfälle mit dem Versprechen, nun erst recht und beschleunigt eine
       Justizreform im Parlament voranzutreiben. Deren Ziel ist es letztlich, die
       bisher völlig unabhängigen Staatsanwaltschaften der Exekutive
       unterzuordnen.
       
       Dass der Konflikt der regierenden Rechten mit der Justiz jetzt auf dem Feld
       der Flüchtlingspolitik ausgetragen wird, kommt Meloni und ihren Alliierten
       durchaus zupass: Die von ihnen vorangetriebene [3][Abschottungspolitik]
       gegen Migrant*innen erfreut sich hoher Popularität – einer Popularität,
       die Meloni jetzt nutzen will, um sich die Justiz endlich gefügig zu
       machen.
       
       22 Oct 2024
       
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