# taz.de -- Berliner Landespolitik: Härtere Linie bei Abschiebungen
> Innenausschuss veranstaltet eine Anhörung über die Abschiebepraxis in
> Berlin. Gewerkschaft der Polizei präsentiert eine Wunschliste.
IMG Bild: Innensenatorin Iris Spranger (SPD) im Abgeordnetenhaus
Berlin taz | Der Fünfpunkteplan hat es in sich. Vor ein paar Wochen hatte
Innensenatorin Iris Spranger (SPD) das Vorhaben vorgestellt, mit dem eine
[1][härtere Linie bei Abschiebungen] durchgesetzt werden soll. Bei einer
Anhörung am Montag im Innenausschuss über die Abschiebepraxis in Berlin und
die Auswirkung auf Betroffene ging es auch um dieses Vorhaben. Geladen
waren VertreterInnen des Flüchtlingsrates, des Roma und Sinti Netzwerks,
ein Anwalt für Migrationsrecht und der Vorsitzende der Berliner
Gewerkschaft der Polizei (GdP).
Mit dem Fünfpunkteplan soll etwa verhindert werden, dass Abschiebungen von
Familien scheitern, wenn minderjährige Angehörige zum Zeitpunkt des
Zugriffs der Polizei nicht vor Ort sind. Oder, dass Abschiebungen nicht
durch Vorwarnungen über Social Media an die Betroffenen vereitelt werden.
Rund 16.000 ausreisepflichtige Menschen leben in Berlin, bei dem
überwiegenden Teil ist der Vollzug der Abschiebung ausgesetzt, wie
[2][Engelhard Mazanke, Chef des Landeamtes für Einwanderung] (LEA) am
Montag sagte. „Jeder Geduldete ist ausreisepflichtig und kann auch
abgeschoben werden.“
GdP-Chef Stephan Weh wartete bei der Anhörung mit einer Wunschliste auf. Im
ersten Halbjahr 2024 wurden 516 Abschiebungen vollzogen, 395 davon nach
Festnahmeersuchen durch das LEA. Im Vorjahr waren es 635 Abschiebungen. „In
beiden Jahren“, so Weh, „lagen die Festnahmeersuchen durch das LEA etwa
viermal so hoch“.
## Zimmernummer mitteilen
Weh forderte eine Mitwirkung der Unterkünfte. Manchmal seien Menschen, die
abgeschoben werden sollen, wochenlang aus den Heimen verschwunden. Auch die
Zimmernummern müssten den Polizeikräften mitgeteilt werden.
Polizeipräsidentin Barbara Slowik unterstützte das im Ausschuss: Man kenne
die Zimmernummern oft nicht, weil oft Zimmer getauscht würden.
Emily Barnickel vom Flüchtlingsrat wies eine Mitwirkungspflicht der
Heimbetreiber zurück. Und die Bewohner hätten keinerlei Verpflichtung
ständig in der Unterkunft zu bleiben. Barnickel sprach von einer
verhärteten Debatte, die zu einer verhärteten Behandlung von Menschen
führe. Berlin brauche keine überteuerten weiteren Abschiebungen, sondern
„eine tatsächliche“ [3][Umgestaltung des LEA zu einer
Einwanderungsbehörde]. Auch darauf verwies Barnickel: Die Zahl der
freiwilligen Ausreisen übersteige die Zahl der Abschiebungen um das
Zehnfache.
Martin Manzel, Fachanwalt für Migrationsrecht, kritisierte die Ausrichtung
des Fünfpunkteplans. Viel zu oft würden die Falschen abgeschoben. „Die
wirklich Kriminellen kriegen wir gar nicht so einfach weg.“ Im Gegenteil:
„Die machen sich noch lustig über uns.“ Manzels Bitte: Eine
Migrationspolitik, die das Potenzial der Ankommenden nutze und die
Bevölkerung erreiche.
## Besondere Verantwortung
Milan Raković, Geschäftsführer des Roma und Sinti Netzwerk, warnte davor,
seine Landsleute pauschal als Kriminelle zu bezeichnen. Das sei
diskriminierend. Deutschland habe eine besondere Verantwortung gegenüber
den Sinti und Roma.
Emily Barnickel vom Flüchtlingsrat sitzt auch seit vielen Jahren in der
Härtefallkommission. Die anerkannten Härtefälle seien unter dem Vorsitz von
Innensenatorin Spranger wieder angestiegen, freute sie sich. Auf die
wirtschaftliche Situation der Antragsteller werde aber zu viel Gewicht
gelegt. Vulnerable Menschen und psychisch Kranke fielen hinten runter.
Ob der Fünfpunkteplan in der ursprünglichen Fassung umgesetzt werde, so
Spranger, „werden wir sehen“. Und auch, ob es wie in den Vorjahren einen
Winterabschiebestopp gebe, habe die Koalition noch nicht entschieden.
4 Nov 2024
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## AUTOREN
DIR Plutonia Plarre
DIR Erik Peter
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