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       # taz.de -- Protest am Jahrestag des 7. Oktober 2023: Greta Thunberg auf Hetz-Demo
       
       > Demonstrierende, darunter Greta Thunberg, glorifizieren den Terror des
       > Hamas-Massakers zu Widerstand. Anderswo wird der Opfer gedacht.
       
   IMG Bild: Anti-Israel-Protest am 7. Oktober in Berlin-Kreuzberg: Auch Klimaaktivistin Greta Thunberg war in Berlin vor Ort
       
       Berlin taz | Die Demo endet wie befürchtet: Rangeleien mit der Polizei,
       Festnahmen, Flaschenwürfe und Verletzte. Rund 400 Menschen haben sich am
       Montagabend am Südstern in Berlin versammelt, um offiziell in „Solidarität
       mit Palästina“ zu demonstrieren. Beworben wurde die Demo, die am ersten
       Jahrestag der [1][Hamas-Massaker in Israel] stattfand, unter dem Motto:
       „Glory to the resistance“, zu Deutsch: „Ruhm dem Widerstand“.
       
       Prominenteste Teilnehmende war die [2][Ikone der Klima-Bewegung Greta
       Thunberg]. Mit Pali-Tuch, schwarzer Jacke und Corona-Gesichtsmaske war sie
       von den anderen Demonstrierenden kaum zu unterscheiden. Einzelne baten sie
       um Selfies. Eine Rede hielt sie nicht.
       
       Über den Charakter der Demonstration ließen die Teilnehmenden gleich zu
       Beginn keine Zweifel. Auf Schildern war davon die Rede, dass die „German
       guilt“ den Nahen Osten zerstöre, andere erklärten Zionismus zum Traum der
       Nazis. Mit „Intifada“-Sprechchören wurde zur Gewalt aufgerufen, für ein
       Palästina, das arabisch sei. Mehrfach hallte auch gleich zu Beginn der
       Spruch [3][„From the river to the sea, palestine will be free“] über den
       Platz. Unter anderem die Hamas benutzt diesen Spruch in ihrem
       Grundsatzpapier von 2017, in Berlin ist er verboten. Auch nach mehrfachen
       Durchsagen der Polizei, dies zu unterlassen, wiederholten die Teilnehmenden
       den Spruch.
       
       Um 17.50 Uhr, knapp eine Stunde nach Beginn, marschierte dann ein behelmter
       Trupp Polizisten in die Kundgebung und zerrte Menschen heraus. Laut
       Polizeisprecher kam es zu vorübergehenden Festnahmen zur
       Identitätsfestellung. Ab diesem Zeitpunkt wurde die Stimmung aggressiver.
       Die Polizei sperrte den Platz ab, mehrfach kam es zu Würfen von
       Glasflaschen in Richtung der BeamtInnen. Später leuchteten ein paar
       Bengalische Fackeln. Die Polizei ging robust in die Menge. Mehrere Menschen
       wurden verletzt.
       
       ## Angriff auf JournalistInnen
       
       PressevertreterInnen wurden von Protestierenden teils massiv an der Arbeit
       gehindert. Mehrere Kamerateams konnten nur unter dem Schutz von
       Security-Leuten berichtet. Die Reporterin Nadja Pia Wagner von Stern TV
       berichtete, dass sie und ihr Kamerateam angegriffen worden seien. „Wir
       wurden mit Wasser übergossen, beschimpft und getreten“, sagte sie der taz.
       
       Der Ort der Demonstration war erst am Montag vom Hermannplatz in Neukölln
       zum Südstern verlegt worden, auf Geheiß der Versammlungsbehörde. Laut einem
       Polizeisprecher sei dies eine Maßnahme zur Gefahrenabwehr gewesen, am
       Hermannplatz sei es in der Vergangenheit immer wieder zu Straftaten
       gekommen.
       
       Zur Demonstration aufgerufen hatten unter anderem die trotzkistische Gruppe
       „Arbeiterinnenmacht“ sowie die „Kommunistische Organisation“, „Alliance of
       Internationalist Feminists“, „Palästina Spricht“ und die „Jüdische Stimme
       für einen gerechten Frieden in Nahost“.
       
       Ein Vorstandsmitglied der Jüdischen Stimme wollte sich zu der Frage nicht
       äußern, ob man mit dem Motto „Glory to the resistance“ am Jahrestag des
       Hamas-Massaker nicht den Terror verherrliche. Die Anmelderin der
       Demonstration wollte mit der taz ebenfalls nicht sprechen. „Lassen Sie
       unsere Leute in Ruhe“, sagte eine Begleiterin.
       
       ## Gedenken in Kreuzberg
       
       Thomas Wieskirchen von der Grünen Jugend Neukölln hingegen gab der taz
       Auskunft. Mit knapp einem Dutzend anderen stand er an einer
       gegenüberliegenden Straßenecke auf einer Gegenkundgebung, die die Grüne
       Jugend, die Jusos und die Falken gemeinsam organisiert hatten. „Wir finden,
       dass der 7. Oktober ein Tag des Gedenkens an die Opfer der Hamas sein
       sollte und kein Tag, um diese Gewalt zu glorifizieren“, sagte Wieskirchen
       der taz. „Es ist ein jahrzehntelanger Konflikt mit Leid auf beiden Seiten,
       aber es wird keinen Frieden geben, wenn man terroristische Gewalt nicht als
       diese benennt.“
       
       Dem Hass auf Israel stellten sich auch anderswo in Berlin zahlreiche
       Menschen entgegen, so etwa auf einer Kundgebung in Kreuzberg. Über den
       Mariannenplatz hallten zum Auftakt atmosphärische Klänge, die eine
       Ambient-Band in Gedenken an die israelischen Geiseln in Gaza komponiert
       hatte. Die Versammlung wurde von „Feminism Unlimited“ organisiert und
       verstand sich als feministische und antifaschistische Kundgebung gegen den
       islamistischen Terror vom 7. Oktober 2023. „Für das Leben, gegen den Tod“ –
       so lautete das Motto, in Anspielung auf den Schlachtruf der Hamas, sie
       liebe den Tod so wie ihre Feinde das Leben.
       
       Zuvor war auf den Treppen vor dem Bethanien der Slogan „Free Palestine“ mit
       roten Dreiecken gesprüht worden – ein Symbol der Hamas. Als die Kundgebung
       begann, war der Schriftzug aber schon längst mit „from Hamas“ ergänzt
       worden, die Dreiecke waren übermalt. Die Stimmung war trauervoll und
       bedrückt. Zum Höhepunkt waren schätzungsweise knapp 2.000 Menschen
       anwesend. Auf einem Schild stand zu lesen „Homos gegen Hamas“, auf einem
       anderen: „Rape is not resistance“. Ein paar Teilnehmer*innen brachten
       Antifa-Flaggen mit, auch die Falken und die VVN sind vor Ort.
       
       Rosa Jellinek von der queer-jüdischen Organisation Keshet sagte auf der
       Bühne: „Ich bin zutiefst schockiert und enttäuscht, wie schnell sich
       angeblich feministische Gruppen mit den Opfern sexualisierter Gewalt
       entsolidarisieren, wenn sie jüdisch sind.“
       
       Von der jesidisch-deutschen Schriftstellerin [4][Ronya Othmann] hieß es:
       „Wer die [5][sexuelle Gewalt der Hamas am 7.10.] gegen israelische Frauen
       leugnet, lässt sie nicht nur im Stich, sondern wirft sie vor den Bus und
       sagt, sie wären gestolpert und der Bus sei ein Fahrrad.“ Auch die Autorin
       Leah Czollek und Kelly Laubinger von der Sinti Union in Schleswig-Holstein
       hielten Reden. Moderiert wurden die Beiträge von der Publizistin Veronika
       Kracher. Zum Schluss spielte die Ambient-Band wieder, wie ein Requiem für
       die Ermordeten vom 7. Oktober.
       
       7 Oct 2024
       
       ## LINKS
       
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   DIR [2] /Klimaaktivistin-protestiert-in-Leipzig/!5988013
   DIR [3] /Verbot-von-from-the-river-to-the-sea/!6039211
   DIR [4] /Roman-Vierundsiebzig-von-Ronya-Othmann/!5996391
   DIR [5] /Sexualisierte-Gewalt-der-Hamas/!5996758
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jean-Philipp Baeck
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