URI: 
       # taz.de -- Sondierungsgespräche in Sachsen: Brombeermatsch statt Brombeereis
       
       > Das BSW lässt die Sondierungsgespräche mit CDU und SPD scheitern. Eine
       > Zusammenarbeit mit der AfD schließt Ministerpräsident Kretschmer
       > weiterhin aus.
       
   IMG Bild: Die Parteispitzen von CDU, SPD und BSW bei den nun gescheiterten Sondierungen in Sachsen
       
       Dresden/Berlin taz | Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) hat am Mittwoch,
       einen Tag vor dem geplanten Abschluss, die Koalitionssondierungen mit CDU
       und SPD in Sachsen scheitern lassen. Landesvorsitzende Sabine Zimmermann
       benannte Unvereinbarkeiten beim Thema Migration mit der SPD, bei der
       Finanzpolitik mit der CDU und beim Kernthema Friedensformel mit beiden.
       
       Konkrete Formulierungsdifferenzen bei diesem von Wagenknecht vorgegebenen
       Bedingungskatalog nannte Zimmermann nicht. Grundsätzlich will das BSW
       Waffenlieferungen an die Ukraine stoppen, drängt auf Friedensverhandlungen
       und wendet sich strikt gegen eine Stationierung weiterer US-Raketen auf
       deutschem Boden.
       
       Die [1][im Nachbarland Brandenburg gefundene Kompromissformel mit der SPD]
       hätte eigentlich als Vorbild dienen sollen, erklärte Zimmermann am
       Mittwoch. Den russischen Krieg gegen die Ukraine nannte sie dabei immerhin
       einen „völkerrechtswidrigen Angriffskrieg“. Laut Medienumfragen unterstütze
       eine Mehrheit der Ostdeutschen die BSW-Forderungen. „Wir können uns nicht
       bis zur Unkenntlichkeit verbiegen“, so Zimmermanns Stellvertreter Jörg
       Scheibe.
       
       Laut Zimmermann sei die Ausstiegsentscheidung „vor Ort gefällt“ worden.
       „Wir haben Wagenknecht im Nachgang informiert.“ Das sehen CDU und SPD
       anders: „Dass Wagenknecht [2][ihren Leuten so die Beine stellt], ist keine
       gute Entwicklung“, donnerte ein sichtlich verärgerter und blasser
       Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU). Der Weg in eine Koalition mit
       dem BSW werde „nun nicht mehr möglich sein“.
       
       ## „Ideologisch eingemauert“
       
       Kretschmer zufolge seien bei den Sondierungen mit über hundert Fachleuten
       vier Fünftel der Sachfragen bereits geklärt worden. [3][Die vergangenen
       Wochen seien hoffnungsvoll verlaufen], der Abbruch komme überraschend. Auch
       der SPD-Landesvorsitzende Henning Homann schimpfte, die Sondierungen seien
       am „machtpolitischen Kalkül von Sahra Wagenknecht und Sabine Zimmermann“
       gescheitert. Er sprach von einem „abgekarteten Spiel“, man lasse sich
       „nicht erpressen“.
       
       Die beiden BSW-Vertreter konnten zu den benannten Differenzthemen nur vage
       Auskunft geben. Sabine Zimmermann benannte die Arbeitspflicht für
       Asylbewerber als einen kontroversen Punkt, an dem sich die SPD „ideologisch
       eingemauert“ habe. Nur indirekt konnte sie bei der Finanzpolitik die
       Schuldenbremse als einen Konfliktpunkt mit der CDU benennen. Das BSW
       richtet sich in Sachsen nunmehr auf die Oppositionsrolle ein. Wie eine
       Regierungsbildung nun aussehen könnte, will die Landes-CDU umgehend
       beraten.
       
       Mit dem Abbruch der Sondierungsgespräche allerdings hat Kretschmer wenig
       andere Optionen als eine Minderheitsregierung. Theoretisch würde es für die
       CDU auch für eine Parlamentsmehrheit mit Grünen und Linken reichen –
       allerdings hat die Union zur Linken wie zur AfD einen
       Unvereinbarkeitsbeschluss gefasst.
       
       ## Vertraulich mit der AfD
       
       Kretschmer stellte am Mittwoch erneut klar, dass eine Zusammenarbeit mit
       der AfD „nicht infrage kommt“. Am Dienstagabend war bekannt geworden,
       [4][dass er sich mit AfD-Chef Jörg Urban zu einem vertraulichen Gespräch
       getroffen hatte]. Die Anbahnung einer Zusammenarbeit mit der AfD
       dementierte auch die Staatskanzlei – der Ministerpräsident spreche
       lediglich grundsätzlich mit allen Abgeordneten und Fraktionsvorsitzenden,
       die dies wünschen. Beim Treffen in Kretschmers Landtagsbüro sei es um
       Landespolitik gegangen. Es habe eine halbe Stunde gedauert. Darüber hinaus
       habe man Vertraulichkeit vereinbart, hieß es von beiden Seiten.
       
       Neben einer Minderheitsregierung wären Neuwahlen ein weiteres Szenario.
       Laut sächsischer Landesverfassung muss es innerhalb von vier Monaten nach
       Konstituierung des Landtags einen neuen Ministerpräsidenten geben,
       andernfalls ist das Parlament aufzulösen. Die Frist läuft bis Anfang
       Februar.
       
       6 Nov 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Koalitionsverhandlungen-in-Potsdam/!6046435
   DIR [2] /BSW-in-Thueringen-auf-Koalitionskurs/!6042811
   DIR [3] /Koalitionssuche-in-Thueringen-und-Sachsen/!6042726
   DIR [4] /Sondierungen-in-Sachsen-gescheitert/!6047403
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Michael Bartsch
   DIR Gareth Joswig
       
       ## TAGS
       
   DIR Michael Kretschmer
   DIR CDU
   DIR Koalition
   DIR BSW
   DIR Social-Auswahl
   DIR Wahlen in Ostdeutschland 2024
   DIR Brombeer-Koalition
   DIR Theaterfestival
   DIR Abgeordnetenhaus
   DIR Dietmar Woidke
   DIR Thüringen
   DIR CDU
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Kuratorin zu Theaterfestival in Dresden: „Bei den Kontexten wird es spannend“
       
       Das „Fast Forward“-Festival bringt Regietalente aus Europa in Dresden
       zusammen. Ein Gespräch mit der Kuratorin über das Theater als Raum zum
       Streiten.
       
   DIR Berliner Landespolitik: Schnell wieder bei Sperlingskästen
       
       Das Leben geht weiter im Abgeordnetenhaus, auch am Tag nach dem Scheitern
       der Ampel-Koalition und dem Wahlsieg von Donald Trump.
       
   DIR Koalitionsverhandlungen in Potsdam: Bündnis fossiles Brandenburg
       
       Lob von Sahra Wagenknecht, kein Wort zum Klima im Sondierungspapier: Am
       Montag beginnen die Koalitionsverhandlungen von SPD und BSW.
       
   DIR BSW in Thüringen auf Koalitionskurs: Wagenknecht lässt ihre Getreuen auf Wolf los
       
       In Thüringen lässt sich das Bündnis Sahra Wagenknecht auf
       Koalitionsverhandlungen ein. Kritik aus dem Bund kommt auch von
       Wagenknechts Gefolgsleuten.
       
   DIR Koalitionsverhandlungen in Thüringen: Erster Dämpfer für Wagenknecht
       
       In Brandenburg hat sich Sahra Wagenknecht bei der Ukraine-Formel
       durchgesetzt, in Thüringen nicht. Erstmals zeigen sich die Grenzen ihrer
       Macht.