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       # taz.de -- 80. Jahrestreffen von IWF und Weltbank: Staaten leben auf Pump
       
       > Schulden gefährden zunehmend die Weltwirtschaft, warnen Weltbank und
       > Internationaler Währungsfonds. Auch die Finanzierung der Klimakrise war
       > Thema.
       
   IMG Bild: Klimaaktivist*innen protestieren beim Jahrestreffen von IWF und Weltbank in Washington für eine Klimafinanzierung
       
       Seit 80 Jahren dienen der Internationale Währungsfonds (IWF) und die
       Weltbank als Stützpfeiler der internationalen Finanzarchitektur. Zuletzt
       haben sie diese Rolle nicht allzu schlecht erfüllt. Zum Jubiläum
       konstatiert ein IWF-Bericht: „Es sieht so aus, als sei der weltweite Kampf
       gegen die Inflation weitgehend gewonnen. In den meisten Ländern bewegt sich
       die Inflation nun in der Nähe der Zielwerte der Zentralbanken.“ Und das
       wurde nicht zum Preis einer Rezession erkauft, im Gegenteil: „Die
       Weltwirtschaft blieb während des Disinflationsprozesses ungewöhnlich
       widerstandsfähig.“ Da darf ein bisschen Eigenlob nicht fehlen: „Der
       Rückgang der Inflation ohne eine weltweite Rezession ist ein großer
       Erfolg.“
       
       Das nächste große Thema für die Weltwirtschaft sind nun Schulden. Die
       Staatsschulden der Länder werden dieses Jahr die Marke von 100 Billionen
       Dollar knacken und liegen dann bei 93 Prozent der globalen
       Wirtschaftsleistung. In vielen Ländern sind während der Pandemie die
       Haushaltsdefizite angestiegen und seither nicht wieder gesunken. So haben
       die USA ein Defizit von 6,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP), China
       von 7,1 Prozent, Frankreich von 5,1 Prozent und Großbritannien von 4,4
       Prozent. Das deutsche Haushaltsdefizit von 1,8 Prozent wirkt im Vergleich
       fast wie ein statistischer Ausreißer.
       
       Während wohlhabendere Länder noch die Möglichkeit haben, ihre Defizite
       schrittweise zu reduzieren, sind viele ärmere Länder bereits heute mit
       ihren Schulden überfordert. Daten des britischen Thinktanks Development
       Finance International (DFI) zeigen, dass die ärmsten 147 Länder 43 Prozent
       ihrer Einnahmen für den Schuldendienst aufwenden müssen. In diesen Ländern
       übersteigt der Schuldendienst die aufaddierten Ausgaben für Bildung,
       Gesundheit, soziale Absicherung und Klimaschutz.
       
       Weltbank-Chef Ajay Banga mahnte daher: „Schuldenerlasse sind erforderlich.“
       Und auch die DFI-Zahlen zeigen, dass für viele Länder Umschuldungen allein
       wohl nicht reichen: Der Anteil des Schuldendienstes an den Staatsausgaben
       liegt dort deutlich über dem Niveau der Länder, die in den Achtziger- und
       Neunzigerjahren von Schuldenerlassen profitiert haben. Doch noch gibt es
       keine vergleichbare Initiative für das 21. Jahrhundert.
       
       ## Verpasste Chance für den Klimaschutz
       
       Die Jahrestagung war auch im Hinblick auf die 29. UN-Klimakonferenz (COP29)
       im November in Baku wichtig. Dort soll ein neues Finanzziel für die
       internationale Klimafinanzierung beschlossen werden. Ein Teil dieses Geldes
       wird von den multilateralen Entwicklungsbanken wie der Weltbank kommen
       müssen, wenn die Klimaerwärmung auf 1,5 Grad begrenzt werden soll. Der
       britische Thinktank E3G schreibt: „Die Entwicklungsbanken sind in der Lage,
       für jeden Dollar an öffentlichem Kapital, den die Regierungen aufbringen,
       erhebliche Mengen an privaten Investitionen anzuziehen. Diese Hebelwirkung
       ist von entscheidender Bedeutung, wenn der Investitionsbedarf zur
       Bewältigung des Klimawandels so hoch und die öffentlichen Mittel so knapp
       sind.“
       
       Aus Sicht von David Ryfisch von der deutschen Umweltorganisation
       Germanwatch wurden an der Jahrestagung aber nicht die erforderlichen
       Beschlüsse getroffen: „Es besteht das Risiko, dass sich der Weltklimagipfel
       in Baku bei der ungelösten Klimafinanzierungsfrage vollständig blockiert.
       Das hätte weitreichende Folgen für das multilaterale Klimaregime. Die
       Industrieländer haben die Chance verstreichen lassen, den letzten großen
       Moment vor dem Weltklimagipfel zu nutzen, um dieses Risiko mit klaren
       Finanzierungszusagen zu verringern.“
       
       27 Oct 2024
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Mihatsch
       
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