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       # taz.de -- Urteil gegen Verdi in Berlin: Kita-Streik bleibt verboten
       
       > In der Hauptstadt wollten Erzieher*innen unbefristet streiken. Am
       > Freitag wurde das der Gewerkschaft Verdi auch in zweiter Instanz
       > untersagt.
       
   IMG Bild: Banner für einen unbefristeten Kitastreik vor dem Gebäude des Landesarbeitsgerichts
       
       Berlin taz | Vor dem Landesarbeitsgericht Berlin demonstrierten am
       Freitagvormittag einige Dutzend Verdi-Anhänger*innen. Sie forderten, von
       ihrem Streikrecht Gebrauch machen zu können. Zunächst waren die
       Demonstrant*innen noch optimistisch. „Es ist die letzte Instanz. Wir
       haben die Argumente auf unserer Seite und sind zuversichtlich“, sagte
       Verdi-Sprecher Kalle Klunkel (Verdi) zur taz.
       
       Das Landesarbeitsgericht hatte zu entschieden, ob Verdi doch noch einen
       unbefristeten Streik der Erzieher*innen starten darf – nachdem es vor
       der niedrigeren Instanz [1][schon letzten Freitag eine Niederlage gegeben
       hatt]e. In der vergangenen Woche verbot das Arbeitsgericht der
       Gewerkschaft, den „Erzwingungsstreik“ zu beginnen. Einen entsprechenden
       Antrag hatte die Senatsverwaltung für Finanzen am Vorabend gestellt.
       
       Berlins Finanzsenator Stefan Evers (CDU) hält das Streikrecht zwar für ein
       „hohes Gut“, er wollte es Erzieher*innen städtischer
       Erziehungseinrichtungen allerdings nicht anwenden lassen. Die
       Gewerkschaften „lassen die Situation unnötig und auf dem Rücken tausender
       leidtragender Familien eskalieren“, so Evers.
       
       Ausschlaggebend war für Richter Peter Hansen in der vergangenen Woche die
       Friedenspflicht. Demnach seien Verhandlungspartner dazu verpflichtet,
       Kampfmaßnahmen wie Streiks zu unterlassen, wenn Verhandlungen noch nicht
       gänzlich abgeschlossen sind. „Diese Entscheidung ist ein erster Schritt,
       wohl wissend, dass es nicht der letzte ist“, sagte Hansen. Damit sollte er
       Recht behalten.
       
       Verdi ging unmittelbar in Berufung, am Freitag verhandelte das
       Landesarbeitsgericht darüber. Es entschied ebenfalls gegen die Gewerkschaft
       und berief sich wie schon die Vorinstanz auf die Friedenspflicht. Nicht
       ausschlaggebend für das Urteil sei aber die Berliner Mitgliedschaft in der
       Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL), die es einzelnen Ländern
       verbietet, Tarifverträge auf eigene Faust abzuschließen. Der Senat hatte
       dies stets als Argument gegen Verhandlungen genutzt.
       
       ## Streit dauert schon Monate
       
       Dennoch kommt es jetzt nicht zum „Erzwingungsstreik“. Es wäre der erste
       unbefristete Kita-Streik seit 1990 gewesen. [2][Damals dauerte er 10 Wochen
       an].
       
       Grund für die Streikpläne war bei Verdi die fehlende
       Verhandlungsbereitschaft des Senats. Verdis Landesbezirksleiter Benjamin
       Roscher betonte bereits Ende September, dass Verhandlungsgespräche
       unvermeidlich seien. Es sei Zeit, „dass die leeren Worthülsen und
       Versprechungen aufhören und Verhandlungen aufgenommen werden“, so Roscher.
       Verdi möchte seit April mit dem Senat einen „Entlastungstarifvertrag“
       aushandeln, um [3][der Überlastung der Erzieher*innen und der folglich
       sinkenden Betreuungsqualität] entgegenzuwirken.
       
       Zwischenzeitlich bot die Gewerkschaft auch an, statt über einen
       Tarifvertrag über eine rechtlich verbindliche „Entlastungsvereinbarung“
       inklusive individuell einklagbarer Belastungsgrenzen zu sprechen. Zu
       Verhandlungen darüber kam es aber ebenfalls nicht.
       
       Ende September folgte eine Urabstimmung der Gewerkschaft. Die Mitglieder
       zeigten sich streikbereit: 91,7 Prozent der Stimmberechtigten votierten für
       den Streik, der nun erst mal vom Tisch ist.
       
       Laut Verdi-Sprecher Klunkel bleibt zumindest noch die Möglichkeit, das
       Verfahren in einem Hauptsacheverfahren erneut vorzubringen. Ein
       langwieriger Prozess, der sich mit den Grundsätzen des Streikrechts
       befassen würde.
       
       11 Oct 2024
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Tim Kemmerling
       
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