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       # taz.de -- Interview-Offensive von Kamala Harris: Viele Auftritte, wenige Details
       
       > Lang ist Kamala Harris dafür kritisiert worden, sich im US-Wahlkampf
       > nicht den Fragen der Presse zu stellen. Diese Woche geht sie in die
       > Offensive.
       
   IMG Bild: Kamala Harris spricht mit der Presse, bevor sie nach New York fliegt, 7. Oktober 2024
       
       Washington taz | US-Vizepräsidentin Kamala Harris geht in dieser Woche auf
       großangelegte Medientour. Auf ihrem Terminkalender stehen mehrere
       Interviews, die eine weite Bandbreite von Zielgruppen abdecken sollen. Für
       Harris ist es wenige Wochen vor der Wahl ein Versuch, so viele Wähler wie
       möglich anzusprechen. Im Duell mit Ex-Präsident Donald Trump wird am Ende
       jede Stimme zählen.
       
       Den Anfang machte Harris bereits übers Wochenende, mit der Veröffentlichung
       ihres [1][Podcast-Interviews mit „Call Her Daddy“]. Der Podcast, der vor
       allem ein Frauenpublikum anspricht, hatte zum ersten Mal eine
       Präsidentschaftskandidatin zu Gast. Im Fokus standen Themen wie
       Abtreibungsrecht und sexuelle Gewalt. Doch auch die Wirtschaft wurde von
       Harris und Podcast-Host Alex Cooper angesprochen.
       
       „Wenn [eine Frau eine Abtreibung] möchte, dann wird sie mit ihrem Priester,
       ihrem Pastor, ihrem Rabbi, ihrem Imam darüber sprechen, aber die Regierung
       sollte ihr nicht sagen, was sie zu tun hat,“ sagte Harris über die aktuelle
       Fragmentierung von Abtreibungsrechten in den USA.
       
       Sie erinnerte die Zuhörer auch daran, dass es Trump war, der mit der
       Nominierung von drei konservativen Richter*innen zum Supreme Court für
       die Aufhebung des bundesweiten Abtreibungsrechts gesorgt hatte. „Eine von
       drei Frauen in unserem Land lebt in einem Bundesstaat, in dem Abtreibung
       verboten ist“, sagte Harris während des mehr als 40-minütigen Interviews.
       
       ## Kritische Punkte umschifft Kamala Harris im Interview
       
       Am Montag dann war [2][Harris bei „60 Minutes“ zu Gast]. Das wöchentliche
       Programm von CBS News gehört zu den festen Größen in der
       US-Medienlandschaft. Die langjährige Tradition, dass die
       Präsidentschaftskandidaten aus beiden Parteien sich einem Interview
       stellen, endete in diesem Jahr, [3][nachdem Trump erst zu- und dann
       abgesagt] hatte.
       
       Das „60 Minutes“-Interview mit Kamala Harris begann mit einer Frage zum
       Krieg zwischen Israel und Hamas im Gazastreifen. Der Konflikt, der am
       Montag sich zum ersten Mal jährte, hat bis mehr als 40.000 Todesopfer
       gefordert.
       
       „Ich bin der Meinung, dass Israel das Recht hat, sich zu verteidigen. Das
       würden wir auch tun. Doch es ist wichtig, wie es das tut. Viel zu viele
       unschuldige Palästinenser wurden getötet. Dieser Krieg muss enden“, sagte
       Harris. Auf die Frage, ob die USA ihre Waffenlieferungen an Israel
       hinterfragen sollte und ob der israelische Premierminister Benjamin
       Netanjahu wirklich ein Verbündeter ist, wollte Harris keine direkte Antwort
       geben.
       
       Wie Umfragen immer wieder zeigen, ist für die meisten US-Amerikaner die
       wirtschaftliche Lage des Landes das Topthema in diesem Wahljahr. Der
       Interviewer führt aus, dass die von Ökonomen herangezogen Indikatoren
       zeigen, dass die US-Wirtschaft gut dasteht. Mit gestiegenen
       Lebenshaltungskosten, vor allem im Bereich Lebensmittel, spüren viele
       Wähler davon allerdings wenig – und machen die Regierung dafür
       verantwortlich.
       
       Harris will die Preise senken, mehr Geld für Familien zur Verfügung stellen
       und Steuervergünstigungen für erstmalige Immobilienkäufer und
       Unternehmensgründer durchzusetzen. Wie sie das finanzieren will, sagt sie
       nicht. Und ohne die Unterstützung des Kongresses sind diese Pläne jedoch
       kaum realisierbar.
       
       Auch ist Harris der Überzeugung, dass der Krieg in der Ukraine nicht ohne
       die Zustimmung aus Kyjiw beendet werden kann. „Die Ukraine muss bei der
       Zukunft der Ukraine mitreden können“.
       
       Doch „Call Her Daddy“ und „60 Minutes“ waren erst der Anfang. Am Dienstag
       wird Harris in New York bei der Daytime Talkshow „The View“ zu Gast sein,
       mit Radiomoderator Howard Stern plaudern und bei „The Late Show with
       Stephen Colbert“ auftreten. Den Rest der Woche wird sie mit
       Wahlkampfauftritten in Swing States verbringen.
       
       8 Oct 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://open.spotify.com/episode/4B9WOUCWY8qY0f9MMjOSXa
   DIR [2] https://www.youtube.com/watch?v=TJys7OVH24E
   DIR [3] https://www.cbsnews.com/video/trump-declines-interview-60-minutes-video-2024-07-21/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hansjürgen Mai
       
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