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       # taz.de -- Mit dem Rad zur Klimakonferenz in Baku: Kalte Nächte und eine chaotische Wahl
       
       > Mit Spannung und Sorge beobachtete unser Autor den Wahlausgang in
       > Georgien. Bald macht er sich auf zur letzten Etappe – zur Klimakonferenz
       > in Baku.
       
   IMG Bild: Richtungswahl in Georgien: An der Außenwand eines Wahllokals in Tbilisi hängen die Flaggen des Landes, der EU und der Ukraine
       
       Auf Fahrradreisen sind zwei Wochen eine halbe Ewigkeit. In den letzten 14
       Tagen, in denen ich es [1][aus Kappadokien] in den Kaukasus bis nach
       Georgien geschafft habe, ist so viel geschehen, dass es unmöglich wäre, all
       das hier zu beschreiben. Nur so viel: In den Bergen Ostanatoliens und im
       georgischen Hochland brachen plötzlich Schnee, Eiseskälte und Glatteis über
       mich herein und stellten mich vor ganz neue Herausforderungen.
       
       Jetzt bin ich in Tbilisi. Seit ich 2015 nach dem Abitur eine zweimonatige
       Rucksackreise durch Georgien gemacht und dabei Land, Leute und Essen lieben
       gelernt habe, fühle ich mich dem kleinen Land im Kaukasus verbunden. Ich
       verfolge mit großem Interesse, wie Georgien seinen Platz im
       Spannungsverhältnis zwischen Ost und West, zwischen Demokratie und
       Autokratie sucht. Jetzt darf ich als freier Journalist über eine
       Parlamentswahl berichten, die von vielen als richtungsweisend beschrieben
       wird. Ein Sieg für die russlandfreundliche Regierungspartei Georgischer
       Traum würde höchstwahrscheinlich die Perspektive auf einen EU-Beitritt für
       lange Zeit beenden. Ein Sieg für die europafreundliche Opposition wäre
       hingegen ein wichtiger Schritt für ein liberales, selbstbestimmtes und
       demokratisches Georgien. Doch viele Menschen haben auch Angst. Angst davor,
       dass der nördliche Nachbar Russland eine Annäherung an den Westen nicht
       dulden würde und notfalls militärisch nach ukrainischem Vorbild eingreifen
       könnte. Mit dieser Angst spielt auch die Regierungspartei. Rhetorik von
       Funktionären und Wahlplakate zeichnen ein düsteres Bild. Krieg sei die
       unvermeidliche Folge, würde die Opposition die Wahl gewinnen, so die
       Erzählung. Selbst inszeniert sich die Partei als Garant für den Frieden.
       
       [2][Am Wahltag, den 26.Oktober, wird es chaotisch.] Erste „Exit Polls“,
       Umfragen nach dem Urnengang, zeichnen ein konfuses Bild. Mal holt die
       Regierungspartei die absolute Mehrheit, mal die Opposition. Als die
       Wahlkommission bekannt gibt, dass die Regierungspartei mit 52,99 Prozent
       gewonnen habe und weiter alleine regieren könnte, machen sich Frust und
       Ungläubigkeit breit. Noch am selben Abend verkünden sämtliche
       Oppositionsparteien, dass sie den Ausgang der Wahl nicht akzeptieren
       werden. Sie sind überzeugt: Die Wahl wurde von der Regierungspartei,
       beziehungsweise ihrem Gründer, dem Milliardär Bidzina Iwanischwili,
       manipuliert. Georgien steht vor unruhigen Tagen. Noch ist die Lage
       einigermaßen friedlich, doch eine Neuauflage der Rosenrevolution von 2003,
       deren Auslöser eine vermeintlich manipulierte Parlamentswahl war und in
       dessen Folge die europafreundliche Opposition die Macht übernahm, ist nicht
       auszuschließen. Die Rosenrevolution von damals verlief ohne Blutvergießen.
       
       Mit Spannung und Sorge beobachte ich die aktuelle Entwicklung. Mitte dieser
       Woche muss ich aber aufbrechen – auf die letzte Etappe dieser Reise nach
       Baku ans Kaspische Meer, um ab dem 11. November auf der [3][29.
       Weltklimakonferenz] über einen anderen Krisenherd zu berichten – den
       fortschreitenden Klimawandel, bei dem im Gegensatz zur aufgeladenen
       Rhetorik im georgischen Wahlkampf tatsächlich Krieg und Frieden auf dem
       Spiel stehen.
       
       28 Oct 2024
       
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