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       # taz.de -- EU-Zölle auf chinesische E-Autos: Schutz oder Schaden?
       
       > Auf elektrische Fahrzeuge aus China sind nun Zölle in Kraft. Die
       > Meinungen über den Nutzen für die hiesige Autoindustrie gehen
       > auseinander.
       
   IMG Bild: Unverhüllte Konkurrenz: Der chinesische Autobauer BYD präsentiert auf der Pariser Automesse 2022 sein damaliges Modell
       
       Aus China importierte E-Autos werden möglicherweise bald deutlich teurer.
       Zum Beispiel Fahrzeuge des Unternehmens SAIC könnten hierzulande etwa
       40.000 Euro statt bisher 30.000 Euro kosten. Ob es wirklich so kommt, hängt
       jedoch von den Reaktionen aus China auf die neuen, höheren Einfuhrzölle ab,
       die die Europäische Kommission am Mittwoch in Kraft gesetzt hat.
       
       „Die Zölle sind legitim und gerechtfertigt“, sagte Jürgen Matthes vom
       Institut der deutschen Wirtschaft in Köln (IW). „Aber ob sie der deutschen
       Wirtschaft mehr nutzen oder schaden, weiß man wegen der angedrohten
       Gegenmaßnahmen heute noch nicht.“
       
       [1][Gegen den Willen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der Vorstände von
       BMW, Daimler, Volkswagen und des Automobilverbandes] hat EU-Vizepräsident
       Valdis Dombrovskis Ausgleichszölle für aus China in die EU eingeführte
       Elektrofahrzeuge festsetzen lassen. Diese Zölle sollen die staatlichen
       Subventionen ausgleichen, die die Hersteller in China erhalten, um ihre
       Produkte unter anderem in Europa billiger verkaufen zu können.
       
       Für E-Autos von SAIC beträgt der Aufschlag demnach 35 Prozent, für Geely 19
       Prozent, für BYD 17 Prozent. Die Höhe unterscheidet sich je nach den
       erhaltenen Subventionen. Die neuen Zölle werden auf den ohnehin geltenden
       EU-Einfuhrzoll von zehn Prozent aufgeschlagen. Das gilt auch für
       europäische Hersteller wie BMW oder Volkswagen, die in China etwa den
       elektrischen Mini oder den Cupra Tavascan mit Subventionen fertigen und in
       die EU importieren. Vermutlich deshalb sind viele deutsche Autohersteller
       gegen den Zoll.
       
       ## Arbeitsplätze in Europa schützen
       
       „Der Druck durch künstlich verbilligte chinesische E-Autos auf den
       europäischen Markt steigt momentan“, erklärte hingegen IW-Ökonom Matthes.
       Deren Marktanteil ist nach EU-Angaben schnell auf bereits 14 Prozent
       gewachsen. „Den Druck will die EU-Kommission mit den Ausgleichszöllen
       reduzieren und den hiesigen Herstellern [2][so Zeit verschaffen, um selbst
       konkurrenzfähige elektrische Klein- und Mittelklassewagen anzubieten.]“
       
       Solche Modelle gibt es bisher zu wenige. So kommt der elektrische ID.2 von
       Volkswagen für unter 25.000 Euro wohl erst 2026 auf den Markt.
       
       Die EU-Kommission will Hunderttausende Auto-Arbeitsplätze in Deutschland,
       Frankreich, Italien, Spanien und weiteren europäischen Staaten schützen und
       verhindern, dass das Zukunftsprodukt E-Auto später vornehmlich aus Asien
       importiert wird. Dafür nimmt Brüssel in Kauf, dass die Zölle jetzt auch die
       ausgelagerte Fertigung hiesiger Hersteller in China treffen.
       
       Währenddessen fürchten manche Konzerne die Gegenreaktion von dort. „Vor
       allem die deutschen Autohersteller haben Angst, dass die chinesische
       Regierung den überschaubaren Export ihrer großen Verbrennerfahrzeuge nach
       China verteuert oder gar den ungleich wichtigeren Absatz in China
       erschwert, wo sie große Stückzahlen produzieren“, sagte Matthes.
       
       ## Kommen jetzt Gegenzölle?
       
       Wie die chinesische Regierung antwortet, ist aber bisher nicht klar.
       Einstweilen hat sie eine Beschwerde bei der Welthandelsorganisation (WHO)
       eingereicht. „China ist mit der Entscheidung nicht einverstanden und
       akzeptiert sie nicht“, erklärte das Handelsministerium in Peking in Bezug
       auf die Zölle. Im Raum stehen auch Gegenzölle auf europäische Produkte wie
       Branntwein, Schweinefleisch und Milch. Allerdings laufen die Verhandlungen
       weiter. Die EU könnte die Zölle zurücknehmen oder verringern, wenn die
       chinesischen Hersteller die Verkaufspreise ihrer Fahrzeuge anheben, um die
       Subventionen selbstständig zu neutralisieren.
       
       Damit weiß man bisher auch nicht genau, um wie viel die Preise chinesischer
       Elektrofahrzeuge bei hiesigen Händlern steigen. Ohnehin zwingt niemand die
       Importeure, den höheren Zoll an die Käufer:innen weiterzugeben. Die
       chinesischen Unternehmen könnten auch akzeptieren, dass ihre
       schätzungsweise sehr auskömmliche Gewinnmarge geringer ausfällt.
       
       30 Oct 2024
       
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