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       # taz.de -- Von den USA bis Deutschland: Pöbeln will gelernt sein
       
       > Das BSW stellt sich gegen SW, im Bundestag gibt es zu viele Ordnungsrufe.
       > Und Trump weiß am besten, wie man den medialen Raum mit Blödsinn mästet.
       
   IMG Bild: Ist ein BSW ohne SW vorstellbar?
       
       taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche? 
       
       Friedrich Küppersbusch: Bleibe ich wach von Dienstag auf Mittwoch?
       
       taz: Und was wird besser in dieser? 
       
       Küppersbusch: Schlafe ich die folgenden vier Jahre durch?
       
       taz: [1][Im US- Wahlkampf] war das Thema der Woche Müll: Bei einer
       Trump-Rally verhöhnte ein Comedian Puerto Rico als schwimmende Müllhalde,
       Trump ließ sich in einem Fahrzeug der Müllabfuhr fotografieren. Präsident
       Biden bezeichnete Trump-Unterstützer als Müll, will das aber anders gemeint
       haben. Wer gewinnt die Mülldebatte? 
       
       Küppersbusch: Muss man auch erst mal schaffen, bei einer Trump-Show so
       rassistisch daher zu quatschen, dass es dem dumpfbraunen Publikum den
       Applaus verschlägt. Da sagt mal endlich einer, was sie denken, und prompt
       verstört sie, zu merken, was sie da denken. Als Performance ein
       Geniestreich, wenn er es so gemeint hätte. Dass diese Debatten stattfinden,
       ist ein weiterer Sieg für Trumps Konzept, den medialen Raum mit Blödsinn zu
       mästen, und ein starkes Indiz, dass die Harris-Kampagne drauf reinfällt.
       Wie Heinz Erhardt im „Chor der Müllabfuhr“ rief: „Lasst uns von Tonne zu
       Tonne eilen, wir wollen dem Müll eine Abfuhr erteilen.“ Zu spät.
       
       taz: Eine Verrohung der Debattenkultur soll es im deutschen Bundestag
       geben, sagt [2][seine Präsidentin Bärbel Bas]. Ordnungsrufe würden
       teilweise als Trophäen gesammelt, die meisten davon gingen an die AfD.
       Welche Debattenkultur wünschen Sie sich im Bundestag? 
       
       Küppersbusch: Verstünde man den Bundestag als Bewegtbildformat, ließe sich
       prüfen, das Urheber- und Verwertungsrecht gegen nicht autorisierten
       Missbrauch anzuwenden. Vulgo: Eine durchschnittliche AfD-Rede ist eh nur
       noch die fünfminütige Verpackung für die 7 Sekunden Hass, die bei Tiktok
       viral gehen sollen. TV-Sender etwa können wirksam unterbinden, dass ihr
       Content auf Drittplattformen genutzt wird. Das allerdings wäre paradox für
       ein Parlament, das sich höchste Reichweite in die Gesellschaft wünscht. Bas
       will nun den Tarif erhöhen, Knöllchen für Falschquarken werden teurer und
       kommen schneller. Sehen wir es nüchtern: Die anderen werden niveauvoll
       pöbeln lernen. Philipp Amthors Karriere begann als Rüpel in Welpengestalt.
       Nicht schön, aber die Zukunft.
       
       taz: An Halloween haben Viktor Orbán und Ex-Kanzler Gerhard Schröder in
       Wien einen öffentlichen Plausch gehalten. Trump sei die Hoffnung für
       Frieden in Europa, waren die beiden sich einig. Gruselt Sie das auch? 
       
       Küppersbusch: Wie war in Köln es doch vordem mit Schweinebacken so bequem.
       Solange sich auch für die vernünftigsten Positionen zur Ukraine-Katastrophe
       irgendwelche Heinzelmännchen finden, in die sich Argumente auf das
       Unappetitlichste verpacken lassen, behält die Siegfrieden-Fraktion die
       Oberhand. Zugegeben: Ein Ex- und ein amtierender Regierungschef, das hat
       mehr Wumms als die Verheugen, Erler, Krone-Schmalz, Lüders und was sonst
       noch so in Bestsellerlisten lebendig beerdigt wird. Legt man bei
       Strackhofzimmerreiterkiesemann den gleichen Maßstab an, sind sie wegen
       Propaganda, teils auch Lügen längst degoutant geworden. Ok, so degoutant
       wie Schröder – das wird echt schwer.
       
       Sahra Wagenknecht hat jetzt mit einer Revolte in der eigenen Partei zu tun.
       [3][Das BSW in Thüringen weicht vom Kurs ab und geht in Sachen
       Friedenspolitik] auf die möglichen Koalitionspartner zu, gegen ihren
       Willen. BSW ohne SW – wäre das denkbar? 
       
       Küppersbusch: Thüringens CDU-Chef Mario Vogt hat die Order, nicht mit den
       Ramelow-Linken zusammenzuarbeiten. Hat er durch Duldung geschlabbert, wird
       er wieder verletzen müssen, um zu irgendeiner Mehrheit zu kommen. Der
       Unterschied zum BSW ist nicht das Knirschen zwischen Bund und Land,
       sondern: Hie Parteitagsbeschluss „Brandmauer“ – da „Sahra will es so“. Ich
       Wagen, du Knecht. Nach dem BSW-Statut kann sie Landesverbände
       rausschmeißen, Vorsitzende feuern, demokratische Beschlüsse wegfegen.
       Führung nach Gutsfrauenart, als Kotzprobe auf mehr BSW genügt das schon.
       Ich empfinde es als Zumutung, die CDU wegen innerparteilicher Demokratie
       belobigen zu müssen. Wagenknecht konnte sich in der Linkspartei nicht
       durchsetzen, scheiterte mit „Aufstehen“ am Basisgewusel. So kam es zur
       Designerpartei, die Frau trägt Maßbekleidung. Ohne sie – ein Lappen am
       Bügel. Dann ist BSW nur noch eine AfD für Helmut-Schmidt-Fans. Die Wirkung
       des Phänomens auf andere Parteien ist belebend, möge sie noch lange
       Opposition bleiben.
       
       taz: Und was macht der RWE? 
       
       Küppersbusch: Der Macher des Aufstiegs in die Dritte Liga, Vorstandschef
       Marcus Uhlig, heuert beim unterklassigen Erzrivalen Rot-Weiß Oberhausen an.
       Das hat schon so 0,3 Klopp auf der Liebeskummer-Skala. Fragen: Luisa Faust
       
       3 Nov 2024
       
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