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       # taz.de -- Gelder für Kampf gegen Antisemitismus: Einfach mal selbst loben
       
       > Die Kulturverwaltung zeigt sich mit der Verteilung der Gelder für den
       > Kampf gegen Antisemitismus hochzufrieden – zum Unverständnis der
       > Opposition.
       
   IMG Bild: „Dahinter steckt eine unglaublich große Leistung“: Berlins Kultursenator Joe Chialo (CDU)
       
       Berlin taz | Die Hausspitze der Senatskulturverwaltung klopfte sich am
       Montag kräftig auf die Schultern. Wie sie im Kulturausschuss des
       Abgeordnetenhauses vorrechnete, seien von den für das laufende Jahr
       zusätzlich für den Kampf gegen Antisemitismus in den Landeshaushalt
       eingestellten 10 Millionen Euro bis jetzt 6,6 Millionen für entsprechende
       Projekte bewilligt worden.
       
       „Dahinter steckt eine unglaublich große Leistung, die man vielleicht auch
       mal sehen kann“, erklärte Kultursenator Joe Chialo (CDU), in dessen Haus
       die Koordination des Fördertopfs angedockt ist. Er sei „sehr zufrieden“,
       wie „schnell und zielgerichtet“ die nach dem Hamas-Massaker in Israel am 7.
       Oktober 2023 und [1][den Auswirkungen auf Berlins Straßen] bereitgestellten
       Mittel verteilt wurden, assistierte sein zuständiger Staatssekretär Oliver
       Friederici (ebenfalls CDU).
       
       Die Opposition überzeugte das wenig. Diese „Form von Leistungsschau“ sei in
       Gänze doch eher „peinlich“, erklärte etwa der stets um Besonnenheit bemühte
       Grünen-Abgeordnete und ehemalige Finanzsenator Daniel Wesener. Denn
       tatsächlich lief die Verteilung der 10 Millionen Euro lange Zeit nur
       äußerst schleppend. [2][Anfang August waren gerade mal 300.000 Euro
       ausgegeben.]
       
       Nun ist der Motor zwar angelaufen – Friederici zufolge sind inzwischen über
       4,6 Millionen Euro von den Fördernehmern abgerufen worden. Der Teufel
       stecke aber auch hier im Detail, so die Grünen.
       
       ## Eine halbe Million für die Mauerfall-Jubiläumsfeiern
       
       Für Unmut sorgt vor allem, dass die Kulturverwaltung 1,6 Millionen Euro und
       damit gut ein Sechstel des Gesamttopfes an die landeseigene Kulturprojekte
       Berlin vergeben hat – und das für Vorhaben, die auf den ersten Blick wenig
       mit dem Kampf gegen Antisemitismus zu tun haben. So bekam die
       Kulturprojekte Berlin GmbH 500.000 Euro für [3][die von ihr organisierten
       Feiern zum 35-jährigen Jubiläum des Mauerfalls] am vergangenen Wochenende.
       
       Dabei musste Kulturprojekte für das angemeldete „Partizipationsprojekt zur
       Thematisierung von Demokratie, Freiheit, Vielfalt“ sogar noch einmal einen
       separaten „Nachantrag“ stellen, „um den Fokus stärker auf
       Antisemitismusprävention zu lenken“. Das geht aus einer noch
       unveröffentlichten Antwort der Kulturverwaltung auf eine parlamentarische
       Anfrage der Grünen-Abgeordneten Susanna Kahlefeld hervor, die der taz
       vorliegt. Zuerst hatte der RBB berichtet.
       
       Konkret sollten demnach mit der halben Million von Kulturprojekte
       „spezielle Workshopformate“ entwickelt und das Thema Antisemitismus „in die
       Dramaturgie der Veranstaltungen am 8. und 9. November in Berlin“
       eingebunden werden. Genauere Angaben bleibt die Kulturverwaltung hier
       schuldig.
       
       Erst blieb das Geld also liegen. „Jetzt schmeißen sie es bei Kulturprojekte
       Berlin mit vollen Händen zum Fenster raus“, sagt Kahlefeld zur taz. Der
       „Aktionsfonds gegen Antisemitismus und zur Förderung des interreligiösen
       Dialogs“, für den sich auch kleinere Projekte bewerben konnten und der, so
       Kahlefeld, auch „zielgerichtet wirken kann“, sei mit 2 Millionen Euro
       dagegen „viel zu niedrig angesetzt“.
       
       Auch hier ging Kulturprojekte letztlich nicht leer aus. Für „Beratung,
       Gesamtkonzeption und Kommunikation“ des Aktionsfonds bekam das Unternehmen
       500.000 Euro. Es sei eben ein „sehr verlässlicher Partner“, so
       Staatssekretär Oliver Friederici.
       
       11 Nov 2024
       
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