URI: 
       # taz.de -- Sachsen und Thüringen nach der Wahl: Kaum noch Brombeeren zu verteilen
       
       > Die Koalitionsgespräche zwischen dem sächsischen BSW und der CDU sind
       > gescheitert. In Thüringen wird nun „Pragmatismus“ gepredigt.
       
   IMG Bild: Michael Kretschmar (CDU), Ministerpräsident in Sachsen, bangt vor den Zwängen einer Minderheitenkoalition
       
       Berlin/Dresden taz | N[1][ach den Landtagswahlen in Sachsen],
       [2][Brandenburg und Thüringen] treten die Gespräche über mögliche
       Koalitionen in eine entscheidende Phase. Am geräuschlosesten laufen sie
       zwischen SPD und BSW in Brandenburg, wo man sich allerdings mit einem
       Koalitionsvertrag bis Weihnachten Zeit lassen will.
       
       In Sachsen hingegen sind die Verhandlungen mit dem Ausstieg des BSW am
       vorherigen Mittwoch geplatzt. Aus der Klausur der Landes-CDU drangen am
       Wochenende nur spärliche Informationen nach außen. Der neu gewählte
       Generalsekretär Tom Unger unterbreitete der SPD das Angebot, über eine
       Minderheitsregierung zu sprechen. Deren Spitzenvertreter nahmen das Angebot
       an.
       
       Der sächsische SPD-Landesvorsitzende Henning Homann sieht in der
       Konstellation eine Chance. „Eine Minderheitsregierung würde es ermöglichen,
       dass man im Landtag aus diesen Ritualen zwischen Regierung und Opposition
       herauskommt und über Inhalte Mehrheiten sucht.“ Nüchterner äußerte sich
       [3][Ministerpräsident Kretschmer] im Handelsblatt. „Regieren ohne Mehrheit
       sollte die Ausnahme bleiben.“
       
       ## BSW-Zweierbündnis mit CDU in Sachsen
       
       Am Mittwoch noch hatte sich das BSW auf die Oppositionsrolle festgelegt.
       Nun zeigt sich die Landesvorsitzende Sabine Zimmermann aber offen für ein
       Zweierbündnis mit der CDU. Die Minderheitskonstellation lenkt den Blick auf
       die Grünen und Linken als mögliche Tolerierer oder Unterstützer. Nur
       gemeinsam könnten beide einem Zweierbündnis zur Mehrheit verhelfen.
       
       Doch bei den Grünen als ehemaligem Kenia-Koalitionspartner sitzen die
       Verletzungen durch Ministerpräsident Kretschmer im Wahljahr tief.
       Fraktionsvorsitzende Franziska Schubert weist ihm die Hauptverantwortung
       für die aktuelle Situation zu. „Es ist an ihm, nun eine Lösung für diesen
       Schlamassel zu finden. Ich sehe uns da jetzt nicht in einer proaktiven
       Rolle“, sagte sie der taz.
       
       Linken-Landesvorsitzender Stefan Hartmann kann einer Minderheitsregierung
       ähnlich wie die SPD zumindest einen Bruch mit Ritualen abgewinnen. Jedes
       Vorhaben müsse inhaltlich verhandelt werden. „Wir sind weit davon entfernt,
       mit der CDU zusammenarbeiten zu wollen, was diese ohnehin ausschließt. Aber
       wir wissen um unsere Verantwortung.“ Hartmann signalisiert
       Gesprächsbereitschaft speziell hinsichtlich des dringenden Landeshaushalts.
       Es dürfe künftig nicht auf die Verfassungsfeinde im Parlament ankommen.
       
       In Thüringen ist man einem Koalitionsvertrag am nächsten, aber auch hier
       gilt das BSW als Unsicherheitsfaktor. Die Verhandlungen der Arbeitsgruppen
       sind abgeschlossen, nun müssen die Parteispitzen den Koalitionsvertrag zu
       Ende verhandeln. Voraussichtlich noch am Dienstag treffen sich die
       Landesparteichef:innen Katja Wolf (BSW), Georg Maier (SPD) und Mario
       Voigt (CDU). Dass sie die Verhandlungen noch platzen lassen, gilt als
       ausgeschlossen.
       
       ## Thüringer „Pragmatismus“ in der FAZ
       
       Am Sonntag veröffentlichten die drei in großer Einigkeit einen gemeinsamen
       Gastbeitrag in der FAZ, in dem sie „Pragmatismus statt Ideologie“ für
       Thüringen forderten. Es geht darin um digitale Rufbusse und Bildung, das
       Wort Frieden kommt in dem Beitrag nicht einmal vor. Die Bundesparteispitze
       hatte von Wolf gefordert, das Thema in den Verhandlungen zu stärken. Aus
       Kreisen der Arbeitsgruppen heißt es, dies sei weniger gelungen.
       
       Bis Ende der Woche sollen die Verhandlungen zwischen den Parteispitzen
       abgeschlossen und der Koalitionsvertrag vorgestellt werden. Am übernächsten
       Samstag, dem 23. November, dürfte sich das Schicksal der sogenannten
       Brombeer-Koalition dann entscheiden. Dann trifft sich das BSW in Thüringen
       zur Mitgliederversammlung.
       
       Die Berliner Parteispitze hat deshalb vorsorglich am Landesverband vorbei
       neue Mitglieder aufgenommen, die auf Linie mit Wagenknecht sein sollen.
       Nach Informationen des MDR und des stern ist der bislang nur 89 Mitglieder
       schwache Landesverband dadurch innerhalb kurzer Zeit um ein Drittel
       gewachsen. In der Fraktion wird befürchtet, dass die Mitglieder eine
       Koalition mehrheitlich ablehnen könnten.
       
       Auch bei Regionalkonferenzen mit Mitgliedern und Unterstützern des BSW sei
       die Stimmung ablehnend gegenüber einer Koalition. „Ich bin pessimistisch,
       was die Abstimmung angeht“, heißt es aus Kreisen der Thüringer
       BSW-Fraktion. Die Arbeit sei dann aber nicht umsonst gewesen. Die
       Verhandlungen könnten auch eine Grundlage für eine Tolerierung oder andere
       Formen der Zusammenarbeit im Landtag sein.
       
       11 Nov 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Schwerpunkt-Landtagswahl-Sachsen-2024/!t5993922
   DIR [2] /Wahlen-in-Ostdeutschland-2024/!t5993946
   DIR [3] /Sondierungen-in-Sachsen-gescheitert/!6047403
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Kersten Augustin
   DIR Michael Bartsch
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Landtagswahl Thüringen
   DIR Schwerpunkt Landtagswahl Sachsen 2024
   DIR Wahlen in Ostdeutschland 2024
   DIR Brombeer-Koalition
   DIR Minderheitsregierung
   DIR SPD
   DIR BSW
   DIR BSW
   DIR SPD
   DIR Schwerpunkt Landtagswahlen
   DIR Demonstration
   DIR Schwerpunkt Landtagswahl Thüringen
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Ministerpräsidentenwahl in Sachsen: Kretschmer bekommt absolute Mehrheit
       
       Im zweiten Anlauf hat CDU-Chef Michael Kretschmer überraschend 69 Stimmen
       bekommen. Damit führt er nun Sachsens erste Minderheitsregierung an.
       
   DIR Regierungsbildung in Thüringen: CDU, BSW und SPD einig über Koalitionsvertrag
       
       CDU, BSW und SPD haben haben sich offenbar auf einen Koalitionsvertrag
       verständigt. Offen ist, ob die Parteigremien zustimmen – vor allem beim
       BSW.
       
   DIR BSW und „Freie Sachsen“: Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
       
       Im sächsischen Görlitz hat ein BSW-Abgeordneter mit den „Freien Sachsen“
       für „Frieden“ protestiert. Die Wagenknecht-Partei blinkt weiter nach
       rechts.
       
   DIR BSW-Gründungsversammlung in Bayern​: Es geht um Selenskyj, nicht um Söder​
       
       Auch Bayern hat nun sein eigenes BSW. Mit an der Spitze der neu gegründeten
       Partei steht ein bekannter Porschefahrer.
       
   DIR Koalitionssuche in Sachsen: CDU und SPD planen Minderheitsregierung
       
       CDU und SPD in Sachsen wollen eine Minderheitsregierung bilden. Ein
       Konsultationsmechanismus vor Gesetzesvorhaben soll Mehrheiten organisieren.
       
   DIR Optionen für eine Minderheitsregierung: Sachsen sieht schwarz-rot
       
       Die sächsische CDU will nun mit der SPD über eine Minderheitsregierung
       sprechen. Das lenkt den Blick plötzlich auch auf Bündnisgrüne und Linke.
       
   DIR Friedensdemo in Berlin: „Das BSW hat mich nicht genommen“
       
       In Berlin demonstrierten am Donnerstag Tausende für Frieden und ein Ende
       der Waffenlieferungen an Israel und die Ukraine. Die wochentaz hat
       mitgehört.
       
   DIR Nazis an der Macht in Weimar: Thüringen, der Mustergau
       
       In Thüringen waren die Nazis während der Weimarer Republik früh indirekt,
       später auch direkt an der Macht beteiligt. Entzaubert hat sie das nicht.