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       # taz.de -- SPD nach Ampel-Aus: It’s soziale Sicherheit, stupid
       
       > Ein später Wahltermin ist für die SPD günstiger. Sie hat durchaus gute
       > Inhalte in petto. Aber warum will Scholz eigentlich Kanzler bleiben?
       
   IMG Bild: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hofft auf Fehler beim unberechenbaren Merz
       
       Es sieht ein paar Tage nach der Implosion der Ampel nicht gut aus für die
       SPD. Kanzler Scholz mag das blame game mit der FDP, wer schuld an den
       Neuwahlen ist, gewonnen haben. Doch die FDP ist nicht der Gegner, sondern
       die Union. [1][Und da machen Scholz und seine Leute derzeit Fehler, die bei
       politischen Profis verwunderlich sind.]
       
       Die Idee, dass man gemütlich einen Wahltermin im März anpeilt und die Union
       so nett ist, [2][der rot-grünen Minderheitsregierung inzwischen bei ein
       paar Gesetzen zur nötigen Mehrheit zu verhelfen], war verblüffend naiv.
       Warum sollte die Union das tun? Die zentrale Hoffnung von Scholz ist ja,
       dass das Publikum begreifen wird, dass er in aufgewühlten Zeiten – Trump,
       Ukrainekrieg, Deutschland in der Wirtschaftskrise – „etwas cooler“ (Scholz
       Sonntagabend bei Caren Miosga in der ARD) ist als Friedrich Merz.
       
       Die SPD hofft auf Fehler beim unberechenbaren Merz. Dafür ist ein längerer
       Wahlkampf naturgemäß günstiger. Die Union hat keinen Grund, den Wahltermin
       weit weg zu schieben. Außerdem funktioniert sie, anders als 2021, wieder
       als eine gut geölte Machtmaschine. Auf Fehler des Gegners hoffen ist immer
       zu wenig.
       
       Der Kanzler meint nun, dass man notgedrungen zu einer früheren Wahl bereit
       sei. Doch das Entscheidende fehlte: warum Scholz Kanzler bleiben will.
       Trump wird wie ein Katalysator alle vorhandenen Probleme verschärfen:
       „America first“ heißt, dass der Rüstungsetat in Deutschland steigen wird,
       egal wer regiert. Deutschland wird mehr Geld für die Ukraine zahlen müssen.
       
       ## Eigentlich hat die SPD gute Ideen
       
       Zudem wankt das ökonomische Modell Deutschland, das auf billigem Gas aus
       Russland und Exporten nach China fußte. Deutschlands Exporte nach Fernost
       bröckeln. Der digitale und klimaneutrale Umbau der Wirtschaft wird Hunderte
       Milliarden kosten, die soziale Abfederung noch mal so viel. Wenn man Merz
       ernst nimmt, soll all das ohne neue Schulden bewältigt werden – und
       zulasten des Sozialstaates.
       
       Die SPD hat ein paar bessere Ideen. Man kann die Schuldenbremse so
       reformieren, dass genug Geld da ist, um das Tief der Autoindustrie
       abzufedern, ohne das untere Fünftel zu drangsalieren. Es geht nicht um
       Klassenkampf, sondern um Sicherheit. Das ist klassisch sozialdemokratisch:
       Schutzmacht der sozialen Mitte zu sein, Scholz hat ein paar zaghafte
       Andeutungen in diese Richtung gemacht. Das reicht nicht. Die SPD muss
       Sicherheit zu einer einleuchtenden Erzählung verdichten. Und einen
       Kandidaten haben, der diese Erzählung freundlich, glaubwürdig und gewinnend
       verkörpert. Davon ist bislang wenig zu sehen.
       
       11 Nov 2024
       
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