URI: 
       # taz.de -- Senat nach US-Wahl: Das Bollwerk bröckelt
       
       > Die Demokraten verlieren auch ihre bisher knappe Mehrheit im US-Senat.
       > Künftig könnte Trump auf wenig Widerstand stoßen.
       
   IMG Bild: Im Kapitol haben die Republikaner nun auch die Macht im Senat
       
       BERLIN taz | [1][Es war der denkbar knappste Vorsprung], den die Demokraten
       die vergangenen zwei Jahre im US-Senat hatten. Genau wie die Republikaner
       hielten sie 50 Sitze, allein Kamala Harris konnte als Vizepräsidentin und
       Vorsitzende der zweiten Kammer mit ihrer Stimmabgabe ein Patt auflösen.
       
       Doch mit dieser fragilen Mehrheit wird es nach dem Wahldienstag vorbei
       sein. Laut der Nachrichtenagentur AP sichern sich die Republikaner
       mindestens 52 Sitze und damit die Mehrheit im Senat. Zu Redaktionsschluss
       kamen die Demokraten auf 42 Sitze, bei sechs Rennen dauerte die Auszählung
       noch an. Insgesamt standen am Dienstag turnusmäßig 34 der 100 Sitze zur
       Wahl – jeder der Bundesstaaten entsendet zwei Senator:innen nach
       Washington.
       
       In drei Bundesstaaten konnten die Republikaner den Demokraten einen Sitz
       abringen. In Montana besiegte der Unternehmer und frühere Navy-Seal-Soldat
       Tim Sheey für die Konservativen den Demokraten Jon Tester, der nach drei
       Amtszeiten seinen Senatssitz räumen muss. Der Autohändler und Republikaner
       Bernie Moreno setzte sich in Ohio gegen den amtierenden Demokraten Sherrod
       Brown durch. Und in West Virginia gewann der republikanische Gouverneur Jim
       Justice im Rennen gegen seinen wenig bekannten demokratischen
       Herausforderer und wird damit [2][Joe Manchin] ablösen. Manchin, der dem
       rechten Flügel der Demokraten angehört, hatte im November vergangenen
       Jahres angekündigt, nicht erneut zu kandidieren. Die amtlichen
       Endergebnisse werden in den kommenden Tagen erwartet.
       
       Die neuen Mehrheitsverhältnisse im Senat erleichtern es Trump und seinen
       Republikanern, Gesetze zu erlassen oder neue Richter:innen für den
       Obersten Gerichtshof zu ernennen, sollte dort ein Platz vakant werden. Eine
       Stimmenmehrheit von 60 Sitzen können die Republikaner allerdings nicht mehr
       erreichen. Diese wäre nötig, um sogenannte Filibuster durch die Demokraten
       brechen zu können. Dabei handelt es sich um ein Blockadeinstrument, das
       eine Abstimmung über ein Gesetz verhindern kann, indem Senator:innen
       der gegnerischen Partei die Debatte mit ausufernden Redebeiträgen in die
       Länge ziehen.
       
       ## Freie Bahn für Project 2025?
       
       Im Repräsentantenhaus haben die Republikaner bereits die Mehrheit mit 220
       zu 212 Sitzen. Auch dort dürfen sie sich Hoffnungen machen, ihren Vorsprung
       zu halten oder gar noch auszubauen. In Pennsylvania, North Carolina und
       Michigan gewannen sie bisher demokratische Sitze. Noch sind hier aber nicht
       alle Rennen ausgezählt. Laut einer Prognose des [3][Portals „270 to win“]
       könnte es am Ende sogar zu einem Patt kommen.
       
       Wenn die Republikaner auch im Repräsentantenhaus die Oberhand behalten,
       kontrollieren sie das Weiße Haus, beide Kongresskammern und den Obersten
       Gerichtshof, dem sechs republikanisch und drei demokratisch ernannte
       Richter vorsitzen. Mit diesen Mehrheiten werden sie bei der Umsetzung ihres
       politischen Programms auf wenig Widerstand stoßen.
       
       Das ist umso gravierender, da die republikanische Partei von heute nicht
       mehr die Partei von 2016 ist. Damals galt das Parteiestablishment noch als
       Korrektiv zu Trumps radikalen Impulsen, heute folgt es seiner Linie.
       
       Welche Politik die Rechten in den nächsten Jahren fahren wollen, kann man
       mit einem Blick auf die Programmschrift „Project 2025“ der Heritage
       Foundation erkennen. Die einflussreiche Stiftung fantasiert etwa von
       Massendeportationen illegal eingereister Migranten oder einer Zerschlagung
       der propalästinensischen Protestbewegung – aber auch von einem
       tiefgreifenden Umbau der amerikanischen Exekutive. Linke und Liberale in
       den USA sind ob dieser Pläne alarmiert. Und nun fällt auch noch das
       Parlament als Bollwerk weg.
       
       6 Nov 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Halbzeitwahlen-in-den-USA/!5894627
   DIR [2] /US-Demokrat-Joe-Manchin/!5823152
   DIR [3] https://www.270towin.com/2024-election-results-live/house/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Leon Holly
       
       ## TAGS
       
   DIR US-Wahl 2024
   DIR US-Kongress
   DIR US-Senat
   DIR Repräsentantenhaus
   DIR Republikaner
   DIR US-Wahl 2024
   DIR Donald Trump
   DIR US-Wahl 2024
   DIR Pariser Abkommen
   DIR Kamala Harris
   DIR US-Wahl 2024
   DIR US-Wahl 2024
   DIR US-Wahl 2024
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Wählerwanderung in den USA: So viele Schwarze Stimmen
       
       Mehr Schwarze Männer als je zuvor wählten die Republikaner. Warum? Eine
       Spurensuche in der Schwarzen Hauptstadt der USA.
       
   DIR Die Leere nach der US-Wahlnacht: Liebeskummer über die Zukunft, die hätte kommen sollen
       
       Unsere Kolumnistin hat den Wahlkampf in den USA begleitet. Ihre letzte
       Kolumne über die Stille in der Wahlnacht und wie es jetzt weitergehen muss.
       
   DIR Nach der US-Präsidentschaftswahl: Die Demokraten müssen sich neu aufstellen
       
       Nach der Wahlniederlage gegen Donald Trump suchen die Demokraten nach
       Antworten. Die unterlegene Vizepräsidentin Kamala Harris gibt sich
       kämpferisch.
       
   DIR Politologe über Klimapolitik mit Trump: „Das wäre ein unwägbarer Schaden für die Klimadiplomatie“
       
       Der künftige US-Präsident Donald Trump will erneut das Pariser Abkommen
       verlassen. Doch es gibt noch eine größere Gefahr, warnt Politologe Tim
       Bosch.
       
   DIR Harris räumt Niederlage ein: „Wir müssen die Ergebnisse anerkennen“
       
       In Washington spricht Kamala Harris über ihre Wahlniederlage. Den Kampf für
       Zukunft der USA und die Demokratie geht für sie jedoch weiter.
       
   DIR US-Präsidentschaftswahlen: Der Tag, an dem Trump gewann
       
       Der Tag von Donald Trumps Sieg war einer der ruhigsten Wahltage der
       jüngeren US-Politik – und hatte trotzdem eine Dynamik, auf die kaum jemand
       vorbereitet war.
       
   DIR Abtreibungsrecht in den USA: 7 von 10 stimmen „Pro-Choice“
       
       In zehn Bundesstaaten wurde während der US-Wahl auch zum Recht auf
       Schwangerschaftsabbrüche abgestimmt. Ein Überblick über die Ergebnisse.
       
   DIR Trump erneut gewählt: Why though?
       
       Der erneute Wahlsieg Donald Trumps ist eine absolute Katastrophe. Aber er
       offenbart, wo die Demokratische Partei einfach nicht hinsehen wollte.