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       # taz.de -- Humanitäre Lage im Gazastreifen: Neue Straßen für Gaza – aber kaum humanitäre Güter
       
       > Die USA stellten Israel eine Frist von einem Monat, um die humanitäre
       > Lage in Gaza zu verbessern. Nun läuft die Zeit ab. Was hat sich seitdem
       > getan?
       
   IMG Bild: Israels Armee weitet Einsatz in Dschabalija in Nordgaza aus
       
       Jerusalem taz | Israel hat die Bedingungen der USA zur Verbesserung der
       humanitären Situation im Gazastreifen bis zum Ablauf der einmonatigen Frist
       nicht erfüllt. Stattdessen habe die israelische Regierung „Maßnahmen
       ergriffen, die die Situation vor Ort, insbesondere im Norden des
       Gazastreifens, dramatisch verschlechtert haben“, heißt es in einer
       gemeinsamen Erklärung von acht humanitären Organisationen, kurz vor Ablauf
       der Frist am Dienstag.
       
       In einem Brief vom 13. Oktober hatte die US-Regierung mehr als ein Dutzend
       konkrete Maßnahmen aufgelistet, um die „sich verschlechternde humanitäre
       Situation in Gaza“ zu verbessern. Ein Nichterfüllen könnte eine temporäre
       Aussetzung von Waffen- und Munitionslieferungen aus den USA nach sich
       ziehen.
       
       Besonders [1][im Norden des Küstenstreifens beschreiben UN-Organisationen
       und humanitäre Hilfswerke die Lage] seit Wochen als „apokalyptisch“. Seit
       Anfang Oktober geht die Armee in den Orten Beit Hanun, Beit Lahia und
       Dschabalia massiv militärisch vor. Das Gebiet ist weitgehend von der
       Außenwelt abgeschnitten.
       
       ## Experten warnen vor Hungersnot
       
       Am Freitag warnte eine Gruppe unabhängiger Experten der sogenannten
       IPC-Initiative, die sich mit Ernährungssicherheit befasst: „Mit hoher
       Wahrscheinlichkeit steht eine Hungersnot kurz bevor.“ In der Erklärung der
       Hilfsorganisationen von Dienstag hieß es, dass sich noch immer zwischen
       75.000 und 95.000 Menschen ohne Nahrungsmittel oder Medikamente in den
       abgeriegelten Gebieten aufhielten.
       
       In der vergangenen Woche sagte Matthew Miller, Sprecher des
       US-Außenministeriums, Israel habe mit der Eröffnung eines neuen
       Grenzübergangs ins Zentrum des Gazastreifens Fortschritte gezeigt. Es
       reiche aber nicht, neue Straßen zu eröffnen, wenn auf ihnen keine
       Hilfslieferungen transportiert würden.
       
       Die Menge der humanitären Hilfe, die in den Gazastreifen gelangte, fiel
       trotz des Ultimatums zuletzt auf einen neuen Tiefststand. Im gesamten
       Oktober erreichten [2][laut israelischen Angaben] lediglich 25.155 Tonnen
       Nahrungsmittel den Küstenstreifen, verglichen mit mehr als 117.000 Tonnen
       im Mai. Während mehrerer israelischer Feiertage im Oktober blieben die
       Übergänge geschlossen.
       
       Israel bestreitet, humanitäre Hilfe zurückzuhalten, und beschuldigt die
       Hilfsorganisationen, diese nicht schnell genug zu verteilen. Israls
       UN-Botschafter Danny Danon sagte der Jerusalem Post, es gebe eine Lücke
       zwischen der Realität und den Erklärungen einiger Hilfsorganisationen.
       
       ## Fehlende Genehmigungen für Fahrer von Hilfs-Lkws
       
       UN-Vertreter hingegen beklagen, dass Hilfstransporte innerhalb des
       Gazastreifens von israelischer Seite behindert würden: Häufig würden
       Koordinierungsanträge für humanitäre Missionen abgelehnt oder bereits
       genehmigte Missionen behindert.
       
       Und es fehle an Fahrern, denn die für die Koordinierung von humanitärer
       Hilfe zuständige Cogat-Behörde habe seit Mai nur rund 10 Prozent der
       beantragten Genehmigungen für Fahrer bestätigt, berichtet der britische
       Guardian. Innerhalb des Küstenstreifens würden die Lieferungen zudem häufig
       von kriminellen Banden geplündert, berichtet unter anderem die israelische
       Zeitung Haaretz unter Berufung auf UN-Vertreter.
       
       Am Sonntagabend beschloss Israels Sicherheitskabinett [3][kurz vor dem Ende
       der US-Frist mehrere Maßnahmen], darunter eine nicht näher spezifizierte
       Steigerung der Hilfslieferungen. Ein israelischer Vertreter sagte dem
       US-Nachrichtenportal Axios, Israel werde die von den USA geforderten 350
       Lkws pro Tag nicht erreichen. Mehrere Minister hatten während des Treffens
       laut dem TV-Sender Kanal 13 gefordert, vor der Amtsübernahme Donald Trumps
       als US-Präsident im Januar nichts mehr zu unternehmen.
       
       12 Nov 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Nahost-Konflikt-vor-US-Wahl/!6044503
   DIR [2] https://gaza-aid-data.gov.il/main/
   DIR [3] https://www.timesofisrael.com/ministers-approve-steps-to-alleviate-gaza-humanitarian-crisis-ahead-of-us-deadline/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Felix Wellisch
       
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