# taz.de -- 100 Jahre Kinder- und Jugendhilfe: Lachendes Auge, weinendes Auge
> Seit dem Jahr 1924 gibt es Jugendämter. Für viele Beschäftigte ist das
> nicht nur ein Grund zum Feiern – sie kritisieren die oft schlechten
> Arbeitsbedingungen.
IMG Bild: Die Probleme sind nicht neu: Demo der Beschäftigten des Sozial- und Erziehungsdienstes im Jahr 2019
Berlin taz | Die Jugendämter in Deutschland feiern dieses Jahr ihr
hundertjähriges Bestehen – jedoch ist dieser Jahrestag im Vergleich zu
anderen Jubiläen relativ unbekannt. Am 1. April 1924 trat in der Weimarer
Republik das Reichsgesetz zur Jugendwohlfahrt in Kraft, das die rechtliche
Grundlage für die Arbeit der Jugendämter schuf und so den Beginn einer
modernen Sozialarbeit im Bereich Jugendpflege und Jugendfürsorge markiert.
Viele Gemeinden organisieren dieser Tage aus diesem Anlass Ausstellungen
und Veranstaltungen. In Berlin findet eine zentrale Jubiläumsfeier am
Montagnachmittag im Roten Rathaus statt.
Gleichzeitig gibt es auch Kritik. Die AG Weiße Fahnen, eine Gruppe von
Beschäftigten in Berliner Kinder- und Jugendeinrichtungen, ruft am
Montagnachmittag um 16 Uhr zu einer Protestfeier vor dem Roten Rathaus auf.
Die Aktivist*innen wollen dabei keineswegs die historischen Verdienste
der Pionier*innen der Jugendarbeit aus der Weimarer Republik in Abrede
stellen, die unter anderem auch in sozialistischen und kommunistischen
Bewegungen aktiv waren.
[1][Ihr Fokus liegt dagegen auf den aktuellen Arbeitsbedingungen im
Jugendhilfesystem], die oft unzureichend sind und die Beschäftigten an ihre
Grenzen bringen. Die Aktivist*innen fordern deshalb nicht nur eine
Anerkennung der historischen Leistungen, sondern auch eine grundlegende
Reform des Systems, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern und eine
zeitgemäße Jugendhilfe zu gewährleisten.
## Arbeitsbedingungen sind unzureichend
Diejenigen, die täglich das [2][Jugendhilfesystem am Laufen] halten, und
die Menschen, die im System keine Hilfe bekommen, sehen keinen Grund zum
Feiern, wird in dem Protestaufruf hervorgehoben. „Es fehlt an allen Ecken
und Enden. Während oben Kaviar gereicht wird, kämpfen wir unten um das
Nötigste: Klopapier, Dolmetscher, Ausstattung, jeden Cent, notwendige
Hilfen, jede Fachleistungsstunde oder die Hauptstadtzulage für Alle“, fasst
Verena Bieler von der AG Weiße Fahnen sehr anschaulich zusammen.
Das gesamte System der Jugendarbeit stehe vor dem Kollaps. Überall herrsche
Elendsverwaltung. In dieser Situation sei kein Raum für große
Jubiläumsfeiern, meint nicht nur Verena Bieler. Zur Protestkundgebung
wollen auch weitere gewerkschaftlich organisierte [3][Beschäftigte der
Kinder- und Jugendarbeit] kommen. Auch der Deutsche Berufsverband für
Soziale Arbeit (DBSH) sowie der Berliner Solidaritätstreff für
Sozialarbeiter*innen rufen zur Protestfeier auf.
Trotz der ernsten Lage wollen die Protestierenden die gute Stimmung nicht
vermiesen lassen und fordern auf, zur Protestfeier Konfetti, Tröten,
Girlanden und Partyhütchen mitzubringen. Dabei stehen die Dringlichkeit
ihrer Anliegen im Vordergrund: Sie fordern eine bessere Finanzierung der
Jugendhilfe, angemessene Entlohnung und ausreichende Mittel für die
Ausstattung der Ämter und Projekte sowie eine stärkere Beteiligung der
Basis bei wichtigen Entscheidungsprozessen in der Kinder- und Jugendhilfe.
13 Oct 2024
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## AUTOREN
DIR Peter Nowak
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