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       # taz.de -- Corona-Aufarbeitung bei der AfD: Doppelt und dreifach
       
       > In Sachsen und Thüringen wollen AfD und BSW jeweils ihre eigenen
       > Untersuchungsausschüsse. Dabei treibt die AfD das BSW zur Kooperation an.
       
   IMG Bild: Jörg Urban, Vorsitzender der AfD in Sachsen, stellt den Einsatz eines Corona-Untersuchungsausschusses vor, am 22.10.2024
       
       taz | Dresden Gleich zu Beginn der Sacharbeit in den Landtagen von Sachsen
       und Thüringen werden absehbar Corona-Untersuchungsausschüsse eingesetzt.
       Dabei kommt es zu grotesken Konkurrenzen der verschiedenen Antragsteller.
       
       Die sächsische AfD-Landtagsfraktion ging am Dienstag in die Medienoffensive
       und stellte ihren Antrag zur „Untersuchung der Krisenpolitik der
       sächsischen Staatsregierung im Zusammenhang mit dem Coronavirus SARS-CoV-2“
       vor. Auf dem Online-Fraktionsblatt sind dazu reißerisch unter der
       [1][Überschrift „Corona-Unrecht“ ein Atemschutz und eine große Spritze] zu
       sehen. Im Mittelpunkt werde die Frage der Verhältnismäßigkeit eingeleiteter
       Schutzmaßnahmen während der Pandemie stehen, sagte der Abgeordnete Thomas
       Prantl. Geklärt werden soll, ob Schließungen und Eingriffe in die
       Grundrechte tatsächlich Gesundheitsrisiken minimiert haben oder ob die
       Vorkehrungen selbst negative Auswirkungen auf die Bevölkerung hatten.
       
       Nach Konsultationen mit dem Juristischen Dienst des Landtages korrigierte
       die AfD ihren Antrag, beispielsweise Bundesrecht und Rechte Dritter
       betreffend. Am bevorstehenden Freitag soll der Landtag auf einer
       Sondersitzung über die Einsetzung des Untersuchungsausschusses entscheiden.
       
       Sie gehört zu den Minderheitenrechten und kann von einem Fünftel der
       Mitglieder des Landtages beantragt werden. Die AfD überschreitet mit 40
       Abgeordneten dieses Quorum, braucht es also nicht. CDU, SPD, Grüne und
       Linke wollen mögliche Fehler [2][während der Pandemie hingegen von einer
       Enquete-Kommission aufarbeiten lassen], die aber über nicht so
       weitreichende Befugnisse verfügt.
       
       ## Anträge von AfD und BSW konkurrieren
       
       In derselben Landtagssitzung am Freitag steht aber auch ein ähnlich
       intendierter Antrag des BSW zur Abstimmung. Die Wagenknechtpartei verfügt
       nur über 15 Sitze und wäre für einen Erfolg auf Leihstimmen angewiesen. Mit
       einem geschickten Schachzug stürzt die AfD nun das um Abgrenzung bemühte
       und in Koalitionssondierungen mit CDU und SPD stehende BSW in ein Dilemma.
       In einem offenen Brief bittet die Fraktion die Wagenknecht-Kollegen, dem
       AfD-Antrag beizutreten. Sie sollten „das Ziel der Aufarbeitung dieser
       unseligen Zeit über die Befindlichkeiten ihrer beiden
       (Koalitions-)Verhandlungspartner stellen“. 60 Prozent der Bürger forderten
       laut Umfragen angeblich diese Untersuchung.
       
       Fraktionschef Jörg Urban machte für ein gemeinsames Einsetzungvotum nicht
       nur Vernunft- und Effizienzgründe geltend, sondern sieht andernfalls den
       Ausschuss überhaupt gefährdet. Sollten plötzlich zwei
       Untersuchungsausschüsse zum selben Thema existieren, müsste vermutlich das
       Landesverfassungsgericht angerufen werden. Das könnte die Arbeit lange
       blockieren.
       
       In Thüringen entwickelt sich eine vergleichbare Situation mit umgekehrten
       Vorzeichen. Schon Anfang Oktober entschlossen sich die potenziellen
       Koalitionspartner CDU und BSW, einen Corona-Untersuchungsausschuss zu
       beantragen. In der vorigen Woche zog die AfD nach, ließ aber die
       Möglichkeit offen, dass die Landtagsverwaltung zwei parallele Ausschüsse
       koordinieren könne.
       
       ## Es ginge nicht um Abrechnung
       
       In der MDR-Debattensendung „Fakt ist“ ließ der Thüringer BSW-Fachpolitiker
       Stefan Wogawa erkennen, dass man bei den unter hohem Druck getroffenen
       Entscheidungen in der Coronakrise differenzieren wolle und [3][nicht die
       Abrechnung, sondern präventive Lehren im Vordergrund] stünden. „Es wurde
       nicht alles falsch gemacht!“
       
       „Jeder Untersuchungsausschuss ist retrospektiv“, setzte hingegen Sachsens
       AfD-Landeschef Jörg Urban einen anderen Akzent, redete aber auch davon,
       zukünftig Fehler vermeiden.
       
       22 Oct 2024
       
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