URI: 
       # taz.de -- Wahlen in Uruguay: Entscheidung erst in der Stichwahl
       
       > In Uruguay erhält der Kandidat der linken Frente Amplio zwar die meisten
       > Stimmen, verfehlt aber die absolute Mehrheit. Stichwahl am 24. November.
       
   IMG Bild: Uruguays Präsidentschaftskandidat Yamandú Orsi am Wahltag in Canelones, Uruguay
       
       Buenos Aires taz | Uruguays künftiger Präsident wird in einer Stichwahl
       ermittelt. Bei der Wahl am Sonntag erreichte keiner der elf Kandidaten die
       erforderliche Mehrheit von über 50 Prozent der Stimmen. Rund 2,7 Millionen
       Wahlberechtigte waren aufgerufen, einen neuen Präsidenten und
       Vizepräsidenten sowie die 30 Mitglieder des Senats und die 99 Mitglieder
       der Abgeordnetenkammer zu wählen.
       
       Gescheitert sind zudem zwei Plebiszite zur Änderung der Verfassung. Mit 44
       Prozent der Stimmen schaffte Yamandú Orsi von der „Frente Amplio – Breite
       Front“, dem gemäßigten Linksbündnis aus Sozialliberalen,
       Sozialdemokrat*innen und Kommunist*innen, mit großem Abstand
       als Erstplatzierter den Einzug in die zweite Runde der
       Präsidentschaftswahl.
       
       Am 24. November wird er gegen Álvaro Delgado von der regierenden
       konservativen Partido Nacional (PN) antreten, der mit 27 Prozent der
       Stimmen als Zweitplatzierter in die Stichwahl einzog. Einen
       Überraschungserfolg landete mit 16 Prozent der Stimmen Andrés Ojeda von der
       liberalkonservativen Partido Colorado, die zugleich der regierenden Allianz
       aus fünf rechtskonservativen, Rechts-außen- sowie kleinen liberalen
       Parteien gehört. Die Allianz feierte demonstrativ gemeinsam auf einer Bühne
       das Abschneiden ihrer jeweiligen Kandidat*innen und zeigte sich so für
       die Stichwahl vereint.
       
       Wer die Stichwahl gewinnt, ist offen. Der 57-jährige ehemalige
       Geschichtslehrer Yamandú Orsi ist seit zehn Jahren Bürgermeister von
       Canelones, dem zweitgrößten Bezirk des Landes. Der 55-jährige Álvaro
       Delgado ist Leiter des Präsidialamtes und damit die rechte Hand von
       Präsident Luis Lacalle Pou. Wer ihnen bei ihren Wahlkampfauftritten zuhört,
       könnte meinen, sie gehörten beide zu einer gemäßigten Partei der Mitte.
       
       ## Zwei Volksabstimmungen finden keine Mehrheit
       
       [1][Luis Lacalle Pou hatte sich in der Stichwahl 2019 mit einem hauchdünnen
       Vorsprung durchgesetzt]. Kaum war er im Amt, begann die Covid-19-Pandemie,
       bei der der Präsident, statt eine obligatorische Ausgangssperre zu
       verhängen, die Bevölkerung [2][zu einer freiwilligen Quarantäne
       aufforderte]. Ein Vorgehen, das ihm bis heute hohe Sympathiewerte beschert.
       
       So hätte der 51-Jährige zwar gute Chancen, aber die Verfassung verbietet
       eine sofortige Wiederwahl. Und während die Frente Amplio im zukünftigen
       Senat mit 16 Mandaten wieder über eine knappe Mehrheit verfügen könnte,
       wird sie im Abgeordnetenhaus mit voraussichtlich 48 Mandaten nur die
       stärkste Fraktion bilden können. Zwar verliert die aktuelle
       Regierungsallianz im Senat ihre Mehrheit, kann mit 51 Mandaten aber erneut
       die Mehrheit im Abgeordnetenhaus stellen. Allerdings waren bei diesen
       Resultaten noch nicht alle Stimmen ausgezählt.
       
       Parallel zu den Wahlen fanden zwei Volksabstimmungen über
       Verfassungsänderungen statt. Mit der einen sollte das Renteneintrittsalter
       mit 60 Jahren in der Verfassung festgeschrieben und zugleich die
       Mindestrente auf das Niveau des Mindestlohns angehoben werden. Mit der
       anderen sollte das Verbot nächtlicher Hausdurchsuchungen in Privathäusern
       aufgehoben werden, um so mögliche Durchsuchungen bei mutmaßlichen
       Drogendealern auch nachts zu erlauben.
       
       Beide Plebiszite verfehlten jedoch die notwendige Zustimmung. Während die
       Ablehnung des Rentenplebiszits eine Niederlage für den
       Gewerkschaftsdachverband PIT-CNT, die Partido Comunista und die Partido
       Socialista ist, ist das Scheitern des Plebiszits über die nächtlichen
       Hausdurchsuchungen eine klare Niederlage für die Regierungsallianz.
       
       Im regionalen Vergleich sorgt Uruguay selten für Schlagzeilen. „Uruguay
       zeichnet sich in Lateinamerika durch ein geringes Maß an Ungleichheit und
       Armut aus. Relativ gesehen ist die Mittelschicht die größte in Amerika und
       der Karibik und macht mehr als 60 Prozent der Bevölkerung aus“, schreibt
       die Weltbank in ihrem Überblick. 2023 wuchs die Wirtschaft zwar nur um 0,4
       Prozent, für das laufende Jahr werden jedoch 3,2 Prozent Wachstum erwartet.
       Sechs Prozent der rund 3,4 Millionen Uruguayer*innen leben in Armut.
       
       28 Oct 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Machtwechsel-in-Uruguay/!5667724
   DIR [2] /Uruguays-Erfolg-gegen-Corona/!5701432
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jürgen Vogt
       
       ## TAGS
       
   DIR Uruguay
   DIR Wahlen
   DIR Stichwahl
   DIR Frente Amplio
   DIR Luis Lacalle Pou
   DIR Uruguay
   DIR Uruguay
   DIR Uruguay
   DIR Uruguay
   DIR Uruguay
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Linker Yamandú Orsi gewinnt in Uruguay: Vom Geschichtslehrer zum Präsidenten
       
       Orsi wird neuer Staatschef in Uruguay. Er gewinnt die Stichwahl gegen den
       Mitte-rechts-Kandidaten Delgado und will gegen Korruption und Armut
       vorgehen.
       
   DIR Vor der Stichwahl in Uruguay: Zur Zusammenarbeit verdonnert
       
       In Uruguay will die linke Frente Amplio mit ihrem Kandidaten Yamandú Orsi
       zurück an die Macht. Aber selbst wenn: Durchregieren kann sie nicht.
       
   DIR Rechtskurs in Uruguay: Jubel in hellblau, Frust in pink
       
       In Uruguay bestätigt ein Referendum 135 konservative Gesetzesreformen.
       Damit rückt das Land unter Präsident Lacalle Pou weiter nach rechts.
       
   DIR Nachruf auf Tabaré Vazquez: Links, erfolgreich, demokratisch
       
       Tabaré Vazquez war der erste linke Präsident Uruguays. Er hat sich mit
       Philip Morris angelegt und gewonnen. Jetzt ist er an Lungenkrebs gestorben.
       
   DIR Uruguays Erfolg gegen Corona: Wo Freiwilligkeit funktionierte
       
       Uruguay steht in Südamerika bei der Bekämpfung des Coronavirus am besten
       da. Das verdankt der neoliberale Präsident auch mitte-linken Vorgängern.