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       # taz.de -- Bauvorhaben an der Allee der Kosmonauten: Filz-Verdacht in Marzahn
       
       > Eine Baufirma will in Marzahn drei Hochhäuser errichten. Anwohner und
       > Bezirk sind dagegen, doch der Bauherr hat anscheinend gute Kontakte in
       > die CDU.
       
   IMG Bild: An Hochhäusern mangelt es der Allee der Kosmonauten nicht
       
       Berlin taz | Bürger aus einer Einfamilienhaussiedlung und aus dem
       benachbarten genossenschaftlichen Wohnprojekt in Marzahn wehren sich gegen
       ein Bauvorhaben in ihrer Wohnumgebung. An der Allee der Kosmonauten will
       die Firma TCC Baumanagement auf dem Gelände einer ehemaligen Tankstelle und
       eines Parkplatzes drei Hochhäuser mit acht beziehungsweise elf Etagen
       bauen. Das geht aus einer Bauvoranfrage hervor, die die Firma beim Bezirk
       Marzahn-Hellersdorf gestellt hat.
       
       „Wir befürchten, dass wir durch den Neubau im Dunkeln sitzen“, sagt
       Anwohnerin Christine Krause der taz. „Wir wehren uns nicht generell gegen
       Wohnungsbau an der Stelle, denn wir sehen auch, dass Berlin Wohnungen
       braucht. Aber der beantragte Wohnkomplex wäre zu hoch.“ Vier Stockwerke
       würden völlig ausreichen, findet Krause. Gemeinsam mit ihren Nachbarn will
       sie Unterschriften sammeln, um einen Bebauungsplan für die Siedlung
       einzufordern.
       
       Der Bezirk Marzahn-Hellersdorf hat das Bauvorhaben ohnehin bereits wegen
       der zu großen Höhe abgelehnt. Jedoch hat der Bauherr dagegen Rechtsmittel
       eingelegt, deshalb liegt das Verfahren nun bei der Senatsverwaltung für
       Stadtentwicklung. Dort ist noch keine Entscheidung gefallen.
       
       „Da der Senat im Ostteil der Stadt schon mehrere höchst problematische
       Bauvorhaben genehmigt hat, fürchte ich Schlimmes“, sagt Christine Krause.
       Die Baufirma teilt auf taz-Anfrage mit, dass das Vorhaben „überhaupt noch
       nicht absehbar“ sei. „Wir sind bei allen Bauvorhaben sehr bemüht, die
       Interessen von Nachbarn zu berücksichtigen.“
       
       Linke und Grüne im Bezirk unterstützen die Bürgerinitiative. Sie haben
       bereits in einem gemeinsamen Antrag an die BVV ein Bebauungsplanverfahren
       für diese Siedlung gefordert. Ziel ist, eine sozial verträgliche
       Geschosshöhe zu definieren. Die CDU lehnte den Antrag allerdings im
       Fachausschuss ab, sodass die Mehrheit nicht zustande kam.
       
       CDU-Fraktionschef Johannes Martin, sonst kein Gegner von Bebauungsplänen,
       begründet gegenüber der taz seine Ablehnung mit rechtlichen Erwägungen.
       „Der Antrag würde Tür und Tor öffnen, dem Bezirk eine juristisch
       unzulässige Verhinderungsplanung vorzuwerfen.“ Damit hätte der Bezirk in
       einer möglichen juristischen Auseinandersetzung mit dem Investor schlechte
       Karten. Martin bezieht sich dabei auf die von Grünen und Linken geforderte
       Veränderungssperre. Demnach sollen alle baulichen Veränderungen im Kiez
       abgelehnt werden, bis der Bebauungsplan steht.
       
       ## Kein transparentes Verfahren
       
       Björn Tielebein, Fraktionschef der Linken, sagt, er würde auf die
       Veränderungssperre in seinem Antrag sogar verzichten, wenn es daran haken
       sollte. „Aber wir haben gemeinsam mit der CDU schon öfter Bebauungspläne
       durchgesetzt, um sozial unverträgliche Investitionen zu verhindern. Darum
       halte ich diese Argumentation für vorgeschoben.“
       
       Es brauche vor Ort ein transparentes Verfahren, bei dem die Bürger die
       Möglichkeit hätten mitzureden. „Ein Bebauungsplan ist vor allem dafür
       wichtig, dass die unterschiedlichen Interessen nachvollziehbar abgewogen
       werden können.“ Das Interesse der Immobilienfirma sei klar: „Bei elf
       Stockwerken kann sie mehr Miete einnehmen als bei nur vier Stockwerken.“
       
       Tielebein vermutet einen ganz anderen Grund für die ablehnende Haltung der
       Christdemokraten: die Nähe des Unternehmens zur CDU. Tatsächlich ist die
       Firma TCC Baumanagement unter den Sponsoren für ein Fest aufgelistet, das
       2023 der CDU-Kreisverband Wuhletal angemeldet hat.
       
       Thuan Dinh, Ehemann der Geschäftsführerin der Firma, ist zudem eng mit der
       CDU vernetzt: Er referierte etwa im April bei der Mittelstands- und
       Wirtschaftsunion des CDU-Kreisverbandes. Dort wurde er als Vorsitzender des
       „Deutsch-Vietnamesen e. V.“ vorgestellt, eines Vereins, der noch nicht
       einmal gegründet wurde.
       
       Gleichwohl hat der vermeintliche Verein eine eigene Webseite, mit
       zahlreichen Fotos mit CDU-Politikern. Zu sehen sind beispielsweise
       CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann und der Bundestagsabgeordnete Mario
       Czaja. Gemeinsam mit Bezirksbürgermeisterin Nadja Zivkovic und dem
       Abgeordneten Christian Gräff halten die Deutschvietnamesen, die als
       Unternehmer im Baubereich, der Gastronomie, der Fitness- und
       Versicherungsbranche tätig sind, ein Dokument in die Kamera.
       
       CDU-Fraktionschef Johannes Martin weist alle Zusammenhänge zwischen den
       CDU-Kontakten der Baufirma und der Ablehnung des Antrags von Linken und
       Grünen durch seine Fraktion zurück.
       
       16 Oct 2024
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Marina Mai
       
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