# taz.de -- Schock nach US-Wahl: Wir dürfen die Hoffnung nicht aufgeben
> Die Nachricht von Trumps Wiederwahl hat viele geschockt. Er wird die
> multiplen Krisen in der Welt nicht mildern, sondern verstärken. Wie bloß
> weitermachen?
IMG Bild: Ich wehre mich dagegen, den Kindern zu sagen: Alles wird scheiße
Als am Mittwochmorgen klar wurde, [1][dass Donald Trump die US-Wahl
haushoch gewonnen hat], fing ich an zu putzen. Ich faltete die Wäsche und
räumte sie in die Schränke, ich sortierte die Zeitschriften und wischte die
Tische. Ich staubsaugte die Wohnung, ich wischte sogar den Boden, ich hatte
frei, und das schaffen wir sonst nicht so oft. Wenn schon die Welt da
draußen ins Chaos schlittert, möchte ich wenigstens zu Hause das Gefühl
haben, alles ist in Ordnung. Es hilft mir, nicht ganz in der Trübsal zu
versinken.
Das will ich nicht, auch wegen der Kinder. Eine der ersten Fragen, die mir
nach der Nachricht vom Wahlsieg Trumps in den Sinn kam, war diese: Wie
können wir den Kindern jetzt noch Zuversicht vermitteln?
Realistisch betrachtet wird der Kampf gegen die Klimakrise noch mal um
einiges schwerer. Trump wird vermutlich hart gegen Migrant*innen
vorgehen und gegen politisch Andersdenkende. Ob die US-amerikanische
Demokratie [2][seine Amtszeit übersteht], ist längst nicht ausgemacht. Er
wird sich voraussichtlich auch aus internationalen Verträgen verabschieden.
Seine Wiederwahl ist ein schwerer Schlag für die USA und für die gesamte
westliche Welt.
## Ohne Hoffnung erstarrt man
Die Kinder sind alt genug, um das zu begreifen. Und doch möchte ich ihnen
Hoffnung machen, dass es schon nicht so schlimm kommt. Ich wehre mich
dagegen, ihnen zu sagen: Alles wird scheiße. Schließlich geht es im
Wesentlichen auch um ihre Zukunft, um die Welt, in der sie leben werden.
Dass sie die gut gestalten können, diesen Mut will ich ihnen nicht nehmen.
Ohne Zuversicht geht es nicht. Das gilt für die Kinder, aber wenn man
ehrlich ist, auch für uns Erwachsene. Man braucht schon ein bisschen
Optimismus, ein wenig Hoffnung, um weiterzumachen, um die Dinge anzugehen.
Ansonsten verharrt man, erstarrt man.
Im eigenen Umfeld lässt sich der Schwermut leichter entkommen. Das Chaos in
der Wohnung kann man beseitigen. Man kann glückliche Momente schaffen, etwa
mit Freund*innen oder der Familie. Man kann bei der Arbeit etwas Tolles
auf die Beine stellen, etwas Gutes bewirken. Es fällt leichter, positiv in
die Zukunft zu schauen, wenn man im Kleinen erlebt: Das Leben ist auch
schön, und wir können etwas dafür tun, dass das so ist.
Gesamtgesellschaftlich sieht das anders aus. Die Klimakrise, die Kriege und
die Wirtschaftskrise haben Spuren hinterlassen, die Deutschen blicken heute
pessimistischer in die Zukunft als noch vor ein paar Jahren: 2020 sagten
[3][in einer Umfrage] 58 Prozent, bei ihnen überwiege die Zuversicht,
inzwischen stehen für 54 Prozent die Sorgen im Vordergrund. [4][Knapp die
Hälfte der Deutschen] glaubt, dass es ihnen in zehn Jahren schlechter gehen
wird als jetzt.
Die multiplen Krisen lösen Ohnmachtsgefühle aus, dem etwas entgegenzusetzen
ist viel schwieriger als im Privaten. Es gibt viele, die manchmal bewusst
keine Nachrichten konsumieren, weil sie die schlicht nicht mehr ertragen.
## Wir haben es zuvor schon überlebt
An Trumps Wahlsieg werden aber auch diese Menschen nicht vorbeikommen. Wie
nun also damit umgehen? Ein Kollege erzählte, im Familienchat habe
angesichts der Schocknachricht irgendwann jemand sinngemäß geschrieben: Wir
haben das schon mal vier Jahre überlebt, wir werden es wieder überstehen.
Man kann das naiv finden, verharmlosend. Aber wahrscheinlich ist so ein
Zweckoptimismus in dieser Situation genau das Richtige. Er ist jedenfalls
allemal besser, als sich ganz vom politischem Geschehen abzuwenden. Denn
auch hierzulande steht ja nun bald eine Neuwahl an, auch hier müssen wir
einen Umgang finden mit all jenen, die mit dem politischen System fremdeln
und Protestparteien wählen. Die Hoffnung aufzugeben, dass dabei noch etwas
zu retten ist, wäre die schlechteste Option.
Was hilft Ihnen, die Zuversicht nicht völlig zu verlieren? Welche
Strategien haben Sie im Umgang mit schlechten Nachrichten jenseits vom
Putzen? Schreiben Sie uns an [5][zuversicht@taz.de]
9 Nov 2024
## LINKS
DIR [1] /Trump-erneut-gewaehlt/!6047329
DIR [2] /Trump-erneut-gewaehlt/!6047329
DIR [3] https://koerber-stiftung.de/site/assets/files/41894/grafiken_demokratie_in_der_krise_2024.pdf
DIR [4] https://www.rnd.de/politik/blick-in-die-zukunft-knapp-die-haelfte-der-deutschen-glaubt-in-zehn-jahren-schlechter-zu-leben-als-XK5HXRXZMRG5VFY3TS75RQOHWE.html
DIR [5] /zuversicht@taz.de
## AUTOREN
DIR Antje Lang-Lendorff
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