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       # taz.de -- Krieg in der Ukraine: Fakten schaffen, bevor Präsident Trump kommt
       
       > Größte Drohnenangriffe, größte russische Truppenverluste, größte
       > ukrainische Gebietsverluste: Der Krieg wütet blutiger denn je
       
   IMG Bild: Kurachowe, nahe der Kriegsfront in Donezk: Hier stand bis vor einem russischen Luftangriff vor wenigen Tagen das Postamt
       
       Im Countdown zur Amtsübernahme des nächsten US-Präsidenten Donald Trump am
       20. Januar 2025 eskaliert der Krieg zwischen Russland und der Ukraine. In
       der Nacht zu Sonntag erlitt die Ukraine nach eigenen Angaben vom Sonntag
       die bisher größte russische Drohnenangriffswelle: 145 Kampfdrohnen über 13
       Regionen, von denen 62 abgefangen werden konnten und 10 in andere Länder
       weiterflogen – Belarus, Moldau sowie russisches Staatsgebiet. Präsident
       Wolodymyr Selenskyj sprach von einem „Rekord“.
       
       Zuvor meldete Russland, es habe am Sonntagmorgen den bisher größten
       ukrainischen Drohnenangriff auf Moskau abgewehrt: 34 abgeschossene
       ukrainische Drohnen, bei insgesamt 70 über sechs Regionen. Der Verkehr auf
       Moskaus drei großen Flughäfen musste kurzzeitig eingestellt werden; das
       russische Verteidigungsministerium sprach von einem „Terroranschlag“, der
       „vereitelt“ worden sei; später meldeten die Behörden vier brennende Häuser
       in Moskau. [1][Videos auf sozialen Medien] zeigen eine brennende
       militärische Einrichtung im grenznahen Gebiet Bryansk.
       
       In den Tagen davor hatte die Ukraine ihren Beschuss russischer
       Ölraffinerien wieder aufgenommen – Ölexporte sind Russlands wichtigster
       Devisenbringer. Nach der Zerstörung von rund 15 Prozent der russischen
       Raffineriekapazität im Sommer wurde am Freitag die Raffinerie Saratow
       beschossen.
       
       Nach einem [2][Bericht der New York Times] zieht Russland im Gebiet Kursk,
       wo die Ukraine seit dem Sommer ein größeres Grenzgebiet besetzt hält,
       50.000 russische und nordkoreanische Soldaten für eine Offensive zusammen.
       Am Samstag setzte Russlands Präsident Wladimir Putin offiziell das neue
       Abkommen mit Nordkorea über eine „umfassende strategische Partnerschaft“ in
       Kraft, das eine militärische Beistandsklausel enthält. 10.000
       nordkoreanische Soldaten sollen inzwischen in Russland dienen.
       
       ## 80.000 Tote und Verwundete für 1500 Quadratkilometer
       
       Der Oktober 2024 sah mit rund 1.000 Quadratkilometern die größten
       russischen Geländegewinne seit dem ersten Kriegsmonat, insbesondere im
       ostukrainischen Donbass, das Russland vollständig erobern will, selbst um
       den Preis der kompletten Zerstörung. Mittlerweile ist das Zentrum der Stadt
       Torezk umkämpft und russische Truppen befinden sich nur noch 10 Kilometer
       vom wichtigen Verkehrsknotenpunkt Pokrowsk entfernt.
       
       Das soll aber mit den bisher höchsten russischen Verlusten einhergehen –
       über 1.500 Tote und Verwundete jeden Tag im Oktober, sagte der britische
       Generalstabschef Admiral Tony Radakin [3][in einem BBC-Interview] am
       Sonntag. „Es besteht kein Zweifel, dass Russland taktische
       Territorialgewinne erzielt“, sagte Danakin, aber es handele sich um
       „winzige Stückchen Land“.
       
       Insgesamt wurden im September und Oktober 2024 nach [4][Berechnungen des
       US-amerikanischen „Institute for the Study of War“] 80.000 russische
       Soldaten in der Ukraine getötet oder kampfunfähig verwundet – alles für
       1.500 Quadratkilometer Geländegewinne. Die Gesamtverluste werden mit
       700.000 beziffert.
       
       ## US-Strategie bleibt zweideutig
       
       Das, so die Analyse, kann Russland nicht lange durchhalten, und nun gibt es
       Mutmaßungen, wonach die scheidende US-Regierung von Joe Biden ihre
       Unterstützung der Ukraine noch ausbauen könnte. So hat die US-Regierung
       jetzt [5][laut einem CNN-Bericht] die Entsendung von Militärexperten in die
       Ukraine gebilligt – keine Angehörigen der US-Streitkräfte, sondern
       Spezialisten von Rüstungsfirmen, die F16-Kampfjets und
       Patriot-Abwehrsysteme vor Ort warten und reparieren sollen.
       
       Aber Biden ist nur noch zwei Monate im Amt, und der Kurs seines Nachfolgers
       bleibt unklar. Nach Berichten über ein Verhandlungsangebot Donald Trumps an
       Wladimir Putin, das Moskau bereits zurückgewiesen habe, distanzierte sich
       jetzt ein Sprecher Trumps von Berichten, wonach ein Trump-Berater die
       Ukraine zur Vorlage einer „realistischen Friedensvision“ aufgefordert und
       die seit 2014 russisch besetzte Krim als „verloren“ bezeichnet habe. Der
       Berater habe für Trumps Wahlkampf gearbeitet, aber „er spricht nicht für
       Präsident Trump und arbeitet nicht für ihn“, erklärte der Sprecher
       [6][gegenüber Reuters].
       
       10 Nov 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://x.com/Tendar/status/1855584631472468399
   DIR [2] https://www.nytimes.com/2024/11/10/us/politics/russia-north-korea-troops-ukraine.html
   DIR [3] https://www.bbc.com/news/articles/cp3nv7j1xkxo
   DIR [4] https://www.understandingwar.org/backgrounder/russian-offensive-campaign-assessment-november-9-2024
   DIR [5] https://edition.cnn.com/2024/11/08/politics/biden-administration-american-military-contractors-deploy-ukraine/index.html
   DIR [6] https://www.reuters.com/world/europe/trump-adviser-says-priority-ukraine-is-peace-not-return-territory-2024-11-09/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dominic Johnson
       
       ## TAGS
       
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