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       # taz.de -- Kanadische Sitcom bei Netflix: Probleme der Provinz
       
       > In der Sitcom „Letterkenny“ lernen wir das Leben im ländlichen Ontario
       > kennen. Schön, dass die Menschen dort alle wie Poststrukturalisten reden.
       
   IMG Bild: Wayne (Jared Keeso), Familie, Freunde und Bekannte in Letterkenny
       
       Gesundheitsbewusst ist es nicht, was die Menschen im kanadischen Kaff
       [1][Letterkenny] so treiben: Sie rauchen und saufen und prügeln sich mit
       Wonne beim Eishockey oder einfach so, nehmen Meth und machen Witze, die man
       gar nicht unbedingt hier aufschreiben sollte. Oder doch?
       
       Die Geschwister Wayne und Katy betreiben einen Bauernhof, wobei ihre
       Haupttätigkeit darin zu bestehen scheint, mit ihrem Kumpels Daryl und
       Squirrely Dan vor ihrem Gemüsestand abzuhängen, an dem nie jemand was
       kauft.
       
       Wayne, beeindruckend verkörpert vom Macher der Sitcom [2][Jared Keeso], ist
       der beste Raufer am Ort, seine Freundin hat ihn trotzdem zugunsten eines
       städtischen Hipsters abserviert. Katy (Michelle Mylett) ist sexuell sehr
       aktiv. Wenn irgendwer wagt, das abfällig zu kommentieren, schaut Wayne
       vorbei und rückt denjenigen zurecht. Auf dieser Grundlage sagt er zu seiner
       Schwester schon mal „Zieh dir was an, Katy“, was sie mit einem trockenen
       „ist nicht meine Stärke“ retourniert.
       
       Für Schulenglischsprecher ist es unmöglich all den Wortwitz, die Reimketten
       und Anspielungen nachzuvollziehen. Aber die Energie, die in einer einzigen
       Szene der gut 20-minütigen Folgen vor Toilettengängen zur Anwendung kommt
       oder mit der „Dad“-mäßiges Stöhnen beim Aufstehen oder Hinsetzen
       kommentiert wird, reichten hierzulande für eine Jahresproduktion –
       Sternstunden wie [3][„Discounter“] ausgenommen.
       
       ## Öfter auf einer Bank abhängen
       
       Letterkenny, ursprünglich ein Youtube-Format, lief in Kanada in zwölf
       Staffeln von 2016 bis 2023 und wurde vielfach ausgezeichnet. Zu Beginn
       jeder Folge steht: „There are 5.000 people in Letterkenny. These are their
       problems.“ Und der größte Witz an der ganze Sache ist wahrscheinlich, dass
       die provinziellen Figuren einerseits vollkommen ernst genommen werden, sie
       sich dann aber rhetorisch oft auf dem Niveau der „French Theory“ bewegen.
       
       Die Sache ist dermaßen gelungen, das Netflix mit „Shoresy“ ein Spinoff
       eingekauft hat, weitere sollen folgen. Wer sich das alles anschauen soll,
       wird man sehen. Vielleicht sollten wir selber mehr auf einer Bank mit
       unseren Kumpels und Kumpelinen abhängen und abwarten, was beim Labern so
       rauskommt.
       
       25 Oct 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.netflix.com/de/title/81202558
   DIR [2] https://de.wikipedia.org/wiki/Jared_Keeso
   DIR [3] /Die-Discounter-Serie/!5973654
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ambros Waibel
       
       ## TAGS
       
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